Dudelsackspielen ist seine Leidenschaft, sagt Xeremiers Pau. | Plozano

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Wer denkt bei Dudelsackmusik nicht sofort an Männer in Schottenröcken, die mit würdevoller Mine vor der erhabenen Kulisse der Highlands ihr Instrument zum Pfeifen bringen? Doch nicht nur dort wird gedudelt. Das Instrument, bestehend aus einem Sack aus Ziegenhaut und diversen Holzpfeifen, erfreut sich seit Urzeiten weltweiter Verbreitung.

In Spanien ist der Dudelsack noch heute präsenter als andernorts. Über Südfrankreich kam er im 13. Jahrhundert nach Katalonien und Aragón, aus einem Instrument für höfische Minnesänger wurde ein populäres Volksfestinstrument. In Nordspanien lernen heute noch Zehntausende an Musikschulen die Kunst des Sackpfeifens.

Auch Mallorca hat das Holzblasinstrument, hier Xeremía genannt, erobert. Die anderen Baleareninseln blieben – je nach musikalischem Gusto – verschont oder hatten eben Pech. „Eine Verbindung zwischen den Inseln hat historisch gesehen nämlich nicht existiert”, erklärt Candid Trujillo Pons, seines Zeichens studierter Dudelsackspieler und 
-Lehrer aus Palma. „Je nach Land unterscheiden sich die Instrumente leicht im Klang. Das Inselinstrument ähnelt sehr stark der katalanischen Variante”, erläutert der 30-Jährige.

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Und warum entschied er sich ausgerechnet für ein Instrument, an dessen durchdringendem Klang sich durchaus die Geister scheiden und das alles andere als hip ist? „Meine Eltern haben mich als Kind auf die Volksfeste in den Dörfern mitgenommen”, erzählt er. „Mir gefielen die Dudelsack-Kapellen, die etwa bei der ‚Trobada de Gegants’ mitmarschierten”, erzählt er. Mit 14 Jahren begann er, selbst zu spielen. Später studierte er am Musikkonservatorium in Palma sechs Jahre lang „Traditionelle Musik”, ein Studiengang, der zu seinem Bedauern aber wieder abgeschafft und durch Jazz und moderne Musik ersetzt wurde.

Anders als früher, als die Bauern auf Volksfesten mit ihrem Dudelsack an einem oder zwei Tagen einen Monatslohn einspielen konnten, kann Pons nicht von seiner Musik allein leben. Seiner Begeisterung für den Dudelsack tut dies keinen Abbruch. Mit seinem Jugendfreund Pau Mas Salom, der traditionelle Flöte und Tambor spielt, hat er diverse Bands gegründet, Konzerte gegeben und CDs aufgenommen, dabei Folkmusik mit rockigen Elementen durchmischt. Auch in Deutschland trat er schon auf. Im Rahmen einer touristischen Werbekampagne für Mallorca spielte er auf dem Alexanderplatz in Berlin. „Der Dudelsack wird übrigens nie allein gespielt, sondern immer von der Flöte begleitet”, erklärt er.

Für das nötige Kleingeld auf seinem Konto sorgt der Musikunterricht. „Meine Schüler sind sechs bis 74 Jahre alt”, erzählt er. Und es werden immer mehr, das Interesse am Dudelsack-Spielen steigt. 400 bis 1500 Euro kostet ein handgearbeitetes Instrument, je nach verwendeten Materialien und Ruf des Instrumentenbauers. Dabei wird die Melodie mit der „Flöte” gespielt, weitere Holzrohre sorgen für zwei konstante, mehr oder weniger „brummige” Begleittöne. Seinen eigenen Dudelsack lässt er übrigens in Asturien aus Jujube-Holz fertigen. Den Sack aus Ziegenhaut hat er – ganz Traditionalist – zur Dekoration mit mallorquinischem Zungenstoff umhüllt.

Auch wenn die Zahl der Musiker seit Jahren steigt – rekordverdächtige 630 Teilnehmer kamen in diesem Jahr zum traditionellen Treffen der Dudelsackspieler nach Sa Pobla – ist Pons noch nicht zufrieden. „Die Leute nehmen die traditionelle Musik nicht ernst”, meint er. An Schulen gehöre sie nicht zum Lehrplan, sondern werde nur im Rahmen eines Kulturprogramms der Balearen-Regierung bei Sonderveranstaltungen präsentiert. Auch Pons nimmt seit 2017 an diesem Programm teil. Er wünscht sich eine „Normalisierung” der Tradition: „Ich würde den Dudelsack gerne aus den Dörfern und der Folklore-Ecke herausholen.” (aus MM 49/2019)