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Sofia heißt der kleine Wirbelwind, der durch die Bar La Dama de Ella in Santa Catalina tobt. Sie ist die Tochter von Kristin Hansen, Gründerin des Ella-Festivals, und ihrer Frau Yamila Di Santo. Mit MM sprachen sie über ihre Odyssee durch Fruchtbarkeitskliniken in Dänemark und auf Mallorca, bis 2017 ihr Wunschkind auf die Welt kam.

Mallorca Magazin: Wie ist Ihr Kinderwunsch entstanden?

Kristin Hansen: Wir haben uns vor etwa fünfeinhalb Jahren kennengelernt und wussten sehr schnell, dass wir heiraten und eine Familie gründen wollten. Schon ein Jahr später waren wir zum ersten Mal in der Stork-Klinik in Dänemark, die sich auf lesbische Paare mit Kinderwunsch spezialisiert hat.

MM:Warum haben Sie sich für eine dänische Klinik entschieden?

Hansen: Die Gesetze sind dort viel lockerer als in Deutschland. Und es gibt die Möglichkeit, einen Samenspender auszusuchen. Man erhält ein Babyfoto von ihm mit Angaben zu Größe, Augen- und Haarfarbe sowie zur Ausbildung. In einem Interview erfährt man außerdem etwas über seine Motivation. Der Vorteil ist, dass das Kind Hintergründe über seinen Erzeuger kennt und später Kontakt aufnehmen kann, wenn es das will.

MM: Wie ist die Behandlung 
abgelaufen?

Hansen: Wir haben uns beide behandeln lassen und es zunächst mehrfach mit einer Samenspende probiert. Ich war damals 38, aber Yamila erst 31, daher haben wir uns recht gute Chancen ausgerechnet. Als es nicht geklappt hat, sind wir dann zu In-vitro-Befruchtungen übergegangen.

MM: Was heißt das?

Hansen: Es werden zuerst Eizellen entnommen und dann im Reagenzglas befruchtet. Nach einigen Tagen wird der daraus entstandene Embryo in die Gebärmutter eingesetzt, in der Hoffnung, dass er sich dort einnistet und heranwächst. Das ganze Prozedere dauert mehrere Wochen und ist eine ziemliche Tortur, denn vorher wird die Produktion der Eizellen mit Hilfe von Hormonen stimuliert. Das kann zu heftigen Stimmungs- und Gewichtsschwankungen führen.

MM: Hatten Sie damit Erfolg?

Hansen: Nein. Innerhalb eines Jahres waren wir etwa acht Mal in Kopenhagen, das war auch finanziell großer Stress, wir haben Zehntausende Euro für die Behandlung bezahlt. Und am Ende haben uns die Ärzte gesagt, dass es ein Problem mit Yamilas Eizellen gäbe, weil sich der Embryo nicht weiterentwickelte und abstarb. Sie meinten, dass sie unfruchtbar sei. Das war ein totaler Schock.

Yamila Di Santo: Für mich war das ein echter Schlag ins Gesicht. Ich bin Tanzlehrerin, habe nie geraucht, gesund gelebt und konnte es einfach nicht fassen.

MM: Wie haben Sie den Schock verdaut?

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Hansen: Wir haben die Diagnose einfach nicht geglaubt. Da wir generell nicht schnell aufgeben, wollten wir es weiter probieren und haben uns auf Mallorca nach einer Klinik umgeschaut. Wir haben uns für die IVI-Klinik entschieden. Das ist eine der größten weltweit. Im Unterschied zu Dänemark sind in Spanien aber nur anonyme Samenspenden erlaubt.

MM: War das ein Problem für Sie?

Hansen: Wir haben uns mit der Idee angefreundet und uns gesagt, dass die Samenspende nur eine Sache von Sekunden ist, wir aber Eltern fürs ganze Leben sind. Es gibt sogar Studien, die besagen, dass homosexuelle Eltern liebevoller sind, gerade weil der Weg zum eigenen Kind so schwer ist und man viele Enttäuschungen überstehen muss.

MM: Wie kam es dann doch noch zum Happy End?

Hansen: Wir haben die Behandlungen weiter durchgezogen, mit nur kurzen Pausen. Das hat insgesamt über zweieinhalb Jahre gedauert. Ich habe nach einigen Versuchen mit Samenspenden und In-vitro-Befruchtungen aufgehört. Yamila hat aber weitergemacht. Sie war jünger und sehnte sich stärker danach, die Erfahrung der Schwangerschaft zu machen. Nach sieben Versuchen hat uns der Arzt dann die gute Botschaft mitgeteilt.

Di Santo: Aber er hat genauso geguckt, als wenn er uns eine negative Nachricht überbringen würde. Nach unserer Vorgeschichte war er genauso skeptisch wie wir. Und wir hatten noch eine Weile die Angst im Hinterkopf, dass der Embryo sich doch noch ablösen würde. Erst als ich die erste Ultraschallaufnahme gesehen habe, glaubte ich daran, dass alles gut wird. Das war der schönste Moment!

MM: Wie haben Sie die Geburt erlebt?

Di Santo: Es war traumatisch. Es gibt hier einen Trend zur natürlichen Geburt. Ärzte sagen, dass die Rückenmarksspritze nicht gut für Mutter und Kind sei. Ich glaube, sie wollen einfach weniger arbeiten (lacht). Die Geburt hat ungefähr sieben Stunden gedauert, es waren die schlimmsten Schmerzen meines Lebens. Und ich bin als Sportlerin Schmerzen gewohnt. Die Schwester hat selbst meinen Dammriss ohne Betäubung genäht. Das möchte ich nicht nochmal erleben.

Hansen: Ich war bei der Geburt dabei und hatte sofort große Muttergefühle. Sofia fühlt sich an wie mein eigenes Fleisch und Blut. Das zeigt, wie unbedeutend letztendlich die Genetik ist.

MM: Haben Sie sich Gedanken gemacht, wie Sie reagieren, wenn Sofia eine Tages nach dem Samenspender fragt?

Di Santo: Ich bin mir noch nicht ganz sicher und lasse es auf mich zukommen.

Hansen: Wir wollen es so transparent wie möglich halten. Ich finde es aber am wichtigsten, in der Gegenwart zu leben. Und das heißt, Sofia wächst mit Eltern, die sie lieben und einer Umgebung ohne Vorurteile auf.

Die Fragen stellte MM-Redakteurin Maike Schulte

(aus MM 35/2018)