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Ein Mann rudert mit seinem Kajak an den Strand, leise klatscht es, wenn das Paddel ins Wasser taucht. Nach wenigen Schlägen lauft das Kajak auf Grund. Ein Mädchen versucht zu helfen, das Plastikgefährt auf den Sand zu ziehen. Am Strand bauen zwei Frauen mit einem Kleinkind Sandburgen, hinter ihnen wetzt ein Jagdhund über das angespülte Seegras hinweg seinem Herrchen hinterher.

Kein Liegestuhl steht am Strand von Son Serra de Marina, kein Sonnenschirm steckt im Sand, es gibt keine Strandbar und keine fliegenden Händler. "Besonders mögen die Leute an Son Serra, dass der Strand so ist, wie er ist", sagt Thomas Heilig, Geschäftsführer des Restaurants "El Sol", das sich in erster Meereslinie befindet. Das angeschlossene Hostal ist die einzige größere Ferienvermietung des Ortes. Ein Stück weg vom Küstendorf in Richtung der Gemeindegrenze zu Artà fühlen sich FKK-Freunde wohl. Wenn das die ersten Käufer der Grundstücke wüssten: Denn als Son Serra in den 1960er Jahren entstand, wurde in den Kaufverträgen ausdrücklich fest geschrieben, dass Frauen und Männer keinesfalls zusammen baden dürfen.

Seine Eigenheit hat sich Son Serra allerdings bewahrt, beinahe wie in einem gallischen Dorf kämpfen und kämpften die Bewohner gegen den Massentourismus an: Naturschützer und Nachbarn verhinderten in den 1990ern den Bau der Mega-Urbanisation "Ravena", geplant war eine Feriensiedlung für 30.000 Personen. Stattdessen wurde die Dünenzone des Strands Sa Canova unter Naturschutz gestellt. 2012 wollte ein belgischer Investor dort 200 Luxusbungalows bauen, auch dieses Vorhaben wurde verhindert.

Seit Monaten kämpfen die Anwohner, Sommerhausbesitzer und Feriengäste des Ortes im Norden von Mallorca gegen ein neues Vorhaben. Die Gemeinde Santa Margalida will auf dem Strand Sa Canova nahe der Ortsgrenze zu Artà einen Strandkiosk errichten, auch eine Lizenz für Liegen und Sonnenschirme vergeben, um für die Pflege des Strandes Geld einzunehmen. Tausende demonstrierten dagegen. Eine verkleinerte Version der Pläne wurde diskutiert. "Wir haben noch nicht gewonnen", sagen Mitglieder der Protestplattform "SOS Son Serra". Sie fordern eine nachhaltige Lösung. "Wir sind keine Radikalen, sondern wollen zu einer Einigung finden", betonen die jungen Frauen, die ihren Sonntag am Strand verbringen und ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten.

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"Die Anwohner sind noch hellwach, was die Problematik des Chiringuitos betrifft", sagt Thomas Heilig. Mit dem Projekt komme in Son Serra etwas in Bewegung, von dem er noch nicht wisse, ob es positiv sein werde. "Der Strand ist hier das letzte unberührte Paradies Mallorcas." Dieser Ansicht sind auch Antonia Ferrer und Gabriel Bauzà. Die Mallorquiner kennen den Ort seit ihrer Kindheit, verbringen die Wochenenden und Sommermonate in ihrem Ferienhaus: "Wir wollen keinen Chiringuito", sagen sie. Wer nach Son Serra komme, suche Ruhe und Natur: "Für Partys gibt es andere Zonen auf Mallorca."

Wegen des Trubels hat Familie Gärtner Can Picafort den Rücken gekehrt und Son Serra für sich entdeckt. Seit drei Jahren kommen sie nun schon dorthin: "Wir lieben die Ruhe hier, es gibt keine Verkäufer am Strand, Liegen und Schirme haben in Son Serra nichts verloren."

Den Status quo mögen auch Angelika und Gisbert Hotz aus Osnabrück,. Sie kennen den Strand seit 20 Jahren: "Natürlich wünschen wir uns keinen Massentourismus für Son Serra." Doch wenn die Gemeinde durch die Lizenzvergabe für einen kleinen Strandkiosk Geld einnehme könnte, würde das Son Serra zugutekommen, durch mehr Rettungsschwimmer oder dem Aufstellen von Mülleimern beispielsweise.

Eine erste Strandbar hat der Ort vor einigen Tagen bekommen, allerdings nicht auf Sand. Ein Fertigteil-Chiringuito wurde auf ein Privat-Grundstück in erster Meereslinie gestellt. Die Bauaufsicht des Inselrats hat am Dienstag weitere Arbeiten an dem Kiosk untersagt, weil die Baugenehmigung fehlt, teilt das Amt mit. Es rumort im "letzten Paradies" Mallorcas. Das Gemeindeblättchen "Revista Can Picafort" schießt scharf gegen den Bauherren sowie den zuständigen Gemeinderat, sie sollen verschwägert sein und nur deshalb wurde der Strandverkauf ermöglicht.

Es stehen auch Veränderungen in der Küstenstraße an: Händler, die ihre Stände dort aufbauen, müssen umziehen, außerdem kommt ein Parkverbot. Anwohner hatten sich beschwert, dass Wohnmobile ihnen die Sicht aufs Meer versperren. Son Serra ist ein beliebter Anlaufpunkt für mobile Camper. Die Gemeinde ließ bereits neue Behindertenparkplätze sowie einen Stellplatz für Rathausmitarbeiter auf der Straße aufzeichnen, denn sie werden auch weiterhin in erster Linie parken.