Freund oder Feind?

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Wie nutzt man künstliche Intelligenz im Alltag – und wo lauern die Gefahren?

Künstliche Intelligenz ist längst in unserem Alltag angekommen – oft unbemerkt, fast wie ein leiser Mitbewohner, der ab und zu sehr praktische Hilfe leistet, aber manchmal auch heimlich Schränke durchsucht, von denen wir nicht einmal wussten, dass wir sie besitzen.

KI in Schule, Beruf
und Zuhause

In der Schule wird KI inzwischen gerne eingesetzt, um Lerninhalte individuell anzupassen. Wer Mathe hasst, bekommt kleinere Portionen serviert; wer Sprachen liebt, darf sich an neuen Vokabeln sattlernen. Hausaufgaben werden nicht mehr nur von fleißigen Schülern, sondern gelegentlich auch von Chatbots erledigt – so schnell, dass Lehrer zunehmend KI-Detektoren bemühen, um Originale von gut kopierten Gedanken zu unterscheiden.

Am Arbeitsplatz hilft KI beim Entwerfen von Präsentationen, dem Korrekturlesen von Texten oder dem Zusammenfassen endloser Meetings. Auch Bewerbungsanschreiben werden neuerdings gerne einer Maschine anvertraut. Sie schafft es nämlich, ohne nervöse Tippfehler oder peinliche Eigenlobhudelei einen fast perfekten ersten Eindruck zu hinterlassen – fast zu perfekt, wie manche Personaler inzwischen beklagen.

Für den Alltag zu Hause gibt es kleine, nützliche Helferlein: Einkaufslisten werden per Sprachbefehl erstellt, Kühlschränke schlagen Rezepte vor, die zu den noch vorhandenen Zutaten passen, und Apps helfen dabei, den stressigen Alltag zu organisieren – von der Erinnerungsnachricht für den Zahnarzttermin bis zur freundlichen Ermahnung, endlich mehr Wasser zu trinken. Sogar beim Aufräumen mischt KI mit: Smarte Apps schlagen minimalistische Ordnungssysteme vor und motivieren uns per Push-Nachricht dazu, mal wieder den Dachboden auszumisten.

Beim Arztbesuch assistiert KI bei der Auswertung von Blutbildern und hilft, seltene Krankheiten schneller zu erkennen. In der Psychotherapie entstehen erste digitale Begleiter, die zwischen den Sitzungen unterstützende Übungen vorschlagen oder Stimmungsverläufe auswerten. Manchmal fühlt es sich fast an, als bekämen wir eine Art persönlichen Assistenten – rund um die Uhr, immer höflich, nie krank.

Deepfake – wenn die eigene Stimme geklaut wird

Doch bei aller Begeisterung – die Welt der künstlichen Intelligenz hat auch dunkle Seiten.

Gerade erst sah ich einen Film, der mich innehalten ließ: Darin wurde gezeigt, dass es möglich ist, eine Stimme täuschend echt zu kopieren – allein dadurch, dass eine Person einen kurzen Text vorliest, der alle Vokale enthält. Aus dieser Sprachprobe kann eine KI anschließend beliebige Sätze zusammenbauen. So perfekt, dass noch nicht einmal eine andere KI den Unterschied erkennen könnte. Stellen Sie sich vor, jemand könnte Ihnen Dinge in den Mund legen, die Sie nie gesagt haben – und es wäre nahezu unmöglich, die Fälschung zu entlarven.

Das ist kein reines Hirngespinst. Forscher der University of Chicago und Stanford haben in Studien gezeigt, dass sogenannte Deepfake Audios kaum noch von echten Sprachaufnahmen zu unterscheiden sind. In ersten Tests erkannten Menschen in weniger als 50 Prozent der Fälle, ob eine Stimme künstlich erzeugt worden war. Selbst spezialisierte Erkennungsprogramme hatten eine Fehlerquote von rund 30 Prozent.

Täuschung mit System

Besonders perfide ist, dass Deepfakes längst nicht mehr nur Prominente betreffen. Schon heute gibt es Berichte von Privatpersonen, deren Stimmen für betrügerische Anrufe missbraucht wurden: Ein angeblicher Verwandter ruft an, bittet weinend um Hilfe – und die Stimme klingt tatsächlich wie die von Sohn oder Tochter. So täuschend echt, dass Opfer erst spät merken, dass sie hereingelegt wurden.

Wenn wir heute ein Video oder eine Sprachnachricht sehen oder hören, können wir uns ihrer Echtheit nicht mehr sicher sein. Das Fundament unseres Vertrauens – das, was wir mit eigenen Augen sehen oder mit eigenen Ohren hören – wird erschüttert.

Wie wir uns
schützen können

Hier ein paar alltagstaugliche Tipps:

  1. Kritisches Hinterfragen: Wenn eine Sprachnachricht oder ein Video emotional aufwühlt oder unglaublich erscheint, lohnt es sich, eine Pause einzulegen. Fragen Sie sich: Passt der Inhalt wirklich zu der Person? Gibt es eine zweite Quelle?
  2. Authentifizierung: Viele Plattformen arbeiten an Wasserzeichen für echte Inhalte. Achten Sie auf Hinweise, ob ein Inhalt zertifiziert oder überprüft wurde.
  3. Codewörter: Im privaten Bereich könnten Sie mit engen Freunden oder der Familie ein einfaches Codewort vereinbaren, das in heiklen Situationen benutzt wird, um Authentizität zu beweisen.
  4. Digitale Hygiene: Veröffentlichen Sie möglichst wenige längere Sprachaufnahmen oder Videos von sich im Netz. Jede frei verfügbare Aufnahme kann als Rohmaterial für Deepfakes genutzt werden.
  5. Technische Hilfsmittel: Nutzen Sie, wenn möglich, Apps oder Browser-Erweiterungen, die Fake-Inhalte erkennen helfen. Zwar sind diese Programme nicht unfehlbar, aber sie können Hinweise auf Manipulationen geben.
  6. Gelassenheit bewahren: Angst ist ein schlechter Ratgeber. In einer Welt, in der Täuschung möglich ist, bleibt Vertrauen wichtig – aber eben gepaart mit einer gesunden Portion Skepsis.

In Zukunft könnte es auch hilfreich werden, sich selbst kleine Schutzmaßnahmen anzugewöhnen: Beispielsweise den eigenen Namen oder bestimmte Sprachmuster leicht zu variieren, wenn man sich online äußert. Forscher arbeiten außerdem an sogenannten akustischen Signaturen – kleine, für Menschen unhörbare Wasserzeichen in der Stimme, die ihre Echtheit bestätigen könnten. Aber bis solche Technologien zuverlässig verfügbar sind, bleibt uns vor allem eins: Wachsamkeit.

Vertrauen bleibt menschlich

Natürlich ist nicht alles schlecht. KI kann unser Leben erleichtern, neue kreative Möglichkeiten schaffen und sogar dabei helfen, Lösungen für große Probleme wie den Klimawandel zu entwickeln. Sie kann Menschen mit Behinderung neue Türen öffnen, Forschung beschleunigen und den Alltag vieler erleichtern.

Aber wie bei jeder mächtigen Technologie gilt: Es kommt darauf an, wer sie in der Hand hält – und mit welcher Absicht.

Vielleicht ist es am Ende wie mit dem Feuer: Es wärmt uns, es kocht unser Essen – aber wir hüten uns davor, damit leichtsinnig zu spielen.

Bleiben Sie wachsam und bleiben Sie menschlich! In diesem Sinne.