Ein Kunstwerk als Kulisse: Hier musiziert Leapy Lee fürs MM-Foto im Verkehrskreisel am Ortseingang von Santa Ponça.

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Während der Saison tingeln viele Musiker durch die Bars und Hotels auf Mallorca. Manche sind besser, andere nicht so gut. Aber es gibt nur einen von ihnen, der von sich behaupten kann, einmal einen Welthit gehabt zu haben.

Man sieht Lee Graham seine mittlerweile 72 Jahre nicht an. Jugendlich lächelnd mit wachen Augen nippt er am Glas. Die Älteren unter den MM-Lesern kennen ihn vielleicht noch unter dem Namen "Leapy Lee". Oder zumindest haben sie noch seinen Hit im Ohr: "Little Arrows". Man schrieb das Jahr 1968, als der Song in vielen Ländern hoch in den Charts stand. 3,5 Millionen Mal soll er weltweit verkauft worden sein. (Zum Video gelangen Sie hier.)

"Ich verdiene heute noch daran. Wenn das Lied im Radio gespielt oder zum Beispiel im Internet runtergeladen wird, gibt es etwas. Das sind aber immer nur Cents", erzählt Lee, der schon seit 1983 auf Mallorca lebt. Der Engländer hat "Little Arrows" gesungen, aber nicht geschrieben. Komponist war der große Albert Hammond. Es handelte sich um Hammonds ersten Welthit.

Lee Graham war auf der Suche nach einem Song, klapperte Plattenfirmen ab. "Das machte man damals so." Im Wartezimmer einer Company traf er Hammond, der Lieder vorstellen wollte. Die beiden fanden zusammen, der Rest ist Musikgeschichte.

Für Leapy Lee blieb es aber bei dem einen Hit. Er gehört zu den Menschen, die man unter dem Begriff "One-Hit-Wonder" ablegt. Nachfolgende Singles wie "Here comes the Rain" oder "Good Morning" kamen bei Weitem nicht an "Little Arrows" heran.

Lee scheint keine Probleme damit zu haben, auf seinen einzigen Hit reduziert zu werden. "Nein, nein", schüttelt er den Kopf. "Die meisten haben ja nicht mal diesen einen Hit., Little Arrows' war ein goldener Schlüssel, der Hunderte Türen geöffnet hat und dies immer noch tut. Das ist wie ein Bonus."

Wahrscheinlich wären Karriere und Leben von Lee anders verlaufen, wenn er nicht Anfang der 70er Jahre eine Haftstrafe hätte verbüßen müssen. Es ging um eine Schlägerei. "Die Geschichte zu erzählen, das würde zu lange dauern. Ich wurde zu drei Jahren verurteilt, weil der Richter einer falschen Aussage glaubte, und kam nach etwas mehr als einem Jahr wieder raus. Vorher dachte ich, das britische Rechtssystem sei das beste der Welt. Doch dann war ich desillusioniert."

In der Folge verschlug es Lee für sieben Jahre nach Saudi-Arabien, wo er unter anderem Shows organisierte. Dann zog er nach Mallorca, hatte zunächst eine Bar in Son Caliu, vor ein paar Jahren auch in Santa Ponça, wo er heute lebt. Hauptsächlich aber macht er Musik. An fünf Abenden pro Woche steht er im Sommer auf kleinen Bühnen. Aus Spaß, oder um Geld zu verdienen? "Ich brauche das Geld, schon allein, um meine Zwillinge zu versorgen." David und Rebecca sind elf, Lee ist alleinerziehender Vater. Von Frau Pauline, mit der er noch zwei erwachsene Kinder hat, lebt der Musiker seit einiger Zeit getrennt.

Wenn Leapy Lee musiziert, dann vor allem vor Briten. Doch er mag die Deutschen und Deutschland. "Mit ,Little Arrows' war ich oft dort, zum Beispiel in TV-Shows. Anfangs ,Beatclub', später ,Oldie-Parade'. So etwas gibt es in England nicht. Das soll alles nur jung sein." Einmal durfte Lee sogar zu einem TV-Special von Thomas Gottschalk nach Alemania reisen. Hintergrund: ",Little Arrows' ist die erste Scheibe gewesen, die Gottschalk zu Beginn seiner Zeit als Radio-Moderator gespielt hat."

Die nächsten Monate werden ruhig. Winter, keine Auftritte. Im vergangenen Jahr war Lee auf Teneriffa, acht Shows pro Woche. "Das ist jetzt nicht möglich, wegen der Zwillinge." Im nächsten Frühjahr geht es mit der Musik weiter. "Ich habe nicht den Anspruch, ein großer Star zu werden. Ich möchte aber gut für meine Kinder sorgen können."