Gestern Abend gastierten der österreichische Dirigent Sascha Goetzel und die hochvirtuose junge Geigerin Alexandra Conunova aus Moldawien mit einem schwergewichtigen Programm im Teatre Principal: die „Tragische Ouvertüre« von Johannes Brahms, das Violinkonzert von Erich Wolfgang Korngold und Beethovens „Eroica« hatten sie im Handgepäck. Es hätte so schön sein können, aber…
Gleich in den ersten Takten der Brahms-Ouvertüre machte sich – wieder einmal – die trockene Akustik von Palmas Musentempel störend bemerkbar. Brahms gehörte gewiss nicht zu den genialen Orchester-Arrangeuren des 19.Jahrhunderts, die Instrumentationslehre von Hector Berlioz war anscheinend spurlos an ihm vorbei gegangen -, aber was die Raumakustik des Teatre Principal von seinen Klangvorstellungen übrig ließ, war an der Grenze des Ertäglichen. – Das Haus war 2007 mit großem Aufwand restauriert worden. Auch für den Raumklang hatte man ein ausgetüfteltes Konzept entwickelt. Mit speziellen Materialien sollten störende Reflexionen verhindert werden, was natürlich der Textverständlichkeit bei Theater- und Opernaufführungen entgegenkam. Nur wurde das Theater durch die Reduzierung des Nachhalls auf ein Minimum für Sinfoniekonzerte, Klavierabende, und kammermusikalische Darbietungen nahezu unbrauchbar. Was die Sinfoniker dazu treibt, immer wieder ihre Klangkultur aufs Schafott zu schicken, wo Palma doch mit dem Auditorium und dem Trui Teatre über zwei akustisch hochkarätige Spielstätten verfügt, bleibt ihr Geheimnis. Von der Brahms’schen Partitur blieb wenig mehr als die Werkstruktur übrig, denn es sind eben die sorgsam eliminierten Schallreflexionen, die der Musik Plastizität, Volumen und Farbe verleihen. Die Akustik des Teatre Principal reduziert ein buntes, schillerndes, lebendiges Klanggemälde auf ein farbloses Röntgenbild.
Trotz allem vermochte der Star des Abends, die famose Violinistin Alexandra Conunova das Publikum für sich einzunehmen. Virtuoses spiel bleibt auch unter schlechten akustischen Bedingungen hinreißend virtuos. Und mit einiger Imaginationskraft konnte man sich die edel-seidenen Fäden ihrer Kantilenen vorstellen, auch wenn sie hier zu derben Hanfschnüren wurden, die unbarmherzig am Trommelfell sägten. Wohl dem, der über genügend Fantasie verfügte, um den Schmerz durch die Vorstellung, wie wunderbar das im Auditorium – und noch mehr im Trui Teatre – geklungen hätte, zu lindern.
Über die ersten Akkorde in Beethovens Eroica hat Leonard Bernstein einmal gesagt, sie glichen Peitschenhieben, die die zierliche Unverbindlichkeit des Rokoko ein für allemal in Trümmer schlügen. Entsprechend zupackend hat er die Sinfonie dirigiert, in seiner Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern und noch mehr in der frühen Einspielung mit den New Yorker Philharmonikern von 1966. Sascha Goetzel hat eine andere Lesart. Bei ihm beginnt der erste Satz mit schön sein sollenden Es-dur-Dreiklängen, sollend deshalb, weil die Akustik eine schöne Klangentfaltung im Keim erstickte. Die vielzitierten „barbarischen Dissonanzen« in der Coda des Kopfsatzes waren nicht barbarisch, die „Majestät des Todes« im Trauermarsch war eher ein Majestätchen. Und wenn die Kontrabässe wollüstig voluminös tönen wollten, wurde ein asthmatisch-schwindsüchtiges Knurren daraus, ein Röcheln aus dem letzten Loch. Die Mickymaus-Akustik des Saales hatte dem Tiger Beethoven die Zähne gezogen.
Alles in allem war es ein Abend, der die musikalische Größe des Gebotenen allenfalls ahnen ließ. Schade, denn die Sinfoniker spielten gewohnt engagiert; die Solistin, die als Zugabe die 24.Capprice von Paganini spielte und dabei noch einmal zu virtuoser Hochform auflief, vermochte zu begeistern. – Am kommenden Donnerstag, 1.Mai, findet das 10.Abokonzert im Auditorium statt. Unter der Leitung von Pablo Mielgo spielt der junge Pianist Dmitry Shishkin Rachmanonoffs zweites Klavierkonzert; außerdem wird Musik von Manuel de Falla aus „La vida breve« und „El sombrero de tres picos« zu hören sein.
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