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Das Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands an diesem Donnerstag wird auch in Spanien mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet. Und dabei geht es gar nicht so sehr um die möglicherweise weitreichenden wirt-schaftlichen Folgen einer möglichen Loslösung Schottlands für die EU. Man hofft oder befürchtet - je nach Ausgang und Standpunkt - Signale für die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien. Eine große Mehr-heit der Menschen in Europa kann über die separatistischen Tendenzen in mehreren Regionen des Kontinents nur den Kopf schütteln. Tenor: Das passt nicht in die Zeit; wir haben ganz andere Probleme in der Welt. Beides ist richtig - und bringt uns doch nicht weiter. Vor allem die Situation in Katalonien, wo die Regionalregierung am 9. November abstimmen lassen will, ist völlig verfahren. Die Stimmung ist so aufgeheizt, dass die Verantwortlichen von ihrem Vorhaben nicht mehr abzubringen sind. Und die Regierung Rajoy wird nicht müde zu betonen, dass eine solche Ab-stimmung illegal wäre und deshalb nicht zugelassen wird. In den vergangenen Tagen wurde der Ton sogar noch schärfer, ein Madrider Minister drohte mit dem Aussetzen der Autonomie in Katalonien. Hier die Separatisten, die mit Emotionen spielen und immer mehr Zulauf haben, dort eine völlig unbewegliche Zentralregierung. Diesen Kampf kann keiner gewinnen. Die Lösung heißt Dialog. Und am Ende werden Zugeständnisse an Katalonien stehen müssen. Und viel-leicht nicht nur an Katalonien. Spanien braucht eine Staats- und Finanzreform, die ein Ende macht mit der willkürlichen Verteilung von Steuergeldern, die in den Regionen erwirtschaftet werden. Denn es geht auch bei diesem Konflikt ums Geld. Allerdings nicht nur. Aber vielleicht wäre ein föderales System ja sogar mit dem Begriff der "Nation" für die Katalanen vereinbar. Beide Seiten müssen sich jetzt bewegen. Und die großen Parteien in Spanien ein Zukunftsmodell für ihr Land erarbeiten und an einem Strang ziehen. Leider sind sie in dieser Disziplin nicht sehr geübt. Autor: Bernd Jogalla