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"Wer hat, der soll seine Seile mitbringen und seinen Fesselpartner", meint Hera Delgado. Die 31-Jährige organisiert am 28. Juni ein Bondage-Picknick in der Cala S'Algar bei Felanitx. Hier suchen Menschen, die von Fesselspielen begeistert sind, die Öffentlichkeit. Es handelt sich um eine Initiative, die weltweit zur gleichen Zeit stattfindet. Das erste Picknick gab es 2009 in Barcelona. Von dort aus rollte die Idee um die Welt. Weil man nicht anecken will: Alle bleiben angezogen.

In der deutschen Sado-Maso-Szene ist Hera Delgado eine bekannte Persönlichkeit. Die Berlinerin, die seit zweieinhalb Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Montuïri hat, führt seit ein paar Jahren Regie bei Filmen, die der Klientel gefallen. Auch privat lebt sie ihre Leidenschaften in der sogenannten BDSM-Szene aus. Vor allem fürs Fesseln kann sie sich begeistern. "Ich persönlich genieße es, wenn sich jemand in meine Hände begibt und fallen lässt. Ich finde es schön, Emotionen in Menschen auszulösen. Das kann ich mit dem Fesseln sehr gut." Dann überrascht Delgado im MM-Gespräch. Mit Sex habe Bondage (das englische Wort für Fesseln) für sie nichts zu tun. "Ich mag es, Hingabe zu spüren. Das hat für mich keine sexuelle Komponente." Andere Mitglieder in der BDSM-Szene sähen das freilich ganz anders. Wenngleich es überwiegend so sei, dass zwischen den Anhängern dieser Praktiken kein Geschlechtsverkehr stattfinde.

"Als Teenager habe ich ganz normalen Sex gehabt, dabei aber nichts empfunden. Das ist noch heute so." Irgendwann hat sie dann BDSM entdeckt. "Das ist halt mein Ding. Ich lerne viele interessante Männer kennen und kann mit denen nichts anfangen. Da gibt es einfach keine Schnittstelle", meint Delgado, die eigenen Angaben zufolge in mehreren festen Beziehungen lebt. "Normalen" Sex hat sie nicht, Orgasmen auch nicht. "Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen durch das Leben rennen auf der Suche nach dem nächsten Orgasmus. Lust ist etwas Tolles. Aber das ist doch nur ein Gefühl von vielen. Das ist so, als würde ich sagen, ich will nicht den ganzen Regenbogen sehen, sondern nur lila."

Hera Delgado steckt tief drin in der BDSM-Szene. Bondage ist ihr Liebstes, schlagen und geschlagen werden nicht unbedingt ihr Fall. "Ich lass mich nicht hauen." Nur selten erhebe sie selbst mal die Hand.

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BDSM ist durch den Film "Fifty Shades of Grey" in die öffentliche Diskussion gekommen. Ist der Streifen Fluch oder Segen? "Die ganze Szene ist sich dahingehend einig, dass dieser Film BDSM falsch darstellt. Einige sagen, dass ist erstmal nicht so schlimm, wenigstens wird darüber geredet und man hält BDSM nicht mehr für Teufelszeug. Kann man so sehen." Es ergebe sich durch den Film aber ein anderes Problem. "Meine Erfahrung ist, dass sehr viele Frauen in die SM-Klubs gerannt sind, weil sie gesagt haben, das ist genau mein Ding. Geiler Sex mit einem Mann, der mich ein bisschen dominiert. Dann haben die einen Riesenschreck bekommen, als sie gemerkt haben, wie die Realität aussieht und kommen nie wieder. Weil es eben nichts mit Sex und Lust zu tun hat, weil es nicht auf den Höhepunkt zusteuert."

Es sei schwierig, die BDSM-Szene zu beschreiben, meint die Insiderin. Weil die Mitglieder und deren Vorlieben so unterschiedlich sind. "Ich vergleiche es manchmal mit der Homosexuellenszene. Da wird gesagt, die haben schon viel mehr erreicht, sind viel akzeptierter. Aber die haben wenigstens alle was gemeinsam, sie stehen auf das eigene Geschlecht. Aber was haben wir gemeinsam, außer, dass wir alle anders sind? Aber jeder ist für sich anders."

Ein Anderssein, das oftmals konkrete Ursachen hat, wie auch Hera Delgado weiß. "Die SM-Szene ist voll von Menschen mit psychischen Problemen, voll von Leuten mit Borderline-Syndrom oder Menschen, die sonst irgendwelche psychischen Abweichungen aufweisen. Aber das betrifft eben nicht alle. Ich würde es vielleicht Hälfte/Hälfte einschätzen."

Nach ihrem Umzug auf die Insel suchte Delgado nach Gleichgesinnten. Sie fand welche und lädt inzwischen etwa einmal im Monat zu einem BDSM-Stammtisch in das Restaurant Arxi an der Cala Estància (Can Pastilla) ein (nächster Termin 21. Juni). Es handelt sich um eine rein deutsche Veranstaltung. Der Versuch, sich gemeinsam mit Spaniern zu treffen, sei unter anderem daran gescheitert, dass diese die Öffentlichkeit noch mehr meiden als deutsche BDSMer. Außerdem kommen im Sommer zahlreiche Urlauber zum Stammtisch und es gibt Sprachprobleme.

(aus MM 21/2015)