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Totgesagte leben länger. Das gilt auch für das Projekt einer Bahnlinie zwischen Manacor und Artà. 1977 stillgelegt, wollte die Mitte-Links-Regierung von Francesc Antich die Verbindung 2007 wiederbeleben. Sein Nachfolger José Ramón Bauzá, aus dem rechten Lager, packte die Pläne prompt wieder in die Schublade und machte aus der halbfertigen Trasse den Rad- und Spazierweg Vía Verde. Jetzt sind wieder die Linken am Zug, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie würden lieber heute als morgen mit dem Schienenbau loslegen, wenn, ja wenn sie nur das Geld dazu hätten. Das Gezerre um die Artà-Bahn ist ein Sinnbild für die politische Unkultur auf den Balearen, vielleicht sogar in ganz Spanien. Die gegnerischen Parteien sind selbst bei großen Fragen unfähig, einen Konsens zu finden, der die nächste Legislaturperiode übersteht. So ist auch die jetzige Balearen-Regierung voll und ganz damit beschäftigt, Beschlüsse und Gesetze ihrer Vorgänger zu kippen. Dem kritischen Betrachter fällt auf, dass es dabei nicht immer um Differenzen in der Sache, sondern ums Prinzip geht. Und so dürfte auch das Hü-und-hott-Spielchen um die Artà-Bahn weitergehen. Man ist fast versucht zu sagen: Ein Glück, dass derzeit kein Geld mehr da ist, das dabei verzockt werden kann. Bevor man Züge bestellt – in Sachen Artà war das tatsächlich schon geschehen –, sollte man vielleicht mal nachdenken. Mallorca braucht einen Mobilitätsplan, der vom Konsens getragen ist und länger hält als vier Jahre. Die Bahn als nachhaltiges Verkehrsmittel muss dabei sicherlich eine Rolle spielen. Aber möglicherweise würden externe Experten das Geld besser in eine Tram in der dicht besiedelten Bucht von Palma investiert sehen. Man weiß es nicht, weil sie nie gehört wurden. Erst muss also herausgefunden werden, wie die Insel ihre Verkehrsprobleme lösen und zukunftsfähig werden kann. Danach sind Prioritäten zu setzen und die Fragen der Finanzierung zu lösen. Für Hunderte von Millionen mal eben eine Bahnlinie bauen, ist kein Konzept. Autor: Bernd Jogalla