TW
1

Wer durch Palma spaziert, hat sie bestimmt schon einmal gesehen. Hunde, die aussehen, als hätte ein Rehpinscher ein Fitnessstudio besucht. Meist sind sie pechschwarz, mit vereinzelten braunen Einsprengseln und haben auffällig große, dreieckige Ohren. Doch es sind keine banalen Mischlinge, die da an der Leine ihres Besitzers daher trippeln, sondern Rateros, eine Hunderasse, die nur auf der Insel vorkommt.

Über die Herkunft der Rateros streiten sich die Experten, denn es gibt wenig schriftliche Zeugnisse. „Möglicherweise stammen sie ursprünglich aus Ägypten“, sagt Miquel Durán Gayà, preisgekrönter Züchter aus Llucmajor. Andere vermuten, dass Reisbauern aus Valencia sie mitbrachten, als sie sich Anfang des 20. Jahrhunderts in der Albufera niederließen. Denn die Hunde sind dafür bekannt, exzellente Ratten- und Kaninchenjäger zu sein. „Es gibt aber auch die Theorie, dass die Valencianer bei ihrer Rückkehr die Hunde aus Mallorca mit in ihre alte Heimat nahmen“, ergänzt Durán.

Bereits sein Großvater besaß Rateros. „Sie krabbelten schon auf mir herum, als ich ein Kleinkind war“, erzählt er. Heute ist der 58-Jährige Vizepräsident des „Club Ca Rater Mallorquí“, des mallorquinischen Ratero-Verbands. Der Verein wurde 1990 gegründet, um die Zucht und die Bekanntheit der Hunde zu fördern. Mit Erfolg. 2002 wurde der Ratero vom spanischen Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei offiziell als eigene Rasse anerkannt. Zu ihren hervorstechendsten Merkmalen zählen die großen Ohren, die unbedingt aufrecht stehen müssen. „Viele Hunde werden ohne oder mit verkümmertem Schwanz geboren. Früher wurde er kupiert, heute ist das verboten“, erklärt Durán.

Seit rund 160 Jahren gibt es die Hunde auf der Insel, besonders auf dem Land waren sie wegen ihres Jagdtalents sehr beliebt. „Die Rateros werden nicht einmal 40 Zentimeter groß. Sie kommen also problemlos in jedes Erdloch hinein“, erläutert Durán. Bis vor knapp 30 Jahren gab es nicht einmal einen allgemein üblichen Namen für die Tiere. „Die Leute nannten sie früher Foxterrier, Podencos oder eben Rateros“, sagt er. Erst in den 1970er Jahren begannen Züchter damit, Ordnung ins Durcheinander zu bringen, Stammbäume zu erstellen und Rassemerkmale zu dokumentieren.

Ähnliche Nachrichten

Durán lebt mit 16 freilaufenden Rateros auf einer Finca bei Llucmajor. Galt früher nur die schwarz-weiß gescheckte Variante als „echter“ Ratero, sind heute auch braune und schwarze Tiere anerkannt. Wenn er pfeift, kommt die bunte Truppe im Nu angerannt, um sich spielerisch auf ihn zu stürzen. „Rateros sind nicht nur Gebrauchshunde, sie eigenen sich auch als Familienhunde. Sie sind sehr verspielt, neugierig und sozial“, sagt er. Ihr kurzes glänzendes Fell ist pflegeleicht und ihre geringe Größe ermöglicht auch die Haltung in einer Stadtwohnung. „Außerdem sind es gute Wachhunde“, ergänzt er. Kein Wunder also, dass sie sich wachsender Beliebtheit erfreuen.

Durán hat längst nicht mehr nur Kunden auf der Insel. „Es kommen viele Nachfragen vom Festland, aber auch aus dem Ausland. Ich weiß selbst nicht, wie die Leute auf mich kommen“, sagt er und lacht. Erst vor zwei Monaten haben ihm Deutsche zwei Welpen abgekauft. 45 Tage sind sie alt, wenn sie für 300 Euro den Besitzer wechseln, Chip, Impfung, Ausweis und Züchterdokumente inklusive.

Interessenten müssen sich in Geduld üben. Zehn Personen stehen zurzeit auf seiner Warteliste, aber nur eine Hündin ist trächtig. Denn Durán ist kein Massenzüchter. „Für mich ist das ein Hobby. Alles andere wäre zu kostspielig“, sagt der 58-Jährige, der genau wie seine Frau im Hauptberuf Polizist in Palma ist. Die Leidenschaft des Paars gilt aber den Tieren. Neben Hunden leben noch 18 Pferde, Zwergziegen und Truthähne auf der Finca. „Wir stecken all unser Geld in Haltung und Aufzucht“, sagt Durán, der demnächst in Rente geht. Zwar weiß er noch nicht, wer eines Tages seine Ratero-Zucht weiterführen wird, aber eines ist klar: Als Ruheständler wird er nicht mehr nur an seinen freien Tagen ausreiten, sondern jeden Morgen. Immer im Schlepptau: seine Ratero-Bande.

(aus MM 43/2018)