Palmas Palmen-Paseo de Sagrera an einem späten Samstagnachmittag am ersten Tag des Alarmzustandes gegen den Coronavirus. | as

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Mit einem Mal lässt sich das Plätschern von Wasser vernehmen. Es sind die Wasserspiele der Königsgärten "Horts del Rei" am Fuße des Almudaina-Palastes und der Kathedrale von Palma, dem prächtigen Wahrzeichen auf Mallorca. Sicher, das Wasser plätschert wie immer, nur der Standort, an dem sein Klang ans Ohr dringt, ist ungewöhnlich - so weit weg, dass man die arabisch anmutenden Becken samt ihren Fontänen noch gar nicht sieht. Der Grund für das ungewöhnliche Phänomen: Die Hauptstraße ist so still wie fast nie. Es fährt kein Auto über den Asphalt, und auch sonst ist kaum ein Passant unterwegs. Mit dem Ausbleiben jeglichen urbanen Lärms erobert sich der Klang des Wassers neuen Raum.

Die Plaza de la Reina - wie verkehrsberuhigt. Foto: as

Palma de Mallorca ist wie leergefegt. Der erste Tag des ausgerufenen Alarmzustands, den die spanische Regierung zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie in der Nacht zuvor in Kraft gesetzt hatte, hat das Leben im Zentrum der Balearen-Metropole irreal verwandelt. Wo an einem Samstagabend normalerweise unzählige Menschen über die Straßen und Plätze flanieren, in den Straßencafés zusammenkommen, in die Kinos und Restaurants strömen, präsentiert sich die Stadt eher wie an einem kalten Sonntagabend. Es sind nur wenige Passanten anzutreffen. Sehr viele Läden und Lokale haben geschlossen. Und die wenigen geöffneten Gastronomiebetriebe wirken wie verwaist.

Auch die Menschen scheinen sich anders als sonst durch die Straßen zu bewegen. Man ist bemüht, Abstand zu den anderen Passanten zu halten, was angesichts der freien Fläche leicht ausführbar ist. Die Menschen blicken sich kurz an, es ist ein nahezu misstrauisches Beäugen, bevor jeder in sicherer Distanz aneinander vorbeizieht. Hat da jemand gehustet? Hat da jemand geniest? Das Unbehagen vor dem Virus scheint überall greifbar zu sein.

In der beliebten Bar Bosch sind unzählige Tische unbesetzt. Die wenigen Gäste im Freien halten reichlich Abstand von einander. Ein ähnliches Bild an einer Bushaltestelle: Zwischen die einzelnen Wartenden könnten gut zwei bis drei zusätzliche postiert werden.

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Die Abendstimmung zieht bläulich durch die Baumreihen der Platenenallee Borne, die Straßenbeleuchtung geht an. Bei frühlingshaftem Ambiente und 16 Grad Lufttemperatur tauscht der Lichterschein die Stadt in eine romantische Stimmung, während die ungewohnte Einsamkeit in den Straßen eine gänzlich eigenartige Schaurigkeit verströmt.

Der Borne, unbelebt, und das an einem frühen Samstagabend. Foto: as

Sprachfetzen auf Deutsch und Französisch verraten, dass einzelne Touristen durch die Stadt wandeln, ohne recht zu wissen, wohin. In der Einkaufsstraßen Jaime III. haben die Kaufhäuser El Corte Inglés und C&A geöffnet, ohne dass Konsumenten sichtbar sind. Andere Boutiquen verweisen mit einem Zettel hinter der Glastüre darauf, dass sie in den kommenden zwei Wochen - so lange ist der Alarmzustand von der Regierung dekretiert - nicht öffnen werden.

Am Denkmal für das 1937 versenkte Kriegsschiff "Baleares" halten einigen Jugendliche auf ihren Skateboards Kurs gegen die Vereinsamung der Stadt. Doch auch ihre Gruppe ist deutlich geschmolzen, verglichen mit anderen Zeiten.

In der gastronomischen Flaniermeile Fábrica im hippen In-Viertel Santa Catalina hat kaum ein Lokal geöffnet. Die wenigen, die gegen den Trend Präsenz zeigen, haben die einzelnen Tische weit von einander gerückt. Einen Meter Mindestabstand sehen die städtischen Vorgaben zur Vermeidung von Ansteckungen vor. Doch auch so wollen sich fast keine Kunden einfinden. Angesichts ausbleibender Gäste wird sein Lokal morgen vermutlich gar nicht mehr öffnen, sagt ein Kellner. Denn: "Diese Straße ist tot!"

Palmas Kathedrale, fast allein zu Hause. Foto: as