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Dem Westernhelden ist nicht nach "High Noon" zumute. "Bringen Sie uns an einen ruhigen Ort", sagt er dem Taxifahrer in Palma.

Zufällig hatten Gary Cooper (1901-1961 und seine Assistentin erfahren, dass die Pressemeute ihn im Hotel Formentor vermutete und dort stellen wollte. Schon wieder Interviews und die üblichen Fragen zu mehr als 25 Jahren Hollywood-Karriere. Insbesondere seit seinem Oscar von 1953 für den Western-Klassiker "Zwölf Uhr mittags".

"Zum Teufel damit, ich will diesen Tag für mich haben", denkt Gary Cooper. Bekannt und gefeiert für seine Rollen als schweigsamer, einsamer Westernheld, macht er sich auch im realen Leben rar - erst recht an einem so schönen Sommertag, 1956, auf Mallorca.

Dass jener Tag des Gary Cooper nicht in Vergessenheit geraten ist, ist vor allem Eugenio Molina zu verdanken. Der 68-jährige Mallorquiner hat im ehemaligen Sommerhaus seiner Eltern die alten Fotos an die Wand gehängt. Jeder, der sich in seinem Restaurant "Ibizza" die Hände waschen geht, kommt im Kaminzimmer an den gerahmten Bildern vorbei. Zu sehen sind auf den Schwarz-Weiß-Aufnahmen Gary Cooper am Strand von Magaluf, Cary Cooper im Liegestuhl, Gary Cooper in geselliger Runde mit den Fischern, Gary Cooper und ein zehn Jahre alter Junge: Eugenio Molina.

"Ich hatte damals keine Ahnung, wer Gary Cooper war", sagt der 68-Jährige. Aber dass ein Fremder, noch dazu ein Ausländer, den Strand von Magaluf aufsuchte, und das sogar im Taxi - das steht Molina noch heute so vor Augen, als wäre es gestern gewesen.

Magaluf 1956: Das hat mit der von britischen Urlaubern dominierten Tourismusmeile kaum etwas gemein. Das Haus, in dem Eugenio Molina die Sommer seiner Kindheit verbrachte, war das dritte, das dort errichtet worden war. Es lag (und liegt!) in einem Kiefernwäldchen direkt am Strand, westlich davon schließt sich heute das Hotelgebäude des Wave House an, östlich davon befindet sich der laute Rummel der berüchtigten "Punta Ballena"-Straße, in der jeden Abend, gelinde gesagt, die Post abgeht. Selbst der von Gary Cooper in "High Noon" verkörperte Town Marshal Will Kane dürfte trotz seines sechsschüssigen Colts überfordert gewesen sein, die dortigen Skandale der jüngsten Zeit um Sex-Videos und Polizeikorruption zu unterbinden.

Als Eugenios Vater 1950 auf Wunsch seiner Frau das Sommerhaus errichtet, ist die gesamte Playa von Magaluf von einem Kiefernwald umgeben. Der Strand gehört in seiner ganzen Länge einem Adeligen, der damit begonnen hat, einzelne Parzellen zu verkaufen. Eugenio Molina senior erwirbt 3500 Quadratmeter zum Preis von 1,5 Pesetas der Meter. Beim Bau des Hauses achtet er besonders darauf, so viele Bäume wie möglich stehen zu lassen.

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Als Gary Cooper aus Palma kommend in Magaluf eintrifft, herrscht dort unter der Woche himmlische Ruhe. Lediglich an den Sonntagen kommen Badegäste, mit Booten oder Eselskarren. Sie picknicken zwischen den Bäumen und suchen Entspannung am Wasser. "Ich fand dort später einen Dosenöffner und einen Kamm. Das waren Trophäen für einen Jungen!"

Gary Cooper genießt Strand und Meer in vollen Zügen. Später bieten ihm die Fischer ein Stück Honigmelone an. Da bittet er um ein Messer, um sie essen zu können. "Die isst man nicht mit dem Messer, die isst man so", wird ihm gedeutet. Mit beiden Händen hält ein Fischer den Keil fest und beißt hinein. Der Filmheld tut es ihm prompt gleich. Saftige Honigmelonen ...

Cooper sitzt später im Schatten der Veranda bei den Molinas, unterhält sich ein wenig mit den Eltern. Was genau gesprochen wurde, das weiß heute niemand mehr. Nur eines ist überliefert: "Er sagte, er habe seit Jahren nicht mehr einen so entspannten Tag verleben können."

Molinas Eltern leben in dem Haus, bis beide im Alter von fast 100 Jahren diese Welt hinter sich lassen. Vor etwa zehn Jahren eröffnet ihr Sohn dann dort eine lauschiges Pizzeria samt Cocktailbar, ohne dass an dem Haus etwas verändert wird. Einzig Eugenio Molinos ehemaliges Kinderzimmer ist heute die Küche des Gastronomiebetriebes.

Der 68-Jährige kann gar nicht mehr zählen, wie oft ihm wie viele Millionen Euro geboten wurden, um zu verkaufen. Er jedoch möchte alles so bewahren, wie er es von seinen Eltern kannte. "Geld ist eben nicht alles im Leben."

Kaufwillige, die dort am liebsten einen Gebäudekomplex errichten würden, beschwören ihn, er könne mit den Millionen anderswo Land kaufen und sich ein Paradies schaffen. "Ein Paradies?", pflegt Molina dann zu antworten, um dankend abzulehnen: "Aber ich hab' doch schon eins!"

(aus MM 38/2014)