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Viele Hunde, vor allem in Stadtwohnungen, sind es gewohnt, mehrere Stunden am Tag alleine zu sein. Die Besitzer gehen arbeiten und kommen erst abends wieder. Für einen Hund, der eigentlich in einem Rudel lebt, ist dieser Zustand nicht optimal. Aber Hunde können sich daran anpassen, wenn sie ansonsten genug Auslauf und Ansprache erhalten.

Jetzt ist in vielen Haushalten das Gegenteil der Fall. Plötzlich ist der Hund stundenlang von vielen Menschen umgeben. Spontan mag man denken, das sei perfekt. Tierpsychologin Eva Borras der Hundeschule Son Batlet sieht das anders: „Das Tier wird aus seinem normalen Rhythmus gerissen. Ein Hund braucht viel Schlaf, 18 bis 20 Stunden am Tag. Es ist daher besonders wichtig, dem Hund jetzt den nötigen Raum und die Zeit für Ruhe zu geben.“

Das gelte besonders für Familien mit kleinen Kindern. Der Hund braucht in einem solchen Fall einen geschützten Bereich, an den er sich bei Bedarf zurückziehen kann. Auch müsse man sich bewusstmachen, dass dieser Zustand sich hoffentlich in wenigen Wochen wieder ändern wird. Der Übergang für den Hund sollte daher so sanft wie möglich gestaltet werden. Dennoch ist es natürlich jetzt auch wichtig und gut, Zeit mit dem Hund zu verbringen.

Auch wenn die Spaziergänge jetzt kurz ausfallen, sind sie für das Tier enorm wichtig. Man solle sich klarmachen, dass dieser Ausgang vor allem für das Tier da sei, betont Borras. Der Geruchssinn eines Hundes ist essenziell, vergleichbar mit unserem Sehsinn. Wird dieser nicht regelmäßig trainiert, verliert der Hund ein wichtiges Hilfsmittel zur Orientierung. „Lassen Sie den Hund daher an allem in Ruhe schnüffeln, wohin es ihn zieht. Beim Schnüffeln wird Serotonin freigesetzt, was für Gehirnprozesse wichtig ist und dazu beiträgt, dass der Hund ausgeglichen ist. Halten Sie die Leine nicht zu kurz, 1,5 Meter sollten es mindestens sein. Den nötigen Auslauf holt er sich nach der Quarantäne wieder“, betont die Veterinärmedizinerin Borras. Der Versuchung, sich durch strammes Gassigehen um den Block selbst ein wenig auszupowern, sollte man daher widerstehen, wenn das Tier etwas Anderes fordert.

Hunde sind Rudeltiere. Sie mögen und brauchen einen Anführer, den Rudelführer, der ihnen sagt, wo es langgeht. Die vermehrte Zeit, die man jetzt mit dem Tier verbringt, kann genutzt werden, um die Bindung zu verstärken. Man kann sie spielerisch mit Übungen, Rätseln oder dem Auffrischen von Kommandos vertiefen.

Hunde sind intelligent. Sie mögen es, Aufgaben zu bekommen, die sie ausführen sollen. Futter, in dem Fall Leckerlis oder Trockenfutter, in ein Handtuch zu rollen, damit der Hund es findet, Geschicklichkeitsübungen, um an Leckerlis heranzukommen, fordern die Konzentration. Damit ein Gewöhnungsprozess nicht zu schnell eintrifft, sollte man die Spiele variieren, die Belohnung an verschiedenen Orten verstecken und unterschiedliche Materialien verwenden. Auch sollten die Spielzeuge oder Spiele zu festen Zeiten verfügbar sein oder damit gespielt werden. Damit es für beide unterhaltsam wird, kann man sich auch kurzerhand selbst vor dem Hund verstecken.

Es gibt im Fachhandel professionelles Spielzeug für kreatives Spiel, mit etwas Fantasie kann man aber auch Alltagsgegenstände in einen Hundeparcours verwandeln. Ein Eierkarton, eine leere Plastikflasche, ein Handtuch dienen als Möglichkeiten. Mit etwas Klebeband kann man zum Beispiel die Öffnungen einer Klopapierrolle, in der ein Leckerli versteckt ist, zukleben. So muss sich der Hund stärker anstrengen, was wiederum die Konzentration fördert.

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Ist ein Spiel neu für den Hund, sollte er schnell Erfolge erzielen, um motiviert zu bleiben. Man kann am Anfang im Beisein des Hundes das Spielzeug mit den Leckerlis füllen. Und natürlich nicht vergessen: Lob und Streicheln sind wichtig!

Hundeexpertin Martina Krain des Hunderessorts „Sweet Home“ rät, alles, was man draußen mit dem Tier mache, im Rahmen der Möglichkeiten auch drinnen zu machen. „Man kann Grundkommandos wiederholen. Wenn der Auftrag an den Hund lautet: Liegenbleiben!, kann man rausgehen und die Zeit stoppen und bei der Rückkehr den Hund belohnen. Die Zeit kann verlängert werden, auch das fördert die Konzentration des Hundes.“ Was man nicht tun sollte, ist sich jetzt völlig anders als sonst zu verhalten, ist Krain überzeugt. Ein ausgewogenes Maß an Aktivität und Ruhe sei das A und O für einen ausgeglichenen Hund.

Wer viel Zeit und Muße hat, kann in die Pflege seines Vierbeiners etwas mehr Zeit als sonst stecken. Aber auch hier gilt: Ist der Hund daran nicht gewöhnt, sollte man auch jetzt nicht unbedingt verstärkt damit beginnen. Ein Labrador, dessen Unterfell regelmäßig ausgebürstet wird, genießt die zusätzliche Zuwendung hingegen schon.

Durch die strenge Leinenpflicht und die begrenzten Auslaufmöglichkeiten für Hunde sei die Sozialisierung der Vierbeiner untereinander auf Mallorca ohnehin erschwert, sagt Krain. Das spielerische Miteinander unter den Tieren fehle jetzt ganz. Durch die strengen Abstandsregeln traut sich mancher Hundehalter auf der Straße sicher nicht an andere Hunde heran. Auch hier könne man darauf vertrauen, dass der Hund davon keinen Schaden nehmen wird. „Hunde stecken mehr weg als man denkt“, ist Martina Krain überzeugt.

Etwas Positives kann man aus der schwierigen Zeit jetzt ziehen. Das ungewohnt lange Zusammensein von Halter und Hund ist auch eine Chance für eine verstärkte Bindung.

Tipps drinnen und draußen auf einen Blick

Im Haus

  • Genug Ruhemöglichkeiten für den Hund schaffen
  • Einen Bereich kreieren, in dem der Hund spielen kann
  • Die normale Routine aufrechterhalten
  • Geruchssinn spielerisch fördern

Auf der Straße

  • Geruchssinn beim Spaziergang fördern
  • Leine mind. 1,5 Meter lang
  • Sucht der Hund Kontakt zu anderen, nicht an der Leine zerren
  • Bei Nähe zu anderen Hundehaltern, mit Namen zurückrufen und bei Befolgen belohnen

Fotos: Trixie Balear, pixelio.de, Hunderessort Sweet Home