Jörg Knör gilt als einer der besten deutschen Stimmenimitatoren: "Man sagt, Inge Meysel könne ich besonders gut." | P. Czelinski

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Sein Talent habe er bereits während der Gymnasialzeit entdeckt, erklärt Jörg Knör. "In der Schule habe ich geübt, die Stimmen der Politiker zu imitieren - vor allem Brandt und Strauß. Am besten ging das auf der Schultoilette, da hallte es so schön, das klang wie im Bundestag." Dass aus ihm einmal einer der facettenreichsten deutschen Parodisten werden sollte, mag Knör damals nicht geahnt haben. "Aber in die Rollen anderer zu schlüpfen, das hat mir schon immer gefallen."

Derzeit steht der 57-Jährige mit "Filou" auf deutschen Bühnen. "Es ist bereits mein zwölftes Programm und gleichzeitig auch mein persönlichstes. Ich habe immer wieder nach Konzepten gesucht, in die ich meine Parodien einbauen kann." Herausgekommen sei eine bunte Mischung aus Parodie, Gesang und einem seiner neuesten Hobbys, dem Zeichnen. "Es kommen natürlich auch Evergreens vor wie meine Imitationen", so der Entertainer. Eigentlich sei sein aktuelles Programm eine Art Biografie.

"Ich erzähle viel von Begegnungen mit anderen Menschen." Dass während der Entwicklung einer solchen Show - bei "Filou" waren es etwa neun Monate - auch Zweifel aufkommen, findet Knör normal. "Natürlich denkt man sich manchmal, ob man gewisse Dinge einem Publikum zumuten kann. Eine reine 'Starparade' ist da viel einfacher, aber das ist Effekthascherei. Ich wollte 'wahre' Geschichten auf der Bühne erzählen, und 'Filou' ist dabei herausgekommen." Wahre Geschichten haben ihm immer gefallen. "Ich mochte nie Fiktion, lieber was Echtes."

Um sich bei den ganz persönlichen Erzählungen auch wohl zu fühlen, hat sich Knör eine entsprechende Kulisse geschaffen. Das Bühnenbild bei "Filou" stellt den Montmartre in Paris dar. "Ich bin von der Leichtigkeit an diesem Ort begeistert, seit ich ihn mit etwa zwölf Jahren zum ersten Mal besucht habe. Und dann die Karikaturisten dort, das hat mich völlig fasziniert, wie sie es schaffen, binnen weniger Minuten einen Menschen derart überzeichnet und doch auf den Punkt darzustellen, einfach wunderbar!"

Für die musikalischen Klänge, die die Atmosphäre rund um Sacré-Coeur und Place du Tertre untermalen, hat unter anderem der Arrangeur des unlängst verstorbenen Musikers Roger Cicero gesorgt. "Mit ihm habe ich 27 Songs geschrieben, die ich in dem Programm zum Besten gebe, von Udo Jürgens über Udo Lindenberg bis hin zu - wie könnte es bei der Paris-Thematik anders sein - Charles Aznavour. Sein Song 'Du bis so komisch anzusehen' kommt immer noch gut an. Das liegt daran, dass ich viele ältere Fans und Zuschauer haben, Leute zwischen fünfzig und sechzig, die kennen diese Lieder und mögen sie."

Die jetzt Reiferen, das sei die Generation gewesen, die ihn in den Neunzigern im Fernsehen gesehen hat, meint Knör. Ein Medium, in dem er heute nur noch selten auftritt. "Man wandelt sich, man verändert sich, man reift." Früher sei alles viel braver zugegangen. "Es gab ja keine Comedy. Man hat sich halt an damaligen Größen wie Peter Alexander oder Rudi Carrell orientiert und versucht, deren Art zu kopieren." Heute hätten viele ihren eigenen Stil gefunden. "Bei jungen Comedians fragen die Leute trotzdem oft' 'wieso ist der im Fernsehen, der kann doch nix'. Ich war auch mit 29 im Fernsehen und konnte nix", gesteht sich Knör ein.

Bekannt wurde er dann vor allem für seine Parodien: Lagerfeld, Meysel, Kohl und viele mehr hat er bis heute in seinem Repertoire. Muss man das üben? "Ja", sagt Knör, "aber weniger oft, als viele denken." Man müsse vielmehr ein gewisses Talent mitbringen, um die Person mimisch und stimmlich nachzumachen. Viel wichtiger für eine gelungene Parodie sei aber immer die Geschichte, die man als die Person erzählt oder in der man mitwirkt. Denn einfach nur ein Imitator, das will Knör nicht sein. "Das dürfen die Leute sagen, die mein Programm noch nicht gesehen haben. Wer es erlebt hat, wird merken, dass ich noch viele andere Dinge mache, als Leute zu imitieren, auch wenn mir das bis heute sehr viel Freude bereitet." Und wie geht das?

"Ich denke, man kann eine Figur nur dann gut darstellen, wenn man ein Stück von sich selbst in ihr erkennt." So habe er es mit Beckenbauer versucht, ohne Erfolg. "Auch wenn er mittlerweile genügend Stoff bietet, war er mir immer zu glatt, ich habe einfach nichts in ihm gesehen und konnte und wollte ihn deshalb nicht parodieren." Knör erklärt, er könne sich teilweise am Ende eines Auftritts nur schwer von "seinen" Figuren trennen. "Manchmal möchte ich einfach in der Rolle einer bekannten Person weitersprechen. Ich glaube, dem Publikum würde das selbst ohne Pointe gefallen. Ich sollte mal das Telefonbuch vorlesen."

Und was macht ein Jörg Knör, wenn er keinen Auftritt hat? "Es ist nicht so, dass ich mich dann langweile, aber ich habe in meinem Job natürlich keine Routine. Ich fahre gerne Fahrrad, habe auch mein Auto abgeschafft. Und ich muss sagen, ich tanke Kraft in guten Auftritten." Natürlich sei auch die Zeit mit seiner Frau Kerstin wichtig. "Ich möchte immer gerne für sie kochen, aber meistens entscheiden wir uns aus Zeitmangel dann doch fürs essen gehen." Auch unternehmen beide gerne Kurzurlaube zusammen, zum Beispiel auf Mallorca, wo Knör dann Zeit mit alten Freunden wie Rudi Welches verbringt. Dann trifft man ihn in der Galerie von Welches' Tochter Laura in Palma auf dem Sofa sitzend, eine Karikatur zeichnend. "Meine Schwägerin sagt immer, wenn ich in den Neunzigern hier gut investiert hätte, wäre ich heute Millionär. "Blöd, dass ich keiner bin, der geschäftlich denkt", sagt er dann lächelnd und setzt den Stift zu einem neuen Strich an.

(aus MM 43/2016)