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„Kennen Sie lustige Musik? – Ich nicht.“ Franz Schubert soll das gesagt haben, und dieses Zitat dient bis heute allen möglichen und unmöglichen Erhabenheits-Apologeten dazu, die Musik als spaßbefreite Zone zu etablieren. Alfred Brendel drehte den Spieß um und erklärte das „umgekehrt Erhabene“ zur Grundlage des musikalischen Humors. Andere große Musiker theoretisierten erst gar nicht lange herum und wurden praktisch: Emanuel Ax, Gidon Kremer, Mischa Maisky, Julian Rachlin und andere machten einfach mit – bei der respektlos-fröhlichen Show „Big Nightmare Music“ des Komiker-Duos Igudesman&Joo. Nun hat Pablo Mielgo, selbst kein Kind musikalischer Tristesse, die Beiden eingeladen, mit ihm und den Balearensinfonikern ihren Schabernack im 4. Bellverkonzert zu treiben und Schubert Nachhilfe in Sachen musikalischer Humor zu geben.

Dass Musiker sich und ihre Kunst auf den Arm nehmen, hat Tradition: Mozarts „Dorfmusikanten-Sextett „Ein musikalischer Spaß“ etwa, oder, in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts Gerard Hoffnung mit seinen frech-fröhlichen Konzerten. Dass man sein Handwerk beherrschen muss, um derartige Witze zu reißen, versteht sich von selbst: der russische Geiger und Komponist Aleksey Igudesman und der koreanische Pianist Hyung-ki Joo sind Meister ihres Instruments.

Die Komik ihrer Show gestern Abend, in der sie gekonnt klassische Themen mit Elementen der Popmusik zusammenbrachten, speiste sich aus dreierlei: der Kunst, geistreich zu variieren; überraschende Zitate wie kleine Blitzlichter aus dem Hut zu zaubern; und, last but not least, rhetorischer Gewandtheit. Dass sie dabei den Spielort Mallorca („Aha, alles Touristen hier auf Bellver Castle. Deutsche und Engländer. Oder spricht hier auch jemand Spanisch?“) und das Publikum („Und jetzt alle!“) mit einbezogen, trug wesentlich zur Begeisterung der Zuhörer bei. Für die nötige Sound-Power sorgten die Streicher und Schlagzeuger des OSIB.

Und dass sich Mozart, der Allerweltskerl aus Salzburg, wie ein roter Faden durchs Programm zog, ließ das Gefühl des Vertrautseins aufkommen: wer kennt nicht den Türkischen Marsch oder die Kleine Nachtmusik? Aus dem Spiel mit Altbekanntem kamen die Überraschungen: das Alla turca einmal in Dur anstatt im gewohnten a-Moll; das Hereinplatzen des berühmten Ta-ta-ta-taa aus Beethovens Fünfter mitten in die Kleine Nachtmusik; das irrwischhafte Auftauchen des Andante aus Tschaikowskys 5. Sinfonie; die Kombination des Donauwalzers mit der „Fledermaus“-Ouvertüre; die Coda des „Türkischen Marschs“ von der Geige im Stil einer Fiedel aus den schottischen Highlands intoniert, während das Klavier mit einer Triller-Etüde begleitete, die von Czerny hätte sein können: das und mehr sorgte für Aha-Erlebnisse am laufenden Band. Kontraste zwischen beispielsweise einem „zahmen“ Lullaby für Joos kleinen Sohn, in dem natürlich Brahms-Anklänge („Guten Abend, gut Nacht“) nicht fehlten, und dem wilden Aufbrausen der Sinfoniker, das den Schlosshof zum Kochen brachte, taten ein Übriges, um die Kette der Abwechslung nicht abreißen zu lassen.

Auch die Dialoge der beiden Künstler wechselten von banal zu intellektuell: wenn zum Beispiel – dreisprachig in Englisch, Spanisch und Deutsch – über Kühe philosophiert wurde (Lieblings-, Milch- and other cows), war die scheinbare Banalität natürlich clever kalkuliert; und wenn’s um Pleonasmus, Redundanz und andere hochgeistige Dinge ging, war das eine Reverenz ans Publikum („Mallorca hat das intelligenteste Publikum ever!“).

Ein zündender Gag war ein tanzender Pablo Mielgo; so hatte man den Maestro noch nie gesehen!

Alles in allem ein äußerst vergnüglicher Abend, der mit standing ovations quittiert wurde.

Am kommenden Donnerstag (28.07.) geht die Reihe der Bellverkonzerte weiter. Unter der Leitung von Joji Hattori werden dann die Figaro-Ouvertüre, Haydns Cellokonzert in D-dur und die 1. Sinfonie von Beethoven erklingen.