Tomeu Caldentey in seinem Restaurant "Taronja Negre Mar" in Palma. Vom anfänglichen Konzept der kleinen Gerichte zum Teilen ist er hier inzwischen abgekommen. Heute stehen verschiedene Degustationsmenüs im Mittelpunkt der Karte.

TW
0

Schon beim Sprechen ist seine Herkunft nicht zu verleugnen. Der 1972 in Sant Llorenç de Cardassar geborene Tomeu Caldentey spricht mit unüberhörbarem mallorquinischem Akzent, erst recht, wenn er über die Geschichte der Inselküche ins Schwärmen gerät. Eine kulinarische Schatzkiste sei Mallorca ebenso wie die Nachbarinseln, und diese Schätze seien bis heute die Grundlage seiner gastronomischen Projekte.

Caldentey war der erste Mallorquiner, der 2004 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. Bis heute konnte er den Stern halten, in seinem Restaurant "Bou"im Protur-Hotel Sa Coma Playa. Dort bietet er nun schon im zweiten Jahr ein außergewöhnliches Menükonzept für Gruppen von bis zu zwölf Personen an. Legerer und mediterraner geht es im "Taronja Negre Mar" in Palmas Club de Mar zu, und Anfang Juni eröffnet Caldentey sein drittes Restaurant "Tomeu" im neuen Hotel Sant Jaume in Palma.

Grundlage für alles, was der passionierte Koch anfasst, ist aber nach seinen eigenen Worten die klassische Küche Mallorcas mit Geschmackserlebnissen von der Insel - "Sabores de la tierra", wie er sie nennt. "Ich versuche immer, traditionelle Rezepte und Inselprodukte zu variieren. Das fällt mir vor allem deshalb leicht, weil sich die Qualität und die Auswahl der hiesigen Produkte ständig verbessert. Wir haben heute beispielsweise Weine oder Olivenöl in einer Güte, die unsere Großeltern nie für möglich gehalten hätten", schwärmt der Sternekoch. Und gibt dabei zu, dass es durchaus nicht nur den Einheimischen zu verdanken sei, dass Mallorca heute als einer der Gastro-Hotspots des gesamten Mittelmeer-Raumes gilt.

"Nehmen Sie zum Beispiel das Salz von der Insel. Salz gab es hier immer schon, aber erst seit zwei Deutsche ihre Leidenschaft und ihr Geld in ein Inselprojekt steckten, haben wir das 'Flor de Sal d'Es Trenc'." Ähnlich sei dies bei dem Katalanen Xesc Reina. "Xesc gilt inzwischen als der Meister der Sobrassada-Hersteller auf der Insel. Auch seine 'Butifarrones' sind legendär, und das, obwohl er Katalane ist", lacht Caldentey. "Wir haben hier das Glück, dass immer wieder Menschen mit einer großen Liebe zu kulinarischen Inselprojekten herkommen. Dazu gehören auch die ausländischen Betreiber hochwertiger Restaurants auf Mallorca." Dies, gepaart mit den reichen Ressourcen der Insel, sei eine unerschöpfliche Quelle für neue Inspirationen.

Tomeu Caldentey verdankt seinen Erfolg aber nicht nur seinem Talent und ständig neuen Ideen, sondern - wie er betont - vor allem auch einem dynamischen Team. "Ich sehe es als meine Aufgabe an, immer neuen jungen Talenten bei mir eine Chance zu geben. Sie arbeiten bei mir in der Küche, lernen und unterstützen mich, bis sie auf eigenen Füßen stehen können. Ich habe vor 17 Jahren ganz alleine angefangen und weiß, wie schwer es ist, ohne einen bekannten Lehrmeister später selbstständig zu werden."

Ähnliche Nachrichten

So ganz stimmt die Geschichte nicht, denn nach seiner Ausbildung am "Centro Juníper Serra" in Palma, zu einer Zeit, als der Beruf des Kochs noch nicht so angesagt war wie heute, absolvierte der junge Caldentey Stationen bei den Sterneköchen Juan Romero (Restaurant Xoriguer) und dem Franzosen Gerard Tétard. Letzterer bekam in seinem Restaurant Ses Rotjes in Cala Rajada den ersten Michelin-Stern überhaupt auf Mallorca. Das war 1977, und Tétard behielt die Auszeichnung bis 2004. Er gab sie freiwillig zurück, weil er, so erzählt man sich, wieder nach eigenen Regeln spielen wollte. Sein Restaurant betreibt er nach wie vor erfolgreich, zusammen mit seiner Frau Laurence und seinem Sohn William.

Die Einflüsse dieser Meister, das große eigene Talent und ein eingespieltes Team helfen Caldentey heute, drei komplett verschiedene Gastro-Konzepte plus diverse TV-Auftritte unter einen Hut zu bringen. Zum Kernteam gehören dabei vor allem Andrés Benítez, der im "Bou" mitverantwortlich für die Küche ist, sowie Restaurantleiter Manuel Pérez, der seit 2010 Seite an Seite mit Caldentey arbeitet und ebenfalls an der Erfindung neuer Konzepte beteiligt ist.

"Im neuen 'Tomeu' werden wir ab Juni klassische Inselküche anbieten, etwas teurer als im ,Taronja Negre Mar', aber nicht vergleichbar mit dem 'Bou'," erklärt Tomeu. Vor allem habe ihn hier das Altstadt-Ambiente gereizt, das in schönem Gegensatz zu den anderen Lokalen stehe. Das vor zwei Jahren eingeführte neue Konzept in Sa Coma, bei dem die Gäste an verschiedenen Orten - unter anderem direkt in der Küche - des Restaurants verköstigt werden, sei ein Experiment gewesen, das voll eingeschlagen habe. "Wir machen Ostern wieder auf, man sollte aber einen Monat im Voraus reservieren."

Neue Ideen holt Tomeu Caldentey sich fast immer auf Streifzügen über die Baleareninseln, seine privaten Reisen gehen selten weiter als nach Barcelona. Und zu Hause, wo Ehefrau Marga Riera kocht, isst der Meister am liebsten Salate. Ein gutes Pa amb oli mit Schinken und Käse oder ein deftiges Reisgericht gehören ebenfalls zu Tomeus Leibgerichten. Ein echter Mallorquiner eben.

(aus MM 12 /2017)