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Liebevoll rückt Manuel Martín ein Teeservice aus Messing zurecht. Leicht orientalisch ist es angehaucht und glänzt in der Sonne. "Das, was ich hier verkaufe, sind fast Unikate. Um die noch einmal woanders zu finden, muss man schon sehr viel Glück haben", erzählt er nicht ohne Stolz. Drei Jahre lang verkauft Martín nun schon Artikel auf dem Flohmarkt im Nordosten von Mallorca: jeden ersten Sonntag des Monats in Artà, jeden zweiten Sonntag im Monat in Cala Rajada.

Er kommt fast immer, im Sommer wie im Winter. Ramsch kommt ihm nicht auf den Verkaufstisch. "Ich wähle meine Ware mit Bedacht aus", betont er. Bei Haushaltsauflösungen hält er Ausschau nach alten Schätzchen, vorwiegend aus Holz und Metall. Von großen schweren Vasen bis hin zu kleinen, filigran geschnitzten Holzkästchen ist jede Größe vertreten. "Die Touristen kaufen natürlich nur die Sachen, die sie auch im Flugzeug transportieren können."

Touristen gibt es viele auf dem Flohmarkt in Cala Rajada, fast alle kommen aus Deutschland - typisch für das kleine, im Nordosten gelegene Küstendorf. Auf dem Asphalt am Rand des Flohmarkts hat ein Mallorquiner sogar alte deutsche Bücher ausgebreitet. "Läuft nicht so gut", brummt er. "Die Leute scheinen Sachen original von hier zu suchen." Auch Uli und Krimhild aus Witten schlängeln sich durch die Menschenmenge an den zahlreichen Ständen um das Kulturzentrum. Seit 1982 kommen sie jährlich nach Cala Rajada. "Zum Tauchen. Aber wenn der Flohmarkt in unsere Urlaubswochen fällt, dann schauen wir da auch immer mal vorbei", erklärt Uli. "Meist gucken wir nur. Das machen wir in Deutschland auch oft so", ergänzt Krimhild.

Im Vergleich zu den unzähligen Touristenläden gleich um die Ecke wirkt das Angebot auf dem Flohmarkt angenehm authentisch. Hier finden sich tatsächlich typisch mallorquinische Antiquitäten. Aber auch vom gebrauchten Fahrrad bis hin zu antiken Feuerzeugen ist alles dabei.

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Francisca beispielsweise verkauft nur Dinge, die sie in ihrem eigenen Haus findet, versichert sie. Das könne alles Mögliche sein. So, wie die alte Ölkaraffe mit dem mallorquinischen Aufdruck, die direkt vor ihr steht, oder der dekorative Krimskrams daneben. "Das hier sind zum Beispiel gehäkelte Stofftaschentücher von meiner Erstkommunion. Und diese kleinen Vasen hier gehörten schon meiner Großmutter", berichtet sie. Ihre Kinder sind mittlerweile groß. Statt Spielzeug, Schulrucksäcke oder Kleidung wegzuwerfen, verkauft Francisca die Dinge. Wie Antiquitätensammler Manuel Martín preist auch Francisca ihre Waren sowohl in Cala Rajada als auch in Artà an. "Das sind die einzigen Flohmärkte hier im Nordosten, bei denen wir keine Standgebühren zahlen und uns nicht anmelden müssen."

Ganz nach dem Motto "wer zuerst kommt, baut zuerst auf" formieren sich die Stände in der Querstraße zur kommerziellen Carrer de l'Agulla bis hin zum Parkplatz hinter dem Kulturzentrum. Die Konsequenz: Spätaufsteher haben das Nachsehen. "Ich war schon um sieben Uhr hier", berichtet Rosamarí vom Stand nebenan. "Das reicht so gerade, um einen guten Platz zu bekommen." Dabei geht es offiziell erst um zehn Uhr los. "Aber viele Kunden kommen auch schon früher." Rosamarí hat sich auf Baby- und Kinderkleidung spezialisiert. Alles, was sie verkauft, kommt aus der Familie oder von Freunden. "Ich habe vier Geschwister, mein Mann fünf und sie alle haben Kinder, da kommt einiges zusammen und jede Woche mehr." Solange die Kleidung nicht kaputt ist, besteht sie vor ihrem strengen Blick. Auch eine dunkelblonde Kundin begutachtet die Ware genau: Susanne aus Braunschweig. "Wie viel kostet die Hose", fragt Susanne. Zwei Euro, da muss nicht mehr verhandelt werden. "Es ist toll, ich liebe Flohmärkte auch in meiner Heimat Braunschweig", erzählt sie. Gerade für Kinderkleidung sei Second-Hand ideal. Und ein, zwei kleine Höschen passen zur Not auch ins Handgepäck.

Solche Gedanken muss sich Isabel nicht machen. Die Mallorquinerin wohnt in Cala Rajada, "gleich hier um die Ecke", erzählt sie. Jeden Monat erweitert sie den Spaziergang mit Hund Rufo und guckt beim Stand von Juan Salido vorbei. Hier gibt es Schmuck und Accessoires zum Spottpreis. Diesmal kauft Isabel Tassenuntersätzer für die Tochter und Krimskrams für den Mann. "Und was schenkst du mir heute", fragt Isabel erwartungsvoll. Juan guckt gespielt empört, packt ihr dann aber eine beige Halskette ein. "Als Erinnerung an mich", scherzt er.

Gegen 13 Uhr beginnen die ersten Händler einzupacken. Auch Manuel Martín verstaut seine Antiquitäten. "Heute war kein schlechter Tag, ich habe einiges verkauft", erzählt er. Doch das sei nur ein Nebeneffekt. "Ich mache es vor allem aus einem Grund: Ich mag Flohmärkte."

(aus MM 39/2015)