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Die nächtliche Ausgangssperre auf den Balearen ist in den vergangenen Tagen zum Symbol für die Corona-Maßnahmen geworden. Die einen wollen sie abschaffen und weniger eingeschränkt sein. Andere wollen, dass sie weiter wie ein Damm an der See die vierte Corona-Welle aufhält.

Fakt ist, dass der „Toque de queda” den Lebensrhythmus der Menschen verändert. Seit Ende Oktober strukturiert er den Tag, lässt besonders Jugendliche gegen 22 Uhr nach Hause spurten. Sie leiden wie kaum eine andere Altersgruppe unter der Pandemie, weil sie sich öfter als andere mit Freunden treffen – um ein bisschen abzuhängen.

Nächsten Monat, am 9. Mai, soll der Alarmzustand in Spanien enden, wodurch der Balearen-Regierung die rechtliche Grundlage für die Ausgangssperre entzogen würde. Die Ministerpräsidentin der Inselgruppe, Francina Armengol, sucht jedoch nach Möglichkeiten, den Toque de queda aufrechtzuerhalten. Politiker der oppositionellen Parteien Partido Popular und Vox werfen Armengol Autoritarismus vor. Sie verfolge einen Weg, der sich gegen Freiheit richte.

Armengol hingegen hält an der „Desescalada lenta”, der langsamen Öffnung, fest und verweist auf einen Zeitplan. Allerdings sagt sie nicht, wie dieser aussieht. Bars und Restaurants fehlt eine Perspektive, wann sie länger als 17 Uhr öffnen dürfen. Recht gibt Armengol die niedrige Sieben-Tage-Inzidenz auf den Balearen, 30 Corona-Fälle je 100.000 Einwohner. In ganz Spanien steigen die Ansteckungszahlen wohl als Folge der Osterferien – lediglich die Balearen bilden eine Ausnahme.

Die Regierung will diese Zahl den Sommer über halten – oder verringern –, um sicheres Reiseziel zu sein. Die regionale Wirtschaft braucht Touristen wie ein Tennisspieler Bälle. Doch dass auch diese Saison keine normale wird, ist vielen klar. Hotelbetreiber rechnen damit, wenn es gut läuft, dass sie 50 bis 70 Prozent der Betten belegen. Nur dann lohnt es aufzusperren. Und wie viele der rund 1000 Insel-Hotels machen auf? 400, 500? Das wäre angesichts der Ausgangslage ein Erfolg.

Autor: Philipp Schulte