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Die Tragik klingt in jedem Gespräch an. Auf der einen Seite werden die Eigentümer historischer Landgüter nicht müde, die Vorzüge ihrer Anwesen zu loben. Die Liebe zum Herrenhaus und zum Land drumherum, meist seit vielen Generationen in Familienbesitz, manifestiert sich in unzähligen Anekdoten. Die Gebäude sind jahrhundertealt, sie waren die Betriebszentren riesiger Landgüter, auf denen Oliven und Mandeln geerntet, Schafe gehalten und Früchte angebaut wurden. Viele Dutzend Menschen fanden auf den traditionsreichen „Possessions” als Landarbeiter ein Auskommen. All das hat Spuren hinterlassen. In der Architektur der Gebäude, in den Produktionsstätten und Lagerräumen für Wein und Olivenöl, in den einstigen Ställen und Schmieden der Anwesen, in der Hauskapelle, im Selbstverständnis der Nachkommen der Landbesitzer. Jetzt sehen sich viele Eigentümer gezwungen, ihre angejahrten, heruntergekommenen, teils sogar verfallenen Familiensitze zu verkaufen. Die Landwirtschaft ist schon lange nicht mehr rentabel, um ein solches Herrenhaus vor dem Niedergang bewahren zu können. Und um es in Eigenregie zu modernisieren, dazu fehlt den Eigentümern häufig das notwendige Kapital. Hinzu kommt die Versuchung, mit dem Verkauf der Immobilie auf einen Schlag viele Millionen Euro einzunehmen. Doch der Preis ist der Verlust der ureigenen Wurzeln als mallorquinische Familie. „Der Tag, an dem ich den Verkauf unterschreibe, wird mir das Herz aus dem Leib reißen”, sagt eine Eigentümerin. So hoffen viele von ihnen auf einen reichen Käufer, der das Anwesen als Liebhaber dann mit viel Gefühl und noch mehr Millionen originalgetreu restauriert, pflegt und bewahrt. Das ist nicht neu auf Mallorca: Schon Erzherzog Ludwig Salvator kaufte alte Fincas, auch um sie für die Zukunft zu erhalten. Beispiele aus heutiger Zeit? So manche Finca wurde zum edlen Hotel oder Weingut. Droht somit ein Ausverkauf der Landgüter? Wohl kaum. Auch hier ist es wie beim Erzherzog. Er ist schon lange weg. Aber seine Anwesen sind weiterhin da. Autor: Alexander Sepasgosarian