Der gebürtige Berliner Reiner Schanz hat 36 Jahre lang als Leibwächter für hochrangige deutsche Politiker und Wirtschaftsbosse gearbeitet. Seine Erlebnisse hat er in einem Buch festgehalten. | P. Lozano

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Breites Kreuz, Lederjacke, eine Statur von 1,90 Meter. Jeder, der Rainer Schanz begegnet, wünscht sich sicherlich keinen Streit mit diesem Mann herbei. Denn, so viel ist innerhalb von Sekunden klar, in einer Konfliktsituation würde man schnell den Kürzeren ziehen. Dieses imposante Auftreten half dem gebürtigen Berliner dabei, 36 Jahre lang seine Arbeit als Leibwächter für hochrangige Politiker und Wirtschaftsbosse zu verrichten. Vor knapp drei Jahren hat Schanz ein Buch mit dem Titel „Der Mann, der aus dem Schatten kommt” über seine berufliche Tätigkeit geschrieben.

Auf Mallorca genießt er nun seinen Ruhestand, hilft jedoch noch zeitweise in der Firma seiner Frau namens Schanz und Kohne Immobilien aus. Gegenüber MM sagte der frühere Bodyguard: „Die Kunden meiner Gattin googeln natürlich ihren Namen. Sobald sie mich in so einer Suchmaschine auffinden, verschafft ihnen das ein größeres Gefühl von Sicherheit.” Vor über zehn Jahren war Schanz, der mittlerweile zweifacher Großvater ist, auf Wunsch seiner Frau mit nach Mallorca gezogen – bereut hat er es bislang nicht. Auf der Insel hält er Lesungen aus seinem Buch und will demnächst Kurzvorträge zum Thema Sicherheit bieten.

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Bei einer Reise nach Afghanistan begleitete Rainer Schanz (r.) den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Die Erlebnisse aus seiner langen Berufslaufbahn, an denen er den MM-Redakteur während des Gesprächs teilhaben lässt, sind beinahe filmreif, und das ist nicht nur ein rein subjektiver Eindruck. Denn tatsächlich soll bald unter Mitwirkung des Regisseurs Adnan Günter Köse und des Produzenten Thorsten „Ippi” Ippendorf ein Film mit dem Titel „Der Schattenmann” gedreht werden, der auf wahren Begebenheiten aus dem Bodyguard-Alltag von Rainer Schanz basiert.

Über seine Berufsanfänge sagt der 62-Jährige mit einem leichten Berliner Dialekt: „Zunächst habe ich eine ganz gewöhnliche Polizeiausbildung absolviert. Während diverser Einsätze konnte ich auf mich positiv aufmerksam machen. Daraufhin hat man mir angeboten, zum SEK zu gehen oder Personenschützer zu werden”. Aufgrund von einer Operation am Knie, der sich Schanz seinerzeit unterziehen musste, schien ihm die körperliche Belastung beim SEK zu hoch.

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Der deutsche Security-Mann vor der Maschine der Bundesregierung in Washington.
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Daher entschied er sich für die letztere der genannten Alternativen, wie er sagt: „Bei den weiteren Lehrgängen, die häufig wiederholt werden, haben wir zu Übungszwecken hundertmal mehr zur Waffe gegriffen als ein normaler Polizist und Tausende von Patronen verschossen. Innerhalb von einer Sekunde konnten meine Kollegen und ich eine Pistole ziehen und schießen.”

Diese hohe Geschicklichkeit war vonnöten, um die prominenten Volksvertreter im Rampenlicht und selbst bei Auslandseinsätzen zu schützen. „Bei wichtigen Reisen des Kanzlers war ich bereits zwei bis drei Wochen mit einer Delegation in dem entsprechenden Land und habe mit den Kollegen vom Bundespresseamt, vom Bundeskanzleramt und dem Auswärtigen Amt vieles im Vorfeld organisiert”, erinnert sich Schanz zurück. Erst wenn der Security-Mann und seine Kollegen grünes Licht gaben, würde die Regierungsmaschine mit den Staatenlenkern an Bord abheben.

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Der Bodyguard (r.) mit dem damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (l.) auf einer Messe. Foto: privat

Auch körperlich verlangte Schanz so mancher Einsatz auf einem anderen Kontinent einiges ab: „Viele Magazine und eine Schutzweste bei 40 Grad zu tragen, ist schon sehr belastend.” Trotz der hohen Professionalität bliebe, so Schanz, ein Restrisiko übrig: „Ein Kollege verlor sein Leben durch eine Sprengfalle in Afghanistan.” Bei seinen Einsätzen beschützte Schanz einige der wichtigsten Politiker der jüngeren deutschen Geschichte, darunter Angela Merkel, Gerhard Schröder und Richard von Weizsäcker. „Ich habe Willy Brandt in den 80er Jahren begleitet, als er in das damals geteilte Berlin reiste. Die Kollegen aus Westdeutschland durften in die Besatzungszonen der Alliierten nur ohne Waffen einreisen, doch haben sie diese dann von uns, der Berliner Polizei, bekommen.”

Auch hochrangige Chefs aus dem Wirtschafts- und Finanzsektor gehörten zu den besonders sicherheitsgefährdeten Personen, wie Automobilmanager Werner Niefer, wie Schanz erklärt. „Das waren damals RAF-Zeiten. Alfred Herrhausen, Vorstandschef der Deutschen Bank, ist bei einem Anschlag ums Leben gekommen. Auch Hanns Martin Schleyer wurde getötet.”