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Weiße Blumen ranken sich um den Torbogen, durch den Braut und Bräutigam bei herrlichem Wetter schreiten, eine Sängerin stimmt „Halleluja” an, im Blick der Liebenden Freudentränen und das weite Meer. Und während ein leichter Wind mit den Haaren der glücklichen Braut spielt, sagt das Paar: „Ja!”, „Si!” oder „Yes!”.

So oder so ähnlich träumen viele Verlobte jedes Jahr den Traum ihrer Hochzeit auf Mallorca. Zwischen Mai und Oktober haben die Weddingplanner auf der Insel Hochsaison. So auch Jutta Birfelder und ihr Team von „Mallorca Hochzeiten“. Über 1000 Traumhochzeiten hat die Agentur in den letzten 21 Jahren organisiert, allein in diesem Jahr wollte man weiteren mehr als 50 Brautpaaren den schönsten Tag im Leben bescheren. Für die meisten der Heiratswilligen heißt es jetzt jedoch: Erst mal weiter träumen, denn wegen der Coronakrise muss ein Großteil der geplanten Hochzeiten verschoben werden.

Lediglich an den Terminen der Feiern Ende des Jahres wird vorerst nicht gerüttelt. „Die Reaktionen der Paare, die verschieben müssen, sind sehr unterschiedlich“, erzählt Birfelder. Manche seien entspannt und würden alles einfach aufs nächste Jahr legen. „Viele sind aber auch sehr traurig und aufgeregt. Je nachdem, wie groß die Gesellschaft ist und woher die Gäste kommen, ist der logistische Aufwand für jeden Einzelnen natürlich unterschiedlich groß“, weiß die Agenturchefin.

Für das Team von „Mallorca Hochzeiten“ bedeutet das Verschieben so vieler Feste in jedem Fall eine große Herausforderung: Die Location, das Catering, das Hochzeitsauto, die Musiker, der Fotograf, der Stylist, die Dekorateure, die Hochzeitstorte, der Bustransfer der Gäste – all das muss aufs Neue unter einen Hut gebracht werden. „Sowas haben wir bisher nur einmal erlebt“, erzählt Birfelder. 2010 war das, als der isländische Vulkan Eyjafjallajökull ausbrach und der Flugverkehr vorübergehend eingestellt wurde. „Damals mussten wir allerdings nur drei und nicht über 50 Hochzeiten verschieben“, erinnert sich die Heiratsexpertin.

Hinter jeder verschobenen Hochzeit steht eine ganz individuelle Geschichte, das weiß auch Iris Reichle von „Reichle Deco“ in Artà. Seit 17 Jahren organisiert sie verschiedene Veranstaltungen auf Mallorca – unter anderem auch Hochzeiten. Auch Reichle hat fast alle geplanten Veranstaltungen für dieses Jahr abgesagt. „Ein Paar hält noch am Termin mit über 100 Gästen im August fest“, erzählt sie, die anderen seien ihrem Rat gefolgt und hätten sich auf einen neuen Termin im nächsten Jahr verständigt. „Auch wenn ich es dem Paar natürlich von Herzen wünschen würde, kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Feier mit über 100 Leuten in drei Monaten erlaubt sein wird“, befürchtet Reichle.

Die Geschichte eines anderen Paares geht ihr besonders nah: Deren Hochzeit sollte im Juli mit 65 Gästen stattfinden. Die dafür gemietete Finca sollte gleichzeitig Location und Unterkunft für einige der Gäste sein. 6000 Euro hat das Paar dafür bezahlt und so wie es derzeit aussieht, wird es – obwohl die Feier bereits verschoben wurde – auf diesen Kosten sitzen bleiben. „Der Finca-Vermieter zahlt das Geld nur zurück, wenn im Juli noch ein Flugverbot gilt. Wenn nicht, könnten die Gäste ja theoretisch anreisen. Das bringt aber natürlich nichts, wenn die Hochzeit nicht stattfinden kann, weil die Gesellschaft zu groß ist“ erklärt Reichle das Dilemma. „Die Braut hat am Telefon viel geweint. Und ich gleich mit“, sagt sie.

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Viele Tränen sieht derzeit auch Christina von Hunnius von „Fairytale Wedding“. Sie telefoniert in diesen schwierigen Zeiten mit ihren Brautpaaren am liebsten per Video. „Das ist einfach doch noch ein bisschen persönlicher“, findet sie. Und auch ihr geht es besonders nah, wenn eine Braut weint, weil der schönste Tag im Leben verschoben werden muss.

„Ich mache nur so um die zehn Hochzeiten im Jahr, dementsprechend eng ist der Kontakt zu den Paaren“, erklärt von Hunnius. Sie erfüllt seit 2005 Märchenhochzeitsträume auf Mallorca, verschieben musste sie selten. Einmal war eine Braut ungeplant schwanger und es kam auch schon vor, dass der Hochzeitstermin plötzlich nicht mehr mit dem Trainingsplan eines Profifußballers überein stimmte, aber sonst lief eigentlich immer alles nach Plan.

Es sei denn, es kam die außerplanmäßige Trennung eines Paares dazwischen – aber auch das gab es in all den Jahren nur zweimal. Dieses Jahr ist eben alles anders. „Es ist wirklich für alle Beteiligten blöd. Aber im Vordergrund stehen das Wohl und die Gesundheit des Paares und der Gäste. Ich versuche da positiv durchzuleiten“, sagt von Hunnius. Und so sind Mallorcas Weddingplanner in diesen Tagen eben auf eine Art auch Psychologen.

Manch Heiratswillige sind auch bereit, für die Traumhochzeit auf Mallorca drastische Schritte zu gehen, weiß Arantxa Calvo von „Art Wedding & Music“: „Ein Paar hat kurzerhand über die Hälfte der geladenen Gäste wieder ausgeladen“, erzählt sie. Die Braut sei sehr katholisch und wolle unbedingt an dem Termin im Juli festhalten. Da große Feiern aber bis dahin vermutlich nicht erlaubt sein werden, werden bei dem Fest nun nur 30 statt der geplanten 80 Gästen dabei sein. Und auch auf voll besetzte Kirchenbänke wird das Paar verzichten müssen: So wie es im Moment aussieht, werden während der Zeremonie wohl nur das Brautpaar und dessen Eltern dem Ja-wort beiwohnen. „Das hat sich das Paar so natürlich nicht vorgestellt“, erzählt die Mallorquinerin, die seit fünf Jahren Hochzeitsträume erfüllt. Aber auch wenn die Traurigkeit oft groß ist, unterm Strich seien alle sehr verständnisvoll. „Das betrifft nicht nur die Paare, auch die Drittanbieter sind sehr kulant und tun ihr Möglichstes, allen gerecht zu werden“, betont Calvo. Keine leichte Aufgabe, denn schließlich kommen zu all den Hochzeiten, die ins nächste Jahr verschoben werden müssen, auch diejenigen, die sowieso erst 2021 geplant waren, denn ein Jahr Vorlauf, das ist normal in der Branche.

Gut möglich also, dass im nächsten Jahr ein regelrechter Hochzeitsboom auf Mallorca herrscht. Ein Hochzeitsboom, bei dem bestimmt viele Tränen fließen werden – aber dann nur noch der Freude wegen.

(aus MM 21/2020)