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In der Halle der deutsch-mallorquinischen Familienmetzgerei Abel's im Industriegebiet Son Castelló ist es am Morgen so kalt, dass die Wasserrückstände auf dem Fußboden gefrieren. Für die Fleischverarbeitung sind es ideale Rahmenbedingungen, zumal auf Mallorca im Winter viel gegrillt wird.

Für MM hat der ansonsten nur auf Wurst, Hackfleisch und Frikadellen spezialisierte Inhaber Dirk Abel extra ein komplettes Schwein kommen lassen, um zu zeigen, wie man das Fleisch zerlegt, welche Stücke am leckersten sind, und welche Unterschiede es zwischen Deutschland und Spanien gibt.

"Die Schritte sind im Prinzip die gleichen, allerdings sind die Bezeichnungen teilweise etwas anders. Vor allem schneiden die Spanier meist sehr dünne Scheiben, während Deutsche viel Wert auf einen ordentlichen Durchmesser legen", so Abel. Auch wenn er selbst den Service nicht anbietet, empfiehlt er, Fleisch nicht im Supermarkt zu kaufen, sondern immer auf die individuell gewünschte Art an der Theke vom Metzger schneiden zu lassen. "Dicker ist besser und saftiger", orientiert er sich an deutschen Traditionen, obwohl zu Hause sonst eher die Sprachen der Insel gesprochen werden.

Ein richtiges Schnitzel von der sogenannten "Oberschale" der Schinkenkeule bekommt man in Spanien laut Abel am ehesten dann, wenn man ausdrücklich "escalope de jamón de la tapa" verlangt und gleichzeitig darum bittet, etwas dicker zu schneiden. Die drei anderen Teile des Schinkenstücks - also "Nuss" (nuez), "Unterschale" (contra) und "Hüfte" (cadera) hält er für weniger gut geeignet. Das in Mitteleuropa so beliebte Beinfleisch vom Schwein - egal ob als (Hinter-)Haxe oder als gepökeltes Eisbein vom Vorderlauf - sei in Spanien hingegen so gut wie gar nicht zu bekommen. "Das liegt daran, dass diese Stücke für den luftgetrockneten iberischen Schinken gebraucht werden. Die Haxen müssen wir deshalb alle importieren", erklärt Abel.

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Wenn es um das auf Mallorca wegen Waldbrandgefahr nur im Winterhalbjahr erlaubte Grillen geht, kommen ohnehin nur andere Partien in Frage - allen voran der Schweinenacken und -rücken. Mit Messern, Beilen und einem eisernen Handschuh bewaffnet, macht sich Dirk Abel beim MM-Besuch gekonnt ans Zerlegen der üppigen Fleischteile rund um eine komplett angelieferte Wirbelsäule. Gut 20 bis 30 Kilo wiegt ein solches Schweinskarree im Ganzen, wenn es noch nicht zerlegt ist. "Je weiter vorne am Nacken, desto fetter und saftiger das Fleisch; je weiter hinten, desto magerer", so der in Fulda ausgebildete Metzgermeister.

Rückenstücke ohne Knochen bezeichne man in Spanien als "lomo", die Koteletts mit Knochen hingegen als "chuleta". Wenn zusätzlich noch ein feines Lendenfiletstück am Knochen hänge, spreche man von einem "T-Bone-Steak". Die Unterscheidung zwischen Schweinenacken und -rücken ist laut Abel nicht immer so genau wie im Deutschen (Bezeichnungen siehe oben), obwohl sie für echte Fleischliebhaber durchaus eine Rolle spielen kann.

Etwas andere Nuancen sind es unterdessen, die die Spanier beim Schweinefleisch beschäftigen. Neben besonders saftigen Nackenteilen wie "pluma" (wörtlich "Feder") und "presa" (Nackenkern) haben es ihnen auch bestimmte Streifen zwischen Schulter und Bauch angetan, die man als "secreto ibérico" ("iberisches Geheimnis") bezeichnet. "Sie wiegen insgesamt aber nur 200 Gramm und spielen lediglich dann eine Rolle, wenn es sich um ein echtes iberisches Schwein handelt", erläutert Dirk Abel. Dieses sei etwas fetter und aromatischer als andere Artgenossen und werde statt mit 100 Kilo erst mit einem Gewicht von 120 Kilo geschlachtet. Viel Wert auf solche Finessen legt Abel nach eigenen Worten aber nicht.

Lieber ist ihm da schon die fette mallorquinische Paprikawurst Sobrassada, die sich im Übrigen vorzüglich zum Grillen eignet. Als Dirks Vater, der legendäre "Wurstkönig" Horst Abel noch lebte, wurde im Familienkreis öfter ein Schwein geschlachtet, das man je zur Hälfte auf Inselart und im deutschen Stil verarbeitete. Allein der Letztere ist es jedoch, der heute in den Filialen von Abel's sowie im Direktverkauf in Son Castelló geschäftlich im Fokus steht.

(aus MM 3/2017)