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Die wütenden Reaktionen, vor allem auf den Internetseiten der Zeitungen, ließen nicht lange auf sich warten. Nein, das Volk hat kein Verständnis für das Ansinnen der Hoteliers, bei den Tarifverhandlungen auf eine Nullrunde zu setzen. Zuvor war dem Volk nämlich ein ums andere mal erklärt worden, wie toll die touristische Saison gelaufen ist. Wenn nicht nach einer Rekordsaison, wann dann wird es jemals wieder etwas mehr in die Lohntüte geben? Wir haben inzwischen zwar gelernt, dass Touristenmassen nicht mehr gleichzusetzen sind mit einer hohen Rendite, aber jetzt übertreiben es die Hoteliers. Es war eine Top-Saison, und die haben sie auch ihren Mitarbeitern zu verdanken, die zurecht ein Stück vom Kuchen verlangen. Die Zahl der Insulaner, die kein Auskommen mit dem Einkommen haben, ist sowieso schon viel zu hoch. Hinzu kommt, dass das Vorhaben der Hoteliers Schule machen wird. Schon meldet sich die Gastronomie zu Wort. Auch bei ihr müssten die Gehälter eingefroren werden, denn ihr gehe es ja viel schlechter als den Hotellerie (was übrigens stimmt). Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass einige Unternehmer die Krisenstimmung nutzen, um die Gehälter zu drücken, und zwar ganz unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Ergebnis. Dieses Verhalten ist Ausdruck des zementierten Misstrauens zwischen Unternehmern und Beschäftigten in Spanien. Es gibt "die da oben" und "die da unten", aber kein Verständnis für Lage des jeweils anderen. An diesem schlechten Verhältnis sind im Übrigen nicht nur Arbeitgeber, sondern auch die Gewerkschaften schuld, die häufig allzu betonköpfig agieren. Angesichts dieser Konfrontation können wir uns schon jetzt auf Streiks zu Beginn der Saison einstellen. In Spanien herrscht Krise, viele Betriebe stehen auf der Kippe. In dieser Situation können auch Nullrunden angezeigt sein. Aber wenn es wieder läuft, dürfen die Arbeitnehmer nicht leer ausgehen. So wie in diesem Jahr in den mallorquinischen Hotels. Bei Tarifverhandlungen in Krisenzeiten ist besonderes Augenmaß gefragt. Bei denen da unten - und bei denen da oben. Autor: Bernd Jogalla