Suzi Quatro auf Mallorca. | nimü

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Die Frau weiß ganz genau, wann sie über den Rückzug aus dem Musik-Business nachdenken wird: „Wenn ich auf die Bühne gehe, dem Publikum den Rücken zuwende, mit meinem Hintern wackele – und es herrscht Stille. Das ist bisher noch nicht passiert.” So hat Suzi Quatro schon vor Jahrzehnten über das Ende ihrer Karriere geredet. Am 3. Juni wurde die Musikerin 69. Und das Statement ist jetzt im Gespräch mit dem Mallorca Magazin immer noch aktuell.

2019 hat sie schon etliche Festivals und Solo-Konzerte vor allem in Australien und Europa absolviert. Und noch mehr als 20 Einzel-Shows folgen in diesem Jahr, vor allem in Deutschland, in Hallen, die meistens 1500 bis 2500 Fans Platz bieten. Und die nicht selten ausverkauft sein werden. Zuschauerzahlen, von denen andere Künstler, die in den 70er Jahren bekannt wurden, heute nur träumen. Dabei kann sich Suzi nicht auf kraftsparenden Balladen ausruhen, sondern wirbelt weiterhin über die Bühne. „Nach zwei Stunden ist sie noch nicht mal außer Atem”, meint ihr deutscher Ehemann Rainer Haas (das Paar ist seit 26 Jahren verheiratet) anerkennend.

Aber: Muss man mit 69 noch als Rock’n’Roll-Bitch auftreten und die Finger über die Saiten der Bass-Gitarre flitzen lassen? „Ich tue das, weil es mir Spaß macht. Ein Promoter hat mal gesagt, ich sei ein Rock’n’Roll-Entertainer. Ich könnte mich nicht besser beschreiben”, meint Suzi und ihre Augen glänzen. „Ich liebe es, das Publikum auf eine Reise mitzunehmen.”

Dass man sie manchmal als „Rock’n’Roll-Oma” bezeichnet, stört sie nicht. „Ich bin eine Oma. Meine Enkeltochter wird 18. Ich gebe nicht vor, 29 zu sein. Ich bin 69 und stolz darauf. Vor allem, weil ich noch das machen kann, was ich mache.”

Wenn Suzi ihre Fans „auf eine Reise” mitnimmt, handelt es sich um einen musikalischen Trip durch die Jahrzehnte. Wobei die 69-Jährige anders als Kollegen von damals nicht nur den einen großen Hit präsentiert und ansonsten viele andere Lieder, an die sich nur noch eingefleischte Fans erinnern. Sie hat zahlreiche Songs im Repertoire, die heute zum großen Teil schon als Rock’n’Roll-Evergreens eingestuft werden können. „Can the Can” war 1973 der erste Nummer-eins-Hit und der Durchbruch der in der Autostadt Detroit aufgewachsenen Sängerin. Es folgten zum Beispiel „48 Crash”, „Daytona Demon”, „Devil Gate Drive”, „The Wild One”, „Your Mama Won’t Like Me”, „Tear Me Apart”. Später gab sie sich etwas softer mit Liedern wie „The Race is on” und „Don’t Change My Luck”, dann „She’s in Love with You”, „Mama’s Boy” und „I’ve Never Been in Love”. Unvergessen ist natürlich auch das Duett aus dem Jahr 1978 - „Stumblin’ In” mit dem Smokie-Sänger Chris Norman.

Aber Suzi spielt bei ihren Konzerten nicht nur Oldies. „Ich habe immer wieder neues Material produziert.” 2017 kam ein in der Szene viel beachtetes Album mit Andy Scott von Sweet und Don Powell von Slade heraus. Und Ende März dieses Jahres ist das aktuelle Solo-Album „No Control” erschienen, auf das die Künstlerin richtig stolz ist. „Es gab nur gute Kritiken.” Der Name der CD ist Programm. Denn die Kontrolle fehlte. „Ich war frei wie ein Vogel. Bei keinem Titel haben wir gesagt, so oder so soll er klingen. Jeder Song ist, wie er ist, organisch gewachsen. Ich mag dieses Album, es ist so, wie ich bin.”

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Zum ersten Mal hat Suzi mit Richard, ihrem Sohn aus erster Ehe mit Len Tuckey, zusammengearbeitet. Die beiden haben auch die meisten Lieder gemeinsam komponiert. „Mein Sohn hatte schon lange im Kopf, etwas mit mir zusammen zu machen. Natürlich hatte er eine Vorstellung im Kopf, wer Suzi Quatro ist ... Und dann hat er bei mir den Knopf gedrückt.”

Das Energiebündel Suzi Quatro, 158,5 Zentimeter groß, wurde 1950 in Detroit geboren. Die Wurzeln ihrer Familie mütterlicherseits liegen im ungarischen Budapest, die Familie des Vaters stammt aus Italien, aus dem Umland von Rom. Der Vater war Musiker, schon im Teeny-Alter spielte Klein-Suzi mit ihren Schwestern in einer Band, dann ging sie Anfang der 70er nach England und setzte sich als Solo-Künstlerin durch. Der Rest ist Musik-Geschichte.

Zur privaten Vita gehört, dass Suzi Quatro vier Orte hat, die sich mehr oder weniger wie Heimat anfühlen. In Detroit ist ihr Herz zu Hause. Im englischen Essex lebt die Amerikanerin seit 1980 im selben Haus. Ihr Mann Rainer ist in Hamburg daheim. Das Paar pendelt zwischen diesen beiden Orten. Und dann gibt es ja noch Mallorca. Seit 2003 hat das Paar eine gemeinsame Wohnung in Illetes. „Das ist sozusagen unsere neutrale Zone.”

„Ich habe es nie darauf angelegt, sexy zu sein”, erinnert sich die Sängerin an ihre Anfangsjahre. Sie war immer irgendwie etwas burschikos, wollte sich als Musikerin profilieren. Zum Markenzeichen wurde ihr schwarzer Leder-Catsuit. Der war dann, anders als zunächst von Suzi erwartet, doch recht sexy. „Ich hing als Pin-up in der ganzen Welt an Wänden. Dabei wollte ich ernsthaft als erste Frau das tun, was ich getan habe. Aber das hat die Leute nicht davon abgehalten, mich an die Wand zu hängen ...”

Für Nacktfotos stand sie nie zur Verfügung. „Ich war als erste Frau angezogen Centerfold im Penthouse.” Offenbar fanden die Magazin-Macher den engen Leder-Overall reizvoll genug. Und was ist mit „Sex and Drugs and Rock’n’Roll”? Gehören Drogen und Sex tatsächlich untrennbar zum Rock’n’Roll? „Eines stimmt nicht, das andere ist ganz natürlich”, meint Suzi und blickt lächelnd zu ihrem Ehemann. „Aber ich war die meiste Zeit meines Lebens in einer Beziehung. 20 Jahre mit meinem Ex, 26 Jahre mit Rainer. Da bleibt nicht viel Raum für Experimente”, stellt Suzi lachend klar und schiebt noch hinterher: „Ich bin nie ein Drogengirl gewesen.”

Wie eingangs geschildert, ist noch vollkommen offen, wann Suzi Quatro die Showbühne verlässt. Sie hätte aber Lust, noch einmal auf Mallorca aufzutreten. „Das wäre eine schöne Sache.” In der zweiten Hälfte der 90er rockte Suzi im Rahmen eines Oldie-Festivals die Stierkampfarena von Palma. In diesem Jahr war ein Konzert in Port Adriano im Gespräch. Rainer Haas: „Es hat nicht gepasst, unter anderem kam der Kontakt zu kurzfristig. Aber wenn die Rahmenbedingungen stimmen, klappt es vielleicht im nächsten Jahr. Uns würde das jedenfalls freuen.”

(aus MM 25/2019)