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Zart umschmeichelt die Wintersonne die Haut. Während die Einheimischen selbstverständlich mit Mantel oder Winterjacke durch die Innenstadt von Palma de Mallorca promenieren, fühlt sich manch ein Nordeuropäer bei knapp 18 Grad um die Mittagszeit bemüßigt, im T-Shirt Licht und Wärme zu tanken.

Zumindest gilt das an exponierten Stellen mit Sonnenterrassen, wie man sie am Paseo Mallorca findet. Die Allee erstreckt sich vom Museum Es Baluard und dem Sa-Feixina-Park bis hinauf zur Avenida Portugal.

Ist wie am Borne oder der Rambla die Bezeichnung "Prachtboulevard" berechtigt? Angesichts von Verkehrslärm, Häuserschluchten aus den 60er und 70er Jahren und grünlichem Wasser im Bachbett des Torrent de Sa Riera - neben dem Meer das einzige sichtbare Gewässer in der Inselhauptstadt und über viele Monate des Jahres komplett ausgetrocknet - wagt man daran zu zweifeln.

Und doch scheint es hier etwas zu geben, das die Leute anzieht. Immer mehr angesagte Lokale und Geschäfte siedeln sich an. Vielleicht wegen der Arkaden, die auch an regnerischen Tagen ein entspanntes Bummeln ermöglichen, in den Sommermonaten Schatten bieten und auf der Innenstadtseite des Paseo Mallorca das Gefühl einer Fußgängerzone vermitteln.

Vielleicht ist es auch die strategische Lage mit Zugang zum Lonja-Viertel und zur noblen Einkaufsstraße Jaime III. "Uns fehlt es hier eigentlich an nichts. Zentraler geht es kaum", sagt Borja Triñano von der Cocktail-Bar "Ginbo" direkt an der Ecke, die jetzt im Winter auch mit Originellem wie Glühwein aufwartet. Vor allem die beiden Vier-Sterne-Hotels "Jaime III" und "Saratoga" seien es, die dem hochpreisigen Cocktail-Geschäft zugute kommen, ebenso wie etwas weiter oberhalb dem im Jahr 2013 eröffneten und mittlerweile stadtbekannten "Brassclub" des preisgekrönten Barmans Rafa Martín.

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Aktueller Neuzugang sind die Gastrobar des Hotels Saratoga, die wie viele der Nachbarn mit Heizpilzen und Zelten einen Teil der Arkaden in Beschlag genommen hat und auch an Winterabenden behagliche Wärme bietet. Im Erdgeschoss ist sie sozusagen der Kontrapunkt zum "Blue Jazz Club" in der obersten Etage, der jede Woche von Donnerstag bis Samstag Live-Musik bietet.

Stylish präsentiert sich aber auch das im November eröffnete "Obvio by Cuchara", das das zuletzt wenig erfolgreiche und zwischendurch immer mal wieder geschlossene Traditionsrestaurant "La Cuchara" ablöst. Neben dem pinkfarbenen Design scheint es fast schon obligatorisch zu sein, dass man auch hier unter den Arkaden hochpreisige Cocktails schlürfen kann.

Für urbanes Ambiente sorgt am Paseo Mallorca auch die Kunst, etwa mit großformatigen Werken von Inselkünstler Carlos Prieto, die im "Ginbo" und im "Café Gallery Ciutat" an das Paris des Fin de Siècle erinnern. Für die Nachfolge der verstorbenen Galeristen-Legende Hella Maria Höfer, die nebenan erst vor Kurzem eine Dependance eröffnet hatte, werden allerdings noch Kandidaten gesucht.

Edle Häppchen kann man hingegen im neuen "Tapas de Flanigan" verkosten. Dabei handelt es sich um die städtische Filiale des gerade bei anspruchsvollen Genießern renommierten "Flanigan" in Puerto Portals. Inhaber Miguel Arias hat offenbar einen Trend erkannt, der in der Inselgastronomie in letzter Zeit immer mehr Richtung Innenstadt geht.

Wer weniger auf kulinarischen Genuss aus ist als auf Ästhetik, der bekommt am Paseo Mallorca ebenfalls so einiges geboten, etwa Küchendesign von Birgit Müller. Hochwertige Unterhaltungselektronik von Bang & Olufsen oder die ultraschicken skandinavischen Betten von Hästens gibt es auf der anderen Straßenseite, die gleichzeitig den Übergang zum trendigen Santa-Catalina-Viertel bildet. Dort haben sich zudem einige High-End-Frisöre angesiedelt. Bei "Francisco Peluqueros" lassen sich sogar Mitglieder von Spaniens Königsfamilie die Haare schneiden.

(aus MM 2/2015)