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Was die spanische Pianistin Alba Ventura und die italienische Dirigentin Gianna Fratta gestern Abend im Trui Teatre mit Prokofjews drittem Klavierkonzert veranstaltet haben, darf man getrost als Apotheose des Rhythmus, ja sogar als perkussives Feuerwerk bezeichnen. Vielen Hörerinnen und Hörern ist etwas unbehaglich zumute bei der Einordnung des Klaviers unter die Schlaginstrumente. Haben nicht Mozart, Schubert, Schumann, Brahms ihm wunderbar kantable Melodien auf den Leib geschrieben? Und hat nicht Lise de la Salle – wir haben ihr Gastspiel in Palma 2018 mit dem 2.Klavierkonzert von Rachmaninov noch in bester Erinnerung – gesagt: „Ich möchte die Zuhörer vergessen lassen, dass das Klavier ein perkussives Instrument ist. Ich will damit singen.“?

Nun ist aber Prokofjew nicht Mozart oder Schumann; darüber können auch der kantabel beginnende erste Satz und das einigermaßen melodiöse Variationsthema des zweiten nicht hinwegtäuschen. Und – schon gar nicht – kann man die Powerfrau Alba Ventura mit der verträumten Klangmagierin Lise de la Salle vergleichen. Ventura, ziemlich auf Krawall gebürstet, meißelte mit gnadenloser Unerbittlichkeit die Prokofjew’schen Rhythmusorgien in den bis an die Schmerzgrenze hart intonierten Steinway, dass die Fetzen flogen. Und wie sie das mit Ganzkörpereinsatz und stupender Technik geradezu lustvoll tat, war unwiderstehlich und riss das Publikum mit und am Ende zu frenetischem Applaus hin. Dass man das schon anders gehört hatte, auslotender, subtiler und gebändigter (etwa von Leif Ove Andsnes), spielte in diesem Moment keine Rolle. Klar, es ging einiges an Delikatesse verloren, der Humor, den Prokofjew ja auch in die Partitur gepackt hatte, blieb teilweise auf der Strecke. Dafür entschädigten der Furor und die geballte Power, mit der Ventura (unterstützt von der ebenso zupackend herangehenden Gianna Fratta und den engagiert und technisch perfekt aufspielenden Sinfonikern) einen alles hinwegfegenden Orkan entfachte. Das war nichts für zarte Gemüter. Aber für die hatte Prokofjew seine Musik auch nicht geschrieben.

Die beiden Säulen von Strawinskys Meisterschaft sind zweifellos seine geniale rhythmische Begabung und sein Klangsinn. Das bestreiten nicht einmal seine Gegner, zu denen beispielsweise Debussy gehörte („Massacre du Printemps“!). Was ihm für Petruschka einfiel, ist stellenweise ebenso delikat wie plakativ. Blockweises Auftrumpfen des ganzen Orchesters steht neben solistischen Einlagen des Klaviers (gestern Abend: Rafael Gonzáles), der Flöte (souverän Josep Miralles) und der Violine (in bewährter Manier Konzertmeister Smerald Spahiu). Der dezente Einsatz des Beckens – in immer neuen Kombinationen mit kleinen Instrumentengruppen, setzt subtile Akzente. Das Blech darf mal bedrohlich brüllen, mal sich fast lyrischen Passagen hingeben. Gefordert sind alle, nichtssagende Füllstimmen gibt es bei Strawinsky nicht. Das macht seine Musik zum Prüfstein auch für ein sehr gutes Orchester. Amateure sollten ohnehin die Finger davon lassen.

Gianna Fratta, die übrigens auch als Pianistin Erfolge feiert, hielt das Ganze mit ungemein präziser und „sprechender“ Zeichengebung souverän zusammen. Sie verfügt über das, was eine gute Dirigentin oder einen Dirigenten ausmacht: gediegene handwerkliche Grundlagen und Ausstrahlung. Ihr Charisma übertrug sich gleichermaßen auf Orchester und Publikum.

Bereits am kommenden Donnerstag (18.05.) findet das letzte Konzert der Saison im Auditorium statt. Auf dem Programm steht Mahlers „Lied von der Erde“. Pablo Mielgo wird dirigieren. Karten gibt’s hier.