TW
0

Ein (im besten Sinne) feministisches Programm erwartet uns am 9.März im Auditorium: Pablo Mielgo wird uns zusammen mit der schwedischen Sopranistin Lisa Larsson und den Sinfonikern Werke von und um Komponistinnen vom 19.Jahrhundert bis zur Gegenwart zu Gehör bringen. Nach der Uraufführung der „Revelations“ der zeitgenössischen mallorquinischen Komponistin Mercè Pons trägt die Sängerin eine Hommage an Clara Schumann vor, die sowohl eigene Werke als auch Kompositionen von Ehemann Robert und Johannes Brahms – für Orchester arrangiert von Rolf Martinsson – enthält. Davon lassen wir uns überraschen; in das Hauptwerk des Abends, die 1.Sinfonie der afro-amerikanischen Komponistin Florence Price möchte ich Ihnen eine kleine Einstieghilfe geben.

Bevor ich Ihnen umständlich erzähle, wer Florence Price war: lassen Sie sich das von Claudia Sarre von br klassik in der Sendung „Klassik aktuell“ vom 25.08.2022 erklären. Den vierminütigen Beitrag gibt’s in der ARD Audiothek unter diesem Link.

Ihre Sinfonie Nr.1 in e-moll, wie Sie gehört haben die erste Sinfonie einer afro-amerikanischen Komponistin, die allgemeine Zustimmung erfuhr, dauert rund 40 Minuten und besteht aus vier Sätzen. Der erste, Allegro non troppo, ist in traditioneller Sonatenform gehalten. Er nimmt ganz bewusst Bezug auf Anton Dvoraks Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ und knüpft damit an die Bestrebungen des tschechischen Komponisten an, mit den Mitteln der europäischen Kunstmusik etwas Amerikanisches zu schaffen. Im zweiten Satz (Largo) wird das noch deutlicher. Auch hier können Sie Anspielungen auf Dvorak hören: auch der zweite Satz der „Neuen Welt“ beginnt mit einem choralartigen Bläsermotiv, bevor das pentatonische Hauptthema erklingt. Pentatonik spielt überhaupt eine große Rolle, bei Price und bei Dvorak. Ich erspare Ihnen eine lange musikwissenschaftliche Definition. Nur soviel: pentatonische Motive bewegen sich in einem Fünftonraum, das heißt, sie beschränken sich auf fünf verschiedene Töne. Solche fünftönigen Skalen gibt es seit ca. 3000 Jahren in der Musik vieler indigener Völker Asiens, Afrikas, Amerikas und des frühen Europas. Noch heute kommen viele Kinderlieder mit diesem Fünftonraum aus, zum Beispiel „Hänschen klein“, ebenso Packshots aus der Werbung. („Haribo macht Kinder froh und Erwachsne ebenso“) – Und auch Ikke Hüftgold wäre, wenn er denn den Vorentscheid gewonnen hätte, pentatonisch in Liverpool aufgelaufen. (Bitte verzeihen Sie mir diesen kleinen Schlenker in die Trivialität der Ballermann-Schlager. Und bitte trällern Sie den Hüftgold-Partykracher nicht in der Konzertpause. Das käme wahrscheinlich nicht so gut an….)

Um wieder seriös zu werden: auch Vertreter der europäischen Kunstmusik haben wiederholt auf Fünftonreihen zurückgegriffen. Hören Sie sich mal das Kopfmotiv der Morgenstimmung aus der Peer Gynt-Suite von Edvard Grieg an. Das ist Pentatonik in Reinkultur. Anderen Komponisten diente sie als Klangeffekt zur Ergänzung, Verfremdung oder Bereicherung einer ansonsten dur-moll-tonalen Harmonik, zum Beispiel in der impressionistischen Musk Claude Debussys. In dieser Funktion muss man sie auch bei Dvorak und Price sehen bzw. hören.

Der dritte und der vierte Satz sind jeweils relativ kurz. So wie an dritter Stelle in einer klassischen Sinfonie ein Tanz steht (meist ein Menuett, später, bei Beethoven dann, ein Scherzo), greift auch Florence Price auf einen Volkstanz afrikanischer Herkunft zurück. Der „Juba Dance“ war bei Sklaven in den Südstaaten beliebt. In sinfonischem Gewand klingt er so.

Der letzte Satz, Finale, huscht in fünf Minuten am Hörer vorbei. Man kann ihn als modifiziertes Rondo hören, auch er enthält, wie schon der Juba-Dance, pentatonische Elemente und endet furios. Da dürfte donnernder Applaus nicht ausbleiben. – Karten für das Konzert gibt’s wie immer hier.