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Versuchen Sie einmal, sich folgendes vorzustellen: Ihre Kinder marschieren nach den Ferien wieder in die Schule und erhalten von den Lehrern die Mitteilung, dass ab JETZT Mathematik oder Chemie oder, oder...in englischer Sprache unterrichtet wird!

Ich wette, Sie würden aus allen Wolken fallen!

Der Mathelehrer soll den Kindern Algebra und Geometrie .... auf Englisch beibringen?? Was für einBlödsinn! ER kann nicht genug Englisch (muss er ja auch nicht!) und die Schüler verstehen nur Bahnhof. Ein Tohuwabohu!

So geschehen auf den Balearen: DON José Ramón Bauzá - seines Zeichens Präsident der Balearenregierung hat im Hauruckverfahren - genau DAS entschieden.

Womit der Präsident aber nicht gerechnet hat: mit dem knallharten Widerstand der Balearen-Lehrerschaft, Eltern, Grosseltern und vielen Sympathisanten. Tausende von Demonstranten gehen seither unermüdlich auf die Strasse!

"Die Bildung und Erziehung unserer Kinder ist uns HEILIG", sagt ein Vater!

Ich muss zugeben, DAS hätte ich den Mallorquinern nicht zugetraut, dass sie so entschieden auf die Strassen und ins Parlament gehen, um gegen das Dreisprachenmodell "TIL" erbittert zu protestieren.

Die "Grünhemden" - die demonstrierenden Lehrer tragen grüne T-shirts - halten das Modell für "undemokratisch", "eine juristische Metzelei", "UNdemokratisch" und schlicht "UNdurchführbar". Deshalb ihr Widerstand, denn die Lehrer wissen selbst am besten, dass das TIL-Modell weit über ihre Fähigkeiten hinausgeht. Und dafür zolle ich ihnen meinen vollen Respekt!

Ein solches Modell ist NICHT zu realisieren, ohne sorgfältige Vorbereitung. Ich habe jahrelang an einer privaten Sprachenschule Deutsch und Englisch unterrichtet und viele meiner Schüler/innen waren Englisch -und Deutschlehrer! Sie waren selbstkritisch genug, um zu erkennen, dass sie NACH-Hilfe brauchten. Das fand ich toll.

Das Niveau der spanischen Englisch -und Deutschlehrer war mit wenigen Ausnahmen grauenerregend. Sorry, liebe Lehrer, aber Ihr habt es ja selbst eingesehen! Meine Hochachtung!

Und was tut DON Bauzá? Er peitscht das TIL im Parlament durch (ein leichtes mit der absoluten Mehrheit SEINER Partei, der PP). Er stellt sich blind und taub für das "totgeborene Modell mit Verfallsdatum" .....Seine lächerliche Antwort: Er habe die Wahl gewonnen und deshalb sei sein Gesetz "legitim"! Kein Wunder, dass das vielen Demonstranten wie DIKTATUR vorkommt.

Am meisten wird die Wahnsinns-Eile kritisiert, mit der Bauzá den Lehrern sein Gesetz schlicht vor die Füsse warf, so die Universität der Balearen(UIB). Sie hat sich nun auch - wie zahlreiche Intellektuelle - GEGEN das 3-Sprachenmodell ausgesprochen. Gegen das Erlernen der englischen Sprache habe keiner was, ABER der Erfolg solcher Neuerungen könne nur wohlvorbereitet und mit dem Einverständnis derjenigen funktionieren, die das TIL in den Schulen durchführen müssen, den Lehrern.

Stimmt: Denn wenn schon die Qualifikation der Fremdsprachenlehrer auf Mallorca dünn ist, dann ist die der Mathelehrer eher gegen NULL!

Dazu Originalton eines mallorquinischen Postbeamten, mit dem ich oft genug das "Neueste" bespreche: "Da hat sich wiedermal ein Idiot ("tonto") einen Riesen-Blödsinn ausgedacht, ohne zu überlegen, wie das realisiert werden kann! Und wer muss darunter leiden? Unsere Kinder! Dabei gibt es wirklich dringendere Probleme, die endlich mal angepackt werden müssten wie z.B. die Arbeitslosigkeit unserer Jugendlichen. Darum sollten sich die Politiker mal kümmern."

Und nun die Sensation!

Gestern (Sonntag, 29.9.2013) ereignete sich ein "historischer Aufruhr" auf den Avenidas, Strassen und Gassen von Palma. Rund 80 000 Grünhemden demonstrierten in der Balearenhauptstadt. Sie machten erbost klar:"TIL ist nicht verhandelbar!" Und in Mahon und Ibiza gingen noch weitere 10 000 Grünhemden auf die Strasse.

DAS war ein wahrlich schwarzer Tag für die Balearenregierung. Dem Balearenpräsidenten Bauzá muss der "Arroz brut" buchstäblich im Hals steckengeblieben sein, hatte er doch Tage vorher die Demonstranten noch selbstgerecht belächelt. Und nun haben ihm die Mallorquiner eine bitterböse Lektion in Sachen Demokratie erteilt. Mal sehen, wie sich der Präsident und seine PP in den nächsten Tagen aus diesem Schlamassel herausreden werden.

Dennoch:

Geniessen Sie den schönen Herbst auf Mallorca, das wir so sehr lieben, aber dennoch kritisch begleiten.

Saludos

Ihre Beate