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Zurzeit wird wieder vor TV-Kameras Ungeziefer verkostet ("Dschungelcamp"). Mehr oder minder schräge Sänger buhlen um die Ohren von Dieter Bohlen und seiner Jury ("Deutschland sucht den Superstar"). Mädels, die gerne in die Öffentlichkeit wollen, bezirzen den "Bachelor". Die meisten der Teilnehmer der verschiedensten Reality-TV-Formate, die in diesen Tagen und Wochen zu sehen sind, haben wohl schon eines im Hinterkopf: ihre Karriere als Ballermann-Star auf Mallorca. Denn die Vorgänger sind schon längst an der Playa de Palma ...

"Auf Qualität kommt es nicht mehr an", kritisiert Alexander Frömelt, Manager der Schlagersängerin Anna-Maria Zimmermann, die selber durch ihre Teilnahme an "Deutschland sucht den Superstar" erstmals auf sich aufmerksam gemacht hatte. "Ich habe kein Problem damit, wenn man DSDS als Sprungbrett nimmt. Aber man muss sich doch mal zum Beispiel Micaela Schäfer oder den Bachelor Paul angucken. Die werden als DJs verkauft. Die können gar nichts."

Tatsächlich hat sich die Partyszene an der Playa de Palma gewandelt. Noch vor etwa 15 Jahren bejubelten die deutschen Touristen in Würde ergraute Schlagerstars wie Jürgen Marcus, Chris Roberts, Christian Anders oder Bernd Clüver. Es folgte eine Phase, in der neue Helden Oberbayern, Bierkönig und Mega-Park (die wichtigsten Locations für Auftritte) eroberten.

Oftmals mit Texten, die unter die Gürtellinie gingen, bis jedes Körperteil mehrfach besungen war. Auf einmal entwickelten sich Partystars wie Mickie Krause, Peter Wackel, Möhre, Markus Becker oder Olaf Henning. Sänger, die die ZDF-Hitparade nur vom Hörensagen kannten. Im Radio wurden ihre Lieder nicht gespielt, im Fernsehen fanden diese Helden der Playa nur statt, wenn sie in Sommer-Sonne-Saufen-Reportagen mitspielten. Aber an der Playa de Palma und bei Mallorca-Partys in Deutschland wurden sie bejubelt - und finden auch heute noch ihr Publikum.

Neben den etablierten Sängern suchen heutzutage viele halbfertige TV-Stars ihr Glück an der Playa de Palma. Ein Beispiel: Von den TV-bekannten Kandidaten der 2012er Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" konnte man im vergangenen Jahr sechs im Oberbayern erleben: Christian Schöne, Kristof Hering, Vanessa Kraniqi, Silvia Amarú, Hamed Anousheh und Joey Heindle. Letztgenannter weilt in diesen Tagen gerade im Dschungelcamp und wird bestimmt bald wieder an der Playa sein.

Beatrice Ciccardini, die sich seit Jahrzehnten um das Künstler-Booking für Oberbayern und Bierkönig kümmert, meint: "Das Publikum will die Leute sehen, die es aus dem Fernsehen kennt. Die Urlauber wollen Fotos machen und Autogramme bekommen." Deswegen guckt die Schweizerin in diesen Tagen fern. "Von der neuen Bachelor-Staffel, da würde ich die eine oder andere Kandidatin nehmen."

In Oberbayern und Bierkönig trifft man neben den erwähnten schon einige andere Reality-TV-Stars. Zum Beispiel Kim Gloss (DSDS, Dschungel), Schäfer Heinrich ("Bauer sucht Frau"), Thomas Karaoglan (bekannt als "Der Checker", DSDS, "Let's Dance", "Die Alm"), Marco Angelini (DSDS).

Ähnlich sieht es aus im Mega-Park-Komplex. Zu den Stars der vergangenen Saison gehörten dort Micaela Schäfer ("Germanys next Topmodel", Dschungel), Gina-Lisa Lohfink (ebenfalls "Germany's next Topmodel"), "Bachelor" Paul Janke und Schauspieler Raúl Richter, der gerade DSDS moderiert. "In der Megarena machen wir seit eineinhalb Jahren verstärkt Motto-Partys mit Special Guests", erläutert Mega-Park-PR-Chef Andy Bucher, warum die TV-Gesichter verpflichtet werden.

Viele der Sänger, die in den vergangenen Jahren im Mega-Park aufgetreten sind, können die Urlauber heutzutage nicht mehr so begeistern. Dazu zählt zum Beispiel Michael Wendler, der 2012 keinen Auftritt an der Playa hatte. Bucher: "Wer hier bestehen will, der braucht Kraft. Was wirklich zieht, also das Ergebnis, bekommen wir noch in der jeweiligen Nacht zu sehen."

"Für die Betreiber der Lokale ist es natürlich einfacher, fertige Stars zu nehmen. Und wenn einer schon nach einer Saison durch ist, dann ist das eben so. Es gibt ja auch viel mehr solche TV-Formate als früher", meint Spaßmacher Peter Wackel. Ähnlich sieht es Mickie Krause: "DSDS hat alles überflutet." Der Blödelbarde würde trotz zahlreicher gewordener Konkurrenz nicht in den Dschungel gehen, um seinen Marktwert zu erhöhen. "Früher hätte ich mir das mal vorstellen können, heute nicht mehr."

Zwei, die man in der Szene der Party-Musik gut kennt, sind derzeit im Dschungel: Klaus Baumgart vom Duo Klaus und Klaus, der früher ein Haus in Cala d'Or hatte und viele Auftritte an der Playa de Palma absolvierte, sowie Silva Gonzalez, Sänger des Pop-Trios Hot Banditoz. Silva und seine Mädels werden im Sommer sicher wieder den einen oder anderen Mega-Park-Auftritt haben, bei Klaus und Klaus muss man abwarten.

Und wer schafft noch den Sprung von den Kakerlaken zur Sangria? Mega-Park-Mann Bucher: "Was da im Dschungel rumläuft, das interessiert mich wenig." Anna-Maria Zimmermann-Manager Frömelt tippt: "Die Mutter von Daniela Katzenberger wird man bestimmt an der Playa de Palma sehen. Mit der produziert sicher jemand ein Lied." Ganz gewiss steigt auch Allegra Curtis in den Flieger nach Palma. Das hat dann allerdings nichts mit Party zu tun - die Tochter des verstorbenen Hollywoodstars Tony Curtis lebt auf Mallorca.

Dass die TV-Promis zu Mallorca-Stars werden wollen, ist übrigens kein Selbstzweck. Sie verdienen auf der Insel zumeist kein Vermögen, schließlich muss sich ihr Mehrwert für die Diskothek rechnen. Aber das Prädikat "Mallorca-Star" kann die Gagen in Deutschland steigern. Getreu dem Motto, wer die Urlauber in Stimmung bringt, der schafft's auch in der Heimat.

Der Versuch kann allerdings auch nach hinten losgehen, wie schon oft zu sehen war. So scheiterte Schlagerstar Michelle 2012 im Bierkönig, weil sie die falschen Lieder sang. DSDS-Vize Menowin Fröhlich wollte 2010 insgesamt 20 Konzerte auf der Insel geben. Doch im Bierkönig wurde er hemmungslos ausgebuht - Traum geplatzt. Peter Wackel: "Ich kenne viele, die Schiss vor Mallorca haben. Denn egal, ob man ein TV-Star ist, oder anders den Weg an die Playa de Palma gefunden hat - hier muss man erst mal bestehen."