Ruhe bewahren und weiterfahren

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Überlebenstipps für den mallorquinischen Berufsverkehr

Bitte lesen Sie die heutige Kolumne mit einem oder besser zwei Augenzwinkern. Es ist nicht alles so ernst gemeint, wie es klingt, aber es musste mal gesagt werden.

Heute Morgen saß ich mal wieder im Auto, festgeklemmt zwischen anderen genervten Mitmenschen auf dem Weg zur Arbeit, als mir eine erschreckende Erkenntnis kam: Es ist erst März. Die Saison hat noch gar nicht begonnen. Und doch sind die Straßen Mallorcas jetzt schon so voll, dass man glauben könnte, es gäbe Gratis-Benzin und Freibier am Zielort.

Vielleicht liegt es daran, dass immer mehr Menschen auf die Insel ziehen. Vielleicht daran, dass Autos sich offenbar heimlich über Nacht vermehren, wie Karnickel auf Speed. Oder vielleicht ist es einfach nur meine Perspektive, denn neuerdings fahre ich von einer anderen Ecke der Insel nach Palma – aus einer Richtung, in der „flüssiger Verkehr« offenbar ein Fremdwort ist.

Wenn Straßen zu

Parkplätzen werden

Ich will ja nicht unken, aber wie soll das erst werden, wenn wirklich die Saison losgeht? Wenn Tausende von Mietwagen hinzukommen, die in den schmalen Gassen verzweifelt nach Parkplätzen suchen? Wenn Touristen sich in Kreisverkehren verfahren, weil ihr Navi sie in die Irre führt? Wenn Cabrio-Fahrer mit flatternden Hawaiishirts plötzlich bremsen, weil sie unbedingt ein Foto vom Meer machen müssen?

Schon jetzt scheint der morgendliche Weg zur Arbeit eine neue Form der Selbstfindung zu sein – nur ohne Zen, dafür mit 20 Minuten Extra-Zeit zum Meditieren zwischen der Ausfahrt und dem nächsten Stauende. Und ich frage mich ernsthaft: Wie bleibt man dabei eigentlich ruhig?

Die Wissenschaft sagt:

Stau macht aggressiv

Falls Sie sich manchmal fühlen, als würde der stockende Verkehr Ihnen den letzten Nerv rauben, sind Sie nicht allein. Studien belegen, dass regelmäßige Staus nachweislich zu erhöhter Reizbarkeit führen. So haben Autofahrer in dichtem Verkehr eine höhere Cortisol-ausschüttung – also genau das Hormon, das für Stress verantwortlich ist. Wer regelmäßig gestresst zur Arbeit kommt, neigt übrigens auch eher zu schlechter Laune, was sich dann auf das gesamte Arbeitsumfeld auswirkt.

Eine weitere Langzeitstudie aus den USA fand heraus, dass bereits ein täglicher Arbeitsweg von mehr als 30 Minuten das Risiko für Übergewicht und schlechtere psychische Gesundheit erhöht. Lange Autofahrten stehen in direktem Zusammenhang mit Bewegungsmangel, schlechterer Ernährung und erhöhter Reizbarkeit.

Sollten wir also kollektiv unsere Autos abmelden und fortan nur noch zu Fuß gehen? Theoretisch ja. Praktisch gesehen würde das auf Mallorca allerdings bedeuten, dass wir jeden Morgen eine Stunde joggend durch den Berufsverkehr sprinten, während wir Mietwagen und Touristen mit deutschen Kennzeichen ausweichen.

Tricks, um nicht wahnsinnig zu werden

Da ich den bald unausweichlichen Verkehrskollaps kommen sehe, habe ich beschlossen, mich vorzubereiten. Und ich möchte meine Erkenntnisse mit Ihnen teilen, falls Sie auch zu den Pendlern gehören, die sich jeden Morgen fragen, warum sie nicht besser als Einsiedler in einer Berghütte gelandet sind.

  1. Die richtige Musik rettet Leben: Vergessen Sie die Nachrichten im Radio – es sei denn, Sie haben Lust, sich bereits um 7:30 Uhr über die Weltlage aufzuregen. Setzen Sie stattdessen auf Musik, die Ihre Nerven streichelt. Klassik, Chillout, vielleicht ein bisschen Bossa Nova? Oder, wenn Sie den inneren Staufrust rauslassen müssen: Hardrock, aber dann bitte, ohne aus dem Fenster zu schreien.
  2. Mantras für Fortgeschrittene: Mein persönlicher Favorit: „Ich lasse mich nicht stressen. Ich bin wie ein Buddha auf vier Rädern.« Tief durchatmen, nicht auf Provokationen eingehen, und wenn jemand drängelt – ihn einfach mit sanftem Mitgefühl anschauen. Oder wenigstens so tun, als ob.
  3. Fantasiereisen statt Frustfalten: Wenn ich schon auf der Stelle stehe, dann wenigstens mit Stil. Ich stelle mir vor, dass ich gar nicht in einem Stau stecke, sondern gemütlich in einem Liegestuhl am Strand sitze, während mir eine sanfte Brise um die Nase weht. In Wirklichkeit ist es zwar die Abgaswolke des Lasters vor mir, aber Details sind ja bekanntlich Auslegungssache.
  4. Öffentliche Verkehrsmittel – eine schöne Idee: Ja, ich weiß, die gibt es. Und ja, man könnte sie theoretisch nutzen. Wäre da nicht die Realität, dass manche Arbeitsstätten irgendwo im Nirgendwo liegen, jenseits aller Buslinien. Wer es aber einrichten kann: Probieren Sie es aus! Eine Stunde Busfahren ist immer noch besser als eine Stunde Stop-and-Go, oder? Und manchmal ergeben sich ja sogar nette Gespräche. Oder wenigstens eine Gelegenheit, unauffällig die Sitznachbarn zu analysieren und sich zu fragen, warum der Typ mit dem Laptop so angestrengt auf eine Excel-Tabelle starrt.
  5. Der Trick mit der Kaffee-Pause: Wenn Sie merken, dass Sie am Steuer langsam aber sicher zur tickenden Zeitbombe mutieren, fahren Sie, sofern möglich, rechts ran. Atmen Sie tief durch. Denken Sie an schöne Dinge. Ihr Chef wird es verkraften, wenn Sie fünf Minuten später, aber dafür innerlich ausgeglichen erscheinen.
  6. Freundliche Gedanken für Verkehrsrowdys: Wenn jemand, ohne zu blinken, die Spur wechselt oder so dicht auffährt, dass Sie sein Nasenhaar-Arrangement im Rückspiegel bewundern können, dann denken Sie sich einfach eine Hintergrundgeschichte aus: Vielleicht ist das sein erster Tag als Zeitreisender aus dem Mittelalter, und er hat noch nie ein Auto gesehen? Oder er ist undercover unterwegs, weil er eigentlich ein Geheimagent ist? Alles ist besser, als sich aufzuregen.

Fazit: Der Wahnsinn

geht erst los

Es hilft nichts. Der mallorquinische Verkehr wird nicht weniger. Aber wir können entscheiden, ob wir uns davon wahnsinnig machen lassen oder ob wir das Beste daraus machen. Vielleicht sehen wir es als tägliche Geduldsprobe. Vielleicht als Gelegenheit, unseren inneren Zen-Meister zu schulen. Oder, in meinem Fall, wenigstens als Inspiration für die nächste Kolumne.

Eines ist jedenfalls sicher: Wenn die Saison erst richtig beginnt, werden wir uns nach diesen „ruhigen« März-Tagen zurücksehnen. Und das ist irgendwie auch ein tröstlicher Gedanke. In diesem Sinne.