Marie-Luise Eicke lebt seit 18 Jahren auf Mallorca.

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In Deutschland war ihre Welt die Musik der Renaissance und des Barock. Als Solistin und im Kammerorchester spielte sie die historische Laute. Auf Mallorca dreht sich das Leben von Marie-Luise Eicke um 24 Kühe, zehn Ponys, ein Dutzend Hühner, Hunde, Katzen und Bienen. Vor 18 Jahren zog die schlanke Norddeutsche auf einen Bauernhof bei Llubí im Inselinneren. "Eine Freundin hatte mir die Finca überlassen, um hier eine biodynamische Landwirtschaft aufbauen", erzählt Eicke.

Die Musik liebe sie, aber in der Landwirtschaft trete der Mensch in einen Austausch mit der Natur: "Ich biete der Pflanze etwas an. Wie reagiert sie? Nimmt sie es an?" Das finde sie spannender, als nur mit "Menschengemachtem" zu arbeiten.

Die Biodynamik wurde von dem Anthroposophen Rudolf Steiner Anfang letzten Jahrhunderts begründet. Biodynamisch bedeute, die Natur nicht auszubeuten wie eine Mine, sondern das Produktionsmittel zu fördern, erklärt Eicke: "Ich sehe zu, dass der Boden lebendig und die Tiere gesund bleiben, und dass Pflanzen und Tiere artgerecht wachsen können."

Was heute unter ökologischem Anbau verstanden werde, gewährleiste ja erst einmal nur Giftfreiheit. "Meine Nahrung soll mich aber nicht nur nicht vergiften, sondern sie soll mir Kräfte zuführen, so dass ich mein Leben gesund und auf wache, konstruktive Art leben kann." Nach der Biodynamik gedeihen Pflanzen und Tiere am besten im Einklang mit den natürlichen Rhythmen. In Aussaat und Pflege werden Mondphasen, Sonneneinstrahlung und die Stellung von Planeten beachtet.

"Die Speise wird reicher und feiner im Geschmack und befriedigt so besser die Sinne", sagt Eicke. Sie werde spürbar nahrhafter. Als sie auf die Insel kam, hatte man noch wenig Verständnis für alternative Lebensstile, erinnert sich Eicke. Die soziale Isolation sei das Schwerste am Anfang gewesen. "Die ist entweder ganz arm oder ganz reich", hätten die Mallorquiner gemunkelt, wenn sie mit dem Rad unterwegs gewesen sei. Heute preisen ihre Nachbarn sie als bestangepasste Deutsche im Inselinneren. Die Landessprache zu erlernen hält Marie-Luise Eicke für selbstverständlich. Sprachbarrieren dürften das Zusammenleben nicht dauerhaft verhindern.

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Am Inselleben schätzt die Wahlmallorquinerin, dass sie hier Freunde aus verschiedenen Kulturen hat, und natürlich, dass ihr der Garten das ganze Jahr über etwas zuwachsen lässt. Die Einnahmen aus dem Biohof ergänzt Marie-Luise Eicke mit Kursen in Aikido, Meditation und "Landwirtschaft zum Anfassen". Die konventionelle Landwirtschaft ruiniere die Böden quasi, betont sie. Mehrere Millionen Hektar Ackerfläche würden weltweit jedes Jahr unbrauchbar. "Sie verlieren ihre Fruchtbarkeit, und dann schütten wir noch mehr Dünger drauf."

Bei den begrenzten Ressourcen gelte es, in Kreisläufen zu arbeiten, die Vielfalt von Tieren und Pflanzen zu fördern. Die Menschen entfernten sich immer mehr von der Landwirtschaft, meint Eicke. Das zeige schon die Trennung zwischen Haus- und Nutztieren. "Die einen werden verhätschelt, die anderen isst man auf, und von denen will man nicht mal den Namen wissen."

Eicke ist keine Vegetarierin. 150 Gramm Fleisch pro Woche täten ihr gut, habe sie festgestellt, aber sie esse mit Dankbarkeit. "Du gibst mir wichtige Aminosäuren. Dafür will ich, dass du gut lebst." Wenn das Tier anonym sei, esse man aus Gier viel mehr als nötig. Sie sehe eine Getriebenheit von Menschen mit schlechtem Gewissen. "Aber sie können das nicht benennen und wollen das auch nicht, sie stürzen sich lieber in die Arbeit und den nächsten Kauf."

Man müsse die Traute haben, hinzuschauen und zu fragen: Will ich das eigentlich – diesen Stress oder dieses Auto? Brauche ich das? "Das ist für mich der richtige Schritt und das ist für mich Bio: wirklich liebevoll mit sich umgehen, denn dann gehen wir auch liebevoll mit der Umwelt um."

(aus MM 17/2014)