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Beklemmend, sagt Gerd Kemper, seien vor allem die drei, vier Schleusen, die man passieren muss, bevor man "drin" ist: "Wenn die hintere sich schließt, bevor die vordere wieder aufgeht - da kann man schnell klaustrophobisch werden." Um ein Gefühl zu kriegen, wie das ist, eingesperrt zu sein - "ohne etwas Sinnvolles zu tun zu haben" -, hat sich der 69-Jährige schon vorgestellt, eine Stunde im Badezimmer eingeschlossen zu sein: "Da kann eine Stunde zur Ewigkeit werden."

Seit anderhalb Jahren unterstützt Gerd Kemper den Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Palma, Klaus-Peter Weinhold, bei der Betreuung von Deutschen, die im Gefängnis von Palma einsitzen. Jeden letzten Freitag im Monat besuchen sie 15 Häftlinge, darunter zwei Frauen. Die meisten freuten sich auf diese Begegnung, sei es doch für viele die einzige Chance sich auszusprechen über das, was ihnen auf der Seele liegt.

Von den rund 1850 Gefangenen im "Centro penitenciario" an der Landstraße nach Sóller sind etwa 50 Deutsche - darunter Anwalt, Handwerker, Student oder Arbeiter. "Jeder bringt seine eigene Geschichte mit", sagt Gerd Kemper: "Und viele waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort."

Die meisten Häftlinge verbüßen Langstrafen über fünf Jahre, und es beschäftige einen als Helfer schon, welche Schicksale die einzelnen Menschen hierher gebracht hätten. Glaube man den Geschichten Einzelner, seien es oft scheinbar nur geringfügige Vergehen: "Bußgelder, dazu vielleicht noch ein Drogendelikt." Andere, so Gerd Kemper, berichteten von einem "Blackout", einem emotionalen Kontrollverlust, und träumten nun von einer Rückkehr in ein bürgerliches Leben. Aber, so Pfarrer Weinhold: "Der Wiedereinstieg in ein normales Leben ist auch nach kurzer Haft meist schwierig."

Anfangs hatten es die Helfer schwer, hier Einlass zu finden - geschweige, kleine Mitbringsel zu übergeben. Strenge Anti-Drogen-Gesetze reduzierten den Publikumsverkehr auf ein Minimum. Jetzt sei ein "Dauerausweis" in Arbeit, der den Kontakt künftig erleichtern soll. Denn gerade die soziale Situation der Häftlinge sei desolat: "Die Familien zerrüttet, der Kontakt zu Deutschland oft total abgebrochen."

Und die "Zukunft in Freiheit" ein großes Thema: Wohin dann, wovon, zumindest die erste Zeit, leben? Schon um einen "Freigang" bewilligt zu bekommen, brauchen sie eine "feste Anschrift draußen" - alles Fragen, bei denen sie bei den Helfern ein offenes Ohr finden.

Nicht nur die Zukunft ängstigt, auch der Knast- alltag bringt seine Probleme mit sich: Oft fehlt es an einfachen Dingen wie Duschgel oder warmer Kleidung, wie jetzt in der kalten Jahreszeit: "Seit der Krise kann hier kaum noch jemand ein paar Euros verdienen." Wie die Zeit sinnvoll verbringen - gerade im Hinblick auf Resozialisation? Viel bleibt da nicht fürs Selbstwertgefühl.

Hilfe "von außen" ist daher willkommen. Vielleicht in Form einer "Patenschaft" für einen Häftling, einer (Kleider-) Spende - "Einige tragen immer noch ihre Sommersachen" - oder eines Zeitungs-Abos. Denn, so Pfarrer Weinhold: "Egal, wie man einen Menschen vorfindet - seine Würde kann ihm niemand nehmen."