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Wer zum Teufel ist die Heilige Ponça? Zugegeben, eine rhetorische Frage. Natürlich gibt es keine Heilige dieses Namens. Sprachwissenschaftler leiten "Santa Ponça" von dem arabischen "Sanat busa" ab, was einen Ort mit Schilf bezeichnet. An diesem Sanat busa ging vor 788 Jahren König Jaume I. von Aragón an Land, um Mallorca von den Mauren zurückzuerobern.

Seit mehr als 20 Jahren wird dieses Ereignis gut zwei Wochen lang mit den "Festes del Rei En Jaume" gefeiert. Einer der Höhepunkte der Feierlichkeiten war die "Trobada de Gegants".

Wann immer eine Gemeinde feiert, sind die Riesenfiguren gewöhnlich mit dabei. In Santa Ponça treten sie freilich gehäuft auf. Da sind nicht nur der 3,90 Meter hohe Jaume I. und seine 45 Zentimeter kleinere Gattin Violant d'Hongria aus Calvià. Aus 13 weiteren Gemeinden der Insel und aus dem Örtchen Cabrils bei Barcelona werden ebenfalls Gegants angekarrt. Macht etwa 30 Riesen, außerdem zehn Caparrots, wie die aufsetzbaren Riesenköpfe heißen, und zwei oder drei Gegantons, kleine Riesen, die von Kindern getragen werden können.

Die Figuren gehören den jeweiligen Gemeinden, für die Umzüge sind "Colla" genannte Vereinigungen zuständig. In ihre Einzelteile zerlegt, werden die Gegants an der Plaça de la Pinada zusammenmontiert und aufgestellt. Ein Umzug wird von der Carrer Puig de Galatzó bis zum Kreisverkehr und wieder zurück veranstaltet. Am Ende werden die Riesen dann zur traditionellen Musik der Xeremiers, Flabiols und Tambors, der Dudelsäcke, Handflöten und -trommeln ein Tänzchen wagen.

Dieses Jahr warten die Gemeinde Calvià und die Colla "Geganters de Calvià" mit einer großen Neuigkeit auf. Die Riesenträger der Gemeinde werden der Öffentlichkeit ein neues Paar präsentieren: den letzten muslimischen Machthaber der Insel, Abu Yahya, und dessen Tochter Fatima. Wie Joan Méndez, Präsident der Geganters de Calvià, erklärt, sind Abu Yahya und Fatima 3,70 und 3,45 Meter groß. Und sie sind das erste maurische Riesenpaar auf den ganzen Balearen. Bisher gab es nur in Manacor einen einzelnen Gegant mit arabischem Antlitz und auch auf dem spanischen Festland sind solche Figuren die Ausnahme.

Méndez wundert das nicht. Die Figuren stellten Persönlichkeiten des christlich-katalanischen Kulturkreises dar, oft aus der Zeit der Reconquista, oder alte Berufe und Traditionen. Die Mauren seien nicht Teil dieser Kultur.

Tatsächlich gab und gibt es Riesenfiguren auf der ganzen Welt. "Überall geht ihre Geschichte auf heidnische Rituale zurück", erklärt Jaume López, Präsident des Circulo Internacional de Amigos de los Gigantes, einer Vereinigung in Vallgorgina bei Barcelona. Auf päpstliches Geheiß wurden die Figuren in Europa im 13. Jahrhundert christianisiert und fanden vor allem bei Umzügen zu Fronleichnam Verwendung. Dieser Brauch zog sich vom Mittelmeerraum bis nach Russland.

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Im 18. Jahrhundert verschwanden viele Riesen in Spanien von der Bildfläche. Weil sich seine Untertanen auf die Religion konzentrieren sollten, verbot Karl III. die volkstümlichen Puppen. Die Autorität des Monarchen hielt sich aber in Grenzen. "In manchen Orten fand der Umzug der Riesen daraufhin 50 Meter vor der Prozession statt. Andere Gemeinden befolgten die Verordnung einfach nicht", erzählt López.

Auf Mallorca war man dagegen obrigkeitshörig. Die Giganten erlebten auf der Insel erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts wieder eine Renaissance.

Dass sich nun mit Abu Yahya und Fatima erstmals ein maurisches Paar zu den Riesen gesellt, hat laut Joan Méndez keinen aktuellen Grund. "Das wollten wir und die Gemeinde Calvià von Anfang an", sagt er. Dieser Anfang war die Gründung der Colla 1999. Als sie im Jahr 2000 erstmals Jaume I. und Violant d'Hongria durch die Straßen trugen, sei das maurische Gegenpaar schon vorgesehen gewesen. Inzwischen sei die Colla auf mehr als 20 Mitglieder gewachsen - ein guter Moment, das ursprüngliche Vorhaben endlich umzusetzen.

Fatima war nicht die Gattin, sondern die Tochter von Abu Yahya. Dass man sie an die Seite ihres Vaters stellte, hat einen simplen Grund: Fatima ist mit einem sagenhaften Schatz, den sie vor den christlichen Eroberern versteckt haben soll, in die Volksmärchen Mallorcas eingegangen.

Abu Yahya haben die Geganters de Calvià absichtlich in ein Gewand gekleidet, das sehr der Tracht einer Colla ähnelt, die wenige Tage später als Mauren gegen die christlichen Invasoren kämpfen wird. Diese nachgestellte Schlacht ist ein weiterer Höhepunkt der Festes del Rei En Jaume. Schon am Vorabend, am Freitag, 8. September, werden sich um 20 Uhr die maurischen Krieger an der Plaça de la Pinada versammeln und einen Umzug veranstalten.

Das große Schlachtspektakel findet am Samstag, den 9. September statt. Sie beginnt mit der Landung der christlichen Truppen und dem Aufmarsch beider Parteien am Kreuz von Santa Ponça. Nach verschiedenen Scharmützeln findet die große Endschlacht schließlich am Strand statt. Anschließend wird bei Musik bis tief in die Nacht gefeiert.

Weitere Infos zum Fest in Santa Ponça finden Sie hier

(aus MM 35/2017)