Der Journalist wurde am 4. Mai 1864 in Campanet geboren und starb 1920 in Barcelona. | Foto: Archiv Ultima Hora

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Tourismus auf Mallorca ist keine Erfindung ausländischer Reiseveranstalter. Ihn gibt es auch nicht erst seit der Landung der ersten Chartermaschinen auf dem Flughafen von Son Sant Joan. Die Gedanken, kritische wie positive Äußerungen über das Phänomen Fremdenverkehr, sind auf der berühmten Ferieninsel gut hundert Jahre alt: 1890 schrieb der Journalist Miquel de los Santos Oliver (geboren in Campanet 1864, gestorben in Barcelona 1920) in der damaligen Tageszeitung "La Almudaina" in Palma regelmäßige Kolumnen mit dem Titel "Páginas Veraniegas" (Seiten über den Sommer) und "Desde mi terraza" (Von meiner Terrasse).

So lesen wir bei de los Santos Oliver: "Wenn erst ein erster Schritt getan sein wird, ergibt sich alles Weitere aus der Energie der einsetzenden Entwicklung. Der erste Schritt wäre der Bau eines Gran Hotels, einer echten Nobelherberge für Gäste mit höchsten Ansprüchen, die sich aufs Beste gesittet zu bewegen wüssten, ein erstklassiges Publikum, das Eleganz zu schätzen weiß. Elegant und modern müsste auch das Hotel sein, das sie aufnehmen würde." Alles in allem ging es Miquel de los Santos Oliver um das, was viele Jahrzehnte später als "Qualitätstourismus" bezeichnet wurde. Allerdings forderte er als Bedingung auch ein qualitativ hohes Umfeld.

So entstand das Gran Hotel in Palma - heute ein viel frequentiertes Kulturzentrum der Sparkasse La Caixa. Die Eröffnung des Hotels am 10. Februar 1903 war ein für die Stadt spektakuläres Ereignis und de los Santos Oliver war maßgeblich daran beteiligt.

In diesem Jahr jährte sich am 4. Mai zum 150. Mal sein Geburtstag, und sowohl auf Mallorca als auch in Barcelona wird er im Oktober dieses Jahres durch eine Vortragsreihe in der Balearen-Universität und im Institut für Katalanische Studien in Barcelona, dessen Mitbegründer er war, geehrt.

Miquel de los Santos Oliver, nachdem heute auch das Haus benannt ist, in dem der Verlag "Grupo Serra" am Paseo Mallorca seinen Sitz hat, war ein Journalist mit Visionen. Er war an der Entwicklung des Modells des "Tourismus der großen Zahl" beteiligt, jene Form des Urlaubs, den wir heute oft abschätzig als "Massentourismus" bezeichnen. Auch wenn dabei die alte Frage unbeantwortet bleibt: Verbauen Betonburgen das Meer oder machen sie es für viele erst sichtbar?

De los Santos Oliver leitete viele Jahre lang die Zeitung "La Almudaina", die sein Vater, Joan Lluís Oliver, 1887 gegründet hatte und die bis 1953 erschien. Er war ein Mann des Wortes. Seine journalistischen Arbeiten schrieb er in Spanisch, seine Erzählungen und seine Lyrik in Katalanisch. Immer wieder sprach er sich für die Eigenständigkeit der katalanischen Sprache und damit auch des Mallorquín aus.

Nachdem er sein halbes Leben auf Mallorca verbracht hatte, ließ er sich 1904 in Barcelona nieder. Dort galt er, wie zuvor schon hierzulande, bald als einer der wichtigsten Intellektuellen der Region. 1906 übernahm er die Leitung der katalanischen Tageszeitung "La Vanguardia". 1907 wurde dort, auch aufgrund seiner Initiative, das Institut für Katalanische Studien gegründet.

In Barcelona und hier sprach er sich für eine Wiederbelebung der regionalen Sprache, Kultur und einer autonomen Politik aus, immer in Zusammenhang mit der sogenannten "Renaixença", dem Aufschwung der katalanischen Sprache und Kultur gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Aufgrund der Einwirkung von Miquel de las Santos Oliver wurde Katalanisch auch wieder Gegenstand linguistischer Forschung.

Heute sind seine Gedanken und Ideen zum Thema Tourismus und zur Sprachenpolitik auf den Balearen und in Katalonien aktueller denn je. Den Terror und Horror des Spanischen Bürgerkrieges hat er nicht mehr erlebt. Es hätte ihm wohl das Herz zerrissen.

(aus MM 27/2014)