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Ganz ehrlich: Zuzuschauen, wie ein Stier verreckt, war nicht wirklich ein Vergnügen. Auch den Anblick eines im Todeskampf offen gebliebenen Stiermauls, aus dem das Blut läuft, muss man nicht haben. Auf der anderen Seite wird aber auch niemand gezwungen, in die Stierkampfarena zu gehen, außer vielleicht die unmündigen Kinder, deren Eltern meinen, ihnen so ein Spektakel bieten zu müssen - aber das soll hier nicht thematisiert werden. Vielmehr soll es um die Frage gehen, inwieweit dem Tier die Würde genommen wird, weil es Hunderten Menschen zunächst vorgeführt und dann getötet wird. Das Spektakel hat in der Tat etwas archaisches und scheint aus der Zeit gefallen. All diejenigen, die sich so etwas anschauen, als Tierhasser, Faschisten, Frauenfeinde oder sonstigen Abschaum zu bezeichnen, ist jedoch lächerlich. Gegen Stierkampf, der auf Mallorca praktischerweise nur viermal im Jahr an leicht zugänglichen Stellen stattfindet, lässt sich medienwirksam protestieren. Und da die vermeintliche Grausamkeit am Tier so offensichtlich demonstriert wird, ist es ein Leichtes, dagegen zu argumentieren. Konsequenterweise müsste dann aber auch vor jeder Fleisch- und Wurstwarenfabrik, vor jedem Massenzuchtbetrieb und letztlich auch vor jeder Metzgerei täglich mindestens eine Mahnwache abgehalten werden. Das maschinelle Töten von Tieren, die unter unwürdigen Bedingungen gehalten werden, ist deutlich verachtenswerter als jede "Corrida". Ein Kampfstier hat bis zu den letzten 20 Minuten seines Lebens eine formidable Existenz genossen. Sollte der Stierkampf eines schönen Tages abgeschafft werden, außer den Traditionalisten würde ihn nicht wirklich jemand vermissen, den Autoren eingeschlossen. Aber ihn als Ausgeburt des menschlichen Sadismus und Grausamkeit zu bezeichnen, gar mit Gewalt gegen Frauen gleichzusetzen, ist Unsinn. Wer genau hinschaut - auch wenn's schwer fällt - wird einen gewissen Respekt des Toreros gegenüber dem Stier erkennen. Da werden Millionen Tiere - ohne Publikum - deutlich grausamer getötet. Autor: Thomas Zapp