Die Logenbrüder de Haro und Maul im großen Versammlungssaal. | Ingo Thor

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Der leicht schummerige und schmucklose Gang im oberen Stockwerk eines großen Gebäudes in Palmas Viertel La Vileta lässt nicht erahnen, was hier zuweilen passiert. Hinter einer unscheinbaren Holztür versammeln sich einmal pro Monat in dunklen Anzügen Mitglieder von fünf Freimaurer-Logen auf Mallorca zu philosophischen Gesprächen.

Etwa 200 sind sie inzwischen an der Zahl auf den Balearen. Sie kommen in einem rechteckigen Raum zusammen, in dem sich die Symbole der bereits seit 300 Jahren existierenden und auf den Dombauergilden des Mittelalters fußenden Vereinigung befinden.

Mehrere Zirkel, Hammer, eine auf einem Holzpfahl positionierte Weltkugel gibt es hier, auch geschnitzte Stühle, die Ehrwürdigkeit ausstrahlen. Der Boden ist in den Schachbrettfarben Schwarz und Weiß gehalten und symbolisiert die Dualität der Welt.

Hier trifft sich unter anderem Martin Maul mit seinen Mitbrüdern. Der Ex-Herausgeber der Zeitung „El Aviso” steht als Meister vom Stuhl (Englisch ‚Chairman’) der deutschen Loge „Catena Fraternitatis Nr. 95” vor, die 16 Mitglieder hat. Er wurde als Erster unter Gleichen gewählt, und das von Männern, die wegen ihres guten Rufs bei den Freimaurern akzeptiert wurden.

„Wir sprechen, wenn wir hier sind, etwa über Themen wie Toleranz, aber grundsätzlich nicht über Politik und Religion”, sagt Maul. Letzteres sei wichtig, weil man keine Unruhe unter den Brüdern, wie die Mitglieder heißen, haben wolle. Auch mystische Fragen würden erörtert, so Martin Maul. Er habe sich für die Treffen etwa mit den freimaurerischen Elementen der „ Zauberflöte” beschäftigt, die bekanntlich von Wolfgang Amadeus Mozart, auch Freimaurer, komponiert wurde.

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Man sieht sich im seit September bestehenden Logenbereich der Gleichheit, der Humanität, der Freiheit, der Brüderlichkeit und der Toleranz verpflichtet. Im Zeitalter der Aufklärung fließen diese Grundsätze in die französische Revolution ein, die sich gegen den Absolutismus wendet und der Demokratie den Weg bereitet. Freimauer sehen sich allein ihrem Gewissen verantwortlich und einer demokratisch gewählten Grundordnung verpflichtet. Angesichts dessen verwundert es nicht, dass zum Freimaurer-Credo gehört, alle Menschen menschlich zu behandeln.

Dass Dogmatiker wie Spitzenmitglieder der katholischen Kirche oder Diktatoren wie Adolf Hitler, Francisco Franco oder Josef Stalin die „Masones”, wie die Logenbrüder in Spanien heißen, bis aufs Blut bekämpften, überrascht ob der Unterschiedlichkeit der Weltanschauung nicht. „Wir sind weder eine Sekte noch streben wir nach der Weltherrschaft”, definiert Logenbruder José Antonio de Haro das Selbstverständnis der „Masones”. „Wir arbeiten an uns selbst und wollen die Gesellschaft, in der wir leben, verbessern.” Man engagiere sich etwa im Umweltbereich, sammele Plastikmüll ein. Fanatismus sei das genaue Gegenteil der kosmopolitischen Freimaurerei. Der Journalist ist für die Öffentlichkeitsarbeit der „Gran Logia de España” zuständig.

In Spanien hätten viele Freimaurer noch immer Hemmungen, sich als Logenbrüder zu outen, sagt José Antonio de Haro. Und das, obwohl in Zeiten der Republik in den spanischen Regierungen Logenbrüder in großer Zahl vertreten gewesen seien. „Doch dann kamen der Bürgerkrieg und Franco.” Viele „Masones” seien in diesen bleiernen Jahrzehnten auch auf den Balearen getötet worden. Auf den Inseln war die Freimaurerei ein vor allem städtisches Phänomen, wie Fransesc Sanllorents in seinem Buch „La maçoneria a les Baleares” schrieb. Auch viele Militärs waren Logenbrüder. Sie mussten während der Diktatur geheim tagen. Das ist heute nicht mehr nötig. In Spanien nähert man sich den Zuständen, die seit jeher in englischsprachigen Ländern üblich sind: Dort ist es etwa Usus, sich im Lebenslauf offen zur Freimaurerei zu bekennen. Schließlich befindet man sich – George Washington gehörte auch dazu – in bester Gesellschaft.

„Die Zeit ist reif, sich der Öffentlichkeit mehr und mehr zu öffnen”, sagt Martin Maul. Geheimnistuerei sei nicht mehr zeitgemäß. Man geht halt mit der Zeit, auch auf Mallorca. Inzwischen gibt es sogar eine App, die in Not geratene Freimaurer benutzen können, um andere Mitbrüder zu erreichen.

Mehr Infos bei catena.fraternitatis.no95 @gmail.com.