Die Redaktion 2001, damals noch im Carrer Sant Feliu. Im Vordergrund sitzt Gabriele Kunze.

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„Lange, bevor es auf Mallorca schneite…“, als nämlich Zeitungstexte noch „gesetzt“ wurden, so könnte man meine Anfangsgründe beim Mallorca Magazin überschreiben.
Ich hämmerte damals in Puigpunyent auf meine – anfangs noch mechanische - Schreibmaschine ein, schnappte meine Texte, düste nach Palma, auf dass mein Geschreibsel „gesetzt“ wurde. Ich düste täglich, manchmal mehrmals. Ich arbeitete im Homeoffice, das man damals noch nicht so nannte.

Im MM-Büro wurden die Texte noch einmal mit Kugelkopfmaschinen abgeschrieben, die Fahnen direkt auf die Seiten geklebt (wer jetzt noch einen Fehler entdeckte, löste viel Arbeit aus). Die Fahnen gingen dann in die Technik zur Belichtung auf Offsetplatten und weiter in die Rotation.

Das alles geschah im sogenannten „Hühnerstall“, einem kleinen, gar nicht feinen Büro in Palma im Carrer Sant Feliu. Dort war in einem Nebenraum auch die Rotation. Deren Kapazität umfasste 32 Seiten, was Mitte der 1980er Jahre erschöpft war, seitdem wurde MM auf der Rotation der großen Konzernschwester „Ultima Hora“ gedruckt. Erschienen im Verlag Grupo Serra, zu dem auch die englisch-sprachige Tageszeitung „Majorca Daily Bulletin“ gehörte.

MM wuchs und gedieh. Als Chefredakteur Wolfram Seifert und ich den sagenhaften Zeitungsumfang von 48 Seiten erreichten, gönnten wir uns Sekt.

Wir gönnten uns überhaupt einiges. Der schönste Tag war der Dienstag. Pünktlich um 9 Uhr hatte ich im Büro zu sein, um die „Füller“ zu schreiben. Was mir im Anfang schwerfiel, Seifert hatte Geduld und Verständnis. Dann saßen wir in einem Raum, schrieben einen Text nach dem anderen, auf mechanischen Schreibmaschinen wohlgemerkt. Bis gegen Mittag von Wolfram Seifert der Seufzer kam: Hunger.

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Unsere Stammkneipe hieß „Loreley“. Dort aßen wir vorzüglich, tranken gemeinsam eine ganze Flasche Wein, hinterher mindestens einen Cognac. Mit vielen guten Gesprächen. Danach schrieben wir weiter – wie? Es ist mir bis heute ein Rätsel.
Wir wurden vertraut miteinander, doch niemals vertraulich. Wir siezten uns. Immer. Erst zu meiner Pensionierung beschlossen wir, uns zu duzen. Das DU geht uns bis heute nur zögerlich über die Lippen.

Wir arbeiteten viel. Und hatten Erfolg. Und wir hatten viel Spaß mit „unserem“ Blatt. Journalistenfreunde aus Deutschland lächelten gelegentlich ein wenig hämisch über das „Provinzblatt“. Ich nahm sie einfach nicht ernst, denn ich wusste: Sie beneideten uns. Wir schrieben einfach über alles.

Ich interviewte Peter Ustinov oder Ephraim Kishon, Lonny Kellner, Grit Böttcher, Rita Süssmuth oder die ersten „DDR“-Urlauber. Und viele deutsche Mallorca-Residenten.

1993 kam Bernd Jogalla dazu, bald danach vergrößerte sich die Redaktion Jahr für Jahr. Fremdautoren wurde mit regelmäßig erscheinenden Beiträgen zu unterschiedlichen Themen verpflichtet. Bald konnte ich vornehmlich über das schreiben, was mir am meisten lag: Kunst und Kultur, konnte Woche für Woche beweisen, dass Mallorca mehr ist als Sonne, Sand und Strand.

Nun hießen meine Interviewpartner Christian Boltanski, Fabrizio Plessi, Jörn Utzorn, Guillem Nadal, Daniel Libeskind, Johan Botha, Patti Smith oder Martin Parr. Es war erstaunlich, was sich an Kultur auf der Insel tat. Und ich durfte viele von ihnen kennenlernen.

Ich habe mit großem Vergnügen für das „Provinzblatt” gearbeitet, 28 Jahre lang.