In diesem Sommer wurde mehrmals Hai vor Mallorcas Küsten gesehen. | Michels

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Von einem Hai attackiert zu werden ist deutlich unwahrscheinlicher als an den Olympischen Spielen teilzunehmen oder ein Supermodel zu daten. Dennoch haben viele Menschen Angst vor den Raubfischen.

Am 24. Juni etwa verließen die Besucher des Strandes in Illetes panikartig das Wasser, als sich ein Blauhai näherte. Der eineinhalb Meter lange Raubfisch war bis ans Ufer geschwommen. Er wirkte orientierungslos, berichteten Augenzeugen. Später stellte sich heraus, dass das Tier schwer verletzt war, eine Angelschnur ragte aus dem Maul. Meeresbiologen des Palma Aquariums schläferten das Tier ein. Rettungsschwimmer hielten den Moment im Foto fest: ein Hai am Strand von Mallorca, das sieht man schließlich nicht alle Tage.

Dabei gibt es immer wieder Haisichtungen vor den Küsten der Balearen. Erst im Dezember trieb ein fast vier Meter langer, toter Sechskiemerhai im Wasser vor Palmas Stadtteil El Molinar. Im Mai 2016 sichteten Badegäste mehrfach einen Blauhai. Im Februar des vergangenen Jahres stießen Fischer auf einen Stumpfnasen-Sechskiemerhai und im Jahr zuvor hatten Seeleute in Pollença einen 180 Kilo schweren Hai aus dem Meer gezogen. Doch in diesem Jahr häufen sich die Hai-Sichtungen.

Am Sonntag, 9. Juli, ging erneut ein Anruf bei der Lokalpolizei von Palma ein. Augenzeugen berichteten, sie hätten einen Blauhai in der Nähe des Strandes von Cala Major gesehen. Zwei Wochen später meldete ein Badegast, an der Playa del Marqués in Colònia de Sant Jordi, ein Hai habe ihn gestreift und leicht verletzt. Bereits im Juni berichteten spanische Medien, dass ein Blauhai einen 82-Jährigen an der Playa den Bossa auf Ibiza gebissen habe: "Es kann aber auch ein anderer großer Fisch gewesen sein", hieß es.

Dass es sich auf Mallorca in den vergangenen Wochen wirklich um drei verschiedene Haie gehandelt hat, bezweifelt der Meeresbiologe Gabriel Morey von der mallorquinischen Umweltschutzorganisation Ondine: "Wir haben nur Beweise für die Anwesenheit eines Hais. Was die anderen beiden betrifft, gibt es nur die Aussagen der Augenzeugen." Er wisse aus Erfahrung, "dass es sehr einfach ist, aus einem Fisch einen Hai zu machen".

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Klar ist aber, dass immer wieder Haie in Küstennähe gelangen. Es gebe verschiedene Theorien, wie es dazu kommt. Oft sind es kranke Tiere, gleichzeitig, so Morey, dürfe man nicht vergessen, dass diese Raubtiere in allen Ozeanen leben und auch den Atlantik überqueren. Außerdem reagieren sie empfindlich auf die Umwelt: "Es kann gut sein, dass sie den Fischerbooten folgen, weil sie vom Fang angelockt werden", vermutet Morey. Zwar berichteten Badegäste und Fischer in den vergangenen Jahren immer wieder von Begegnungen vor der Küste Mallorcas, eine Tendenz zur Zunahme gebe es aber nicht.

Bei der letzten Hai-Sichtung an der Playa del Marqués im Südosten Mallorcas soll der Fisch einen Badegast gestreift und dabei leicht verletzt haben, sehr wahrscheinlich ist das aber nicht: "Die Schuppen des Fisches können Schürfwunden hinterlassen, dafür muss der Hai den Menschen aber rückwärts erwischen." In der Regel sind die Raubtiere gegenüber Menschen nicht angriffslustig, sondern neugierig. Dennoch: Badegäste sollten das Raubtier nicht unterschätzen. Weltweit ist die Anzahl an "Hai-Attacken" gestiegen: 2015 wurden 98 Angriffe gemeldet, 2016 waren es 107, so die Webseite "Tracking Sharks", die alle bekannten Vorfälle registriert.

Sechs schwerwiegende Hai-Angriffe wurden spanienweit in den vergangen 150 Jahren gemeldet. Im Vergleich: Vergangenes Jahr kamen auf den Balearen 55 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben.

Man könnte fast sagen, Haie hätten mehr Angst vor Menschen als andersrum. Sie hätten jedenfalls allen Grund dafür: "In den vergangenen zehn Jahren ist der Haibestand weltweit um 80 Prozent gesunken", sagt Gabriel Morey. Sie verheddern sich in Fischernetzen, landen als Beifang im Boot. Und noch immer gilt das Fleisch vielerorts als Delikatesse: In Asien verspeisen Menschen gerne die Haiflosse, sie wird den Tieren abgenommen, der Fisch zurück ins Meer geworfen. Das ist in Europa zwar strengstens verboten, der Haifang aber nicht: "Der weltweite Gesamtfang der Fischereiflotte aus Spanien in 2013 betrug 48.750 Tonnen Blauhai und Makohai", heißt es auf der Website von "Sharkproject", einer Artenschutzorganisation. Weiter ist dort zu lesen: "Spanien ist somit mit Abstand der größte Markt für Hai in Europa." Lärm durch Schiffe sowie Überfischung sind weitere Faktoren, die den Haien zur Bedrohung werden. Jährlich kommen weltweit weniger als 100 Menschen durch Hai-Angriffe ums Leben. Gleichzeitig werden jedes Jahr rund 100 Millionen Haie von Menschen gefangen.

Überhaupt gibt es im Mittelmeer ganz andere Tiere, die für Menschen mit größerer Wahrscheinlichkeit gefährlich werden können. Das Petermännchen zum Beispiel. In seinen Stacheln befindet sich Gift. Da der Fisch sich gerne im Sand eingräbt, kommen Unfälle mit dem bis zu 50 Zentimeter langen Lebewesen immer wieder vor: "Eine Urlauberin ist vor 20 Jahren an dem Gift eines Petermännchens gestorben", berichtet Morey. Der Seeigel ist ebenfalls nicht ungefährlich, auch in seinen Stacheln steckt Gift. Gerade auf felsigem Grund ist er schwer zu erkennen. Auch der Stachelrochen ist nicht gerade harmlos. Wie der Name schon sagt: Das Tier hat einen Stachel und den sollte man nicht unterschätzen. Nicht zu vergessen sind außerdem die Quallen. Im Mittelmeer sind mittlerweile viele Arten beheimatet, aber nicht alle sind gefährlich. Dennoch gilt, bei Quallen, Rochen oder Haien: Lieber Abstand halten.

(aus MM 31/2017)