Der Chef und seine Mitarbeiter setzen auf internationale Expansion. Auch auf den Balearen sind weitere Geschäfte möglich.

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Mallorca Magazin: Von 1997 bis 2012 gab es bereits eine große Filiale im Einkaufszentrum Porto Pí. Warum jetzt die Wiedereröffnung, Herr Weber?

Gerhard Weber: Unser ehemaliges Geschäft in Porto Pi hatte zu viel Lagerfläche, die wir nicht benötigten. Das neue Ladenlokal ist jetzt optimal für uns. Ich freue mich, dass wir zurück sind. Vom bestehenden Ladengeschäft im Carrer Sant Miquel in Palmas Fußgängerzone einmal abgesehen, schauen wir uns auch sonst auf Mallorca nach weiteren Standorten um.

MM: Schon in Bau sind ja die Einkaufszentren Ses Fontanelles an der Playa de Palma und S'Estada bei Carrefour in Coll d'en Rebassa.

Weber: Da muss man erst einmal abwarten, es gibt auch Zentren, die laufen nicht. Bei Carrefour werden wir sicher nicht reingehen. Das ist ein Lebensmittelhändler, der vom Sortiment her nicht zu uns passt. Gut ist die Zusammenarbeit mit El Corte Inglés. Das ist genau unser Segment - spanienweit gibt es dort bereits 45 Shop-in-Shops von "Gerry Weber". Wir gehören bei El Corte Inglés zu den drei Fremdmarken, die sich am besten verkaufen.

MM: Kennen Sie als Konzernchef denn alle Läden selbst?

Weber: Standortentscheidungen sind im Prinzip Chefsache. Bei mehr als 800 Läden kann ich aber natürlich nicht mehr alle persönlich kennen. Das ist nur bei den großen und wichtigen der Fall, zum Beispiel auf Mallorca. Nach 15 Jahren ist es für mich sozusagen Ehrensache, hier selbst vor Ort zu sein. Zumal ich ja ein Haus in Illetes habe und der Eröffnungstermin gut in meinen Kalender passt. Mir ist es auch sehr wichtig, direkt mit unseren Kundinnen ins Gespräch zu kommen.

MM: Sie gehen im Herbst in den Ruhestand. Sieht man Sie in Zukunft öfter auf "Malle" als in Halle (Westfalen)?

Weber: Ganz zurückziehen werde ich mich nicht, ich wechsle in den Aufsichtsrat. Aber für meine Nachfolger sollen ja auch noch Ziele übrig bleiben, zum Beispiel das Erreichen der Umsatz-Milliarde. Auf Mallorca bin ich schon jetzt sehr oft. Das ist am Wochenende ein guter Ausgleich zu intensiven Arbeitstagen. In Zukunft werden meine Frau und ich dann hoffentlich auch öfter die Zeit für Wochenaufenthalte finden. Meine Passion ist das Golfen. Ich stehe täglich um 4.45 Uhr auf, und bin auch vor der Arbeit fast täglich auf dem Platz zu finden. In der Regel mit einem Trainer, damit es nicht langweilig ist.

MM: Gehören Sie zu den Partygästen in Port d'Andratx oder leben Sie eher zurückgezogen?

Weber: In Andratx sind wir nicht so oft unterwegs, machen dort aber ab und an einen Besuch bei guten Freunden. Uns gefallen vor allem Palma und der Hafen. Außerdem gibt es Restaurants, die wir über die Jahre schätzen gelernt haben. Gelegentlich statten wir auch Köchin Maria am Felsenloch Na Foradada bei Deià einen Besuch ab.

MM: Sie setzen auf Fleiß und Disziplin, haben aber auch eine kreative Ader. Wie passt das zusammen?

Weber: Wir bringen alle zwei bis drei Wochen neue Ware in die Läden und kommen damit auf 16 Themen pro Jahr. Das ist mit einer enormen Zahl von Modestücken verbunden, und zu dieser Taktung gehört auch eine Menge Disziplin und Kreativität. Das müssen unsere Designer konsequent umsetzen, und tun das auch. Viele treue Mitarbeiter sind schon sehr lange im Haus. Für die Kinder unserer Mitarbeiter haben wir übrigens direkt auf dem Firmengelände eine große Kindertagesstätte mit 95 Plätzen und eigenen Kita-Tieren wie Ponys, Hühnern und Meerschweinchen. Die Kinder haben auch eigene Pflanzbeete. So lernen sie, dass die Möhre "nicht im Supermarkt wächst". Gefördert werden auch das Zeichnen und Malen sowie das spielerische Lernen von Fremdsprachen. Dazu haben wir in jeder Gruppe eine englische Muttersprachlerin, die ausschließlich Englisch mit den Kindern spricht. Auf dieses Pionierkonzept hat mich sogar schon die Bundeskanzlerin angesprochen. Noch schöner finde ich es aber, wenn sich die Kinder über meinen Besuch freuen und mich mit "Onkel Weber" begrüßen.

MM: Wie stehen Sie zum Mindestlohn in Deutschland und zu den Arbeitsbedingungen an umstrittenen Textilstandorten wie Bangladesch?

Weber: Den Mindestlohn finde ich richtig, auch wenn es für manche Branche sicher nicht einfach wird. Es lassen sich aber sicher Wege finden, um das in der Praxis zu stemmen. Was die Produktion im Ausland betrifft: Wir haben ein sehr gut funktionierendes internes Compliance-Wesen und sind Mitglied der Organisation BSCI, mit der wir einen entwicklungsorientierten Ansatz unterstützen. In Betrieben, die für uns arbeiten, sind immer auch eigene Techniker, die die Produktionsbedingungen überwachen.

MM: Sponsoring spielt für Sie schon seit Steffi Graf eine wichtige Rolle. Woher die Sportbegeisterung?

Weber: Für den Sport engagieren wir uns schon immer. Seit mehr als 20 Jahren betreiben wir eine eigene Tennis- und Eventarena. Hier finden jährlich die Gerry Weber Open, das einzige ATP-Turnier in Deutschland auf Rasen, statt, die in 130 Länder übertragen werden. Schade nur, dass Rafa Nadal bei unserem Turnier im Juni schon in der ersten Runde ausgeschieden ist. Nächstes Jahr werden wir das Preisgeld verdoppeln und damit auch die internationale Reichweite entsprechend erhöhen. Wir gehören dann zum Kreis der ATP-500-Serie. Das hat einen großen Werbe-Effekt und bringt die Firma noch weiter nach vorne. Wir expandieren immer stärker international. Obwohl wir in den USA erst mit der Expansion beginnen, haben wir dort schon einen hohen Bekanntheitsgrad. Nach und nach werden wir zum Global Player, sind zum Beispiel schon im Mittleren Osten, Russland oder Chile mit unseren Marken fest etabliert. Im Gerry Weber Stadion finden neben den Gerry Weber Open auch große Konzerte von weltbekannten Künstlern wie Elton John, David Garrett, Anna Netrebko statt. Auch Sportveranstaltungen wie die Handball WM und die Volleyball EM. Wir unterstützen zum Beispiel auch Arminia Bielefeld, viele regionale Sportvereine und junge talentierte Einzelsportler.

Die Fragen stellte Michael Maier.

ZUR PERSON: Gerhard Weber

Der 73-Jährige gilt als wohl erfolgreichster Modeunternehmer der Bundesrepublik. Nach der mittleren Reife und einer Lehre als Industriekaufmann verdiente er sich die ersten Groschen im Bekleidungsladen von Mutter Luise. 1973 eröffnete Weber sein erstes eigenes Textilgeschäft, das schnell zur Basis für eine kleine Kette mit sieben Filialen wurde. Gemeinsam mit einem Partner gründete er eine Firma, die Damenhosen herstellte und vertrieb - die Keimzelle der heutigen Gerry Weber International AG. Das Unternehmen notiert im MDAX und macht jährlich über 900 Millionen Euro Umsatz. Die Wachstumsraten betragen zwischen sieben und zehn Prozent.

(aus MM 30/2014)