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Eigentlich war es ja immer so im Sommer: Kleinkriminelle aller Art zog es nach Mallorca wie die Motten zum Licht, um unvorsichtige Urlauber zu bestehlen, hereinzulegen oder sonstwie zu schädigen. Doch dieses Jahr ist etwas anders: Die rohe, hinterhältige Gewalt, die in den vergangenen Wochen in mehreren Fällen sogar an als sicher geltenden Orten wie dem Boulevard Borne in Palma angewendet wurde, ist verstörend (S. 6) . Gedungene Täter stürzen sich ohne Hemmungen auf Touristen, um diese auszurauben. Findet auch im kriminellen Milieu nach der Pandemie ein sogenannter „Ketchup-Effekt” statt, also ein besonders potenzierter Nachholeffekt? Turbo-Kleinkriminalität, befeuert durch die vielen Reisenden?Das kann durchaus sein, die menschliche Psyche ist nunmal unergründlich.

Dass man sich jetzt mit panischer Angst etwa durch Palma bewegen sollte, ist aber übertrieben. Es genügt, die Augen offen zu halten, Wertsachen an sicheren Plätzen zu verbergen, verdächtige Gestalten auszumachen und möglichen Gefahren auszuweichen. So wie das in Südamerika fast jeder mit der Muttermilch eingeflößt bekommt. Die potenziellen Täter schätzen nunmal auch ab, ob es sich für sie lohnt, ein bestimmtes Opfer anzugreifen.

Dass es in der Hochsaison mehr Kriminalität als in anderen Jahreszeiten auf Mallorca gibt, ist fast eine Binsenweisheit. Richtig unsicher wird die Insel dadurch nicht. Es ist eine saisonale, importierte Kriminalität, nicht das organisiert boshafte und abgründige Agieren von Verbrechern wie in ärmeren Teilen der Welt. Doch der Boden hier ist fruchtbar, das wissen die Verbrecher. Allzu naiv neben der Brieftasche am Strand einzuschlafen oder ins Wasser zu gehen, ohne seine Habseligkeiten im Auge zu behalten, das sollte man auch nicht am Baggersee in Oberbayern oder an der Elbe in Hamburg tun.

So gesehen ist Mallorca weiter ein normales Urlaubsgebiet mit einem saisonalen Kriminalitäts-„Peak”. Vorsicht ist wichtig, Vergnügen auch, und in diesem Sinne lohnt es sich – ob Resident oder Urlauber – gelassen den Sommer zu genießen.