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Es ist mehr als 20 Jahre her. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre war Peter Jahnke in Can Pastilla an der Playa de Palma bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund. Er war Sandkünstler, lebte mehr oder weniger am Strand. Braungebrannt, ein buschiger Schnauzer, fast immer ein schelmisches Lächeln auf dem Gesicht. Ein Typ, der bei den Frauen ankam.

Bis ihn eine zähmte. Mit seiner Pepa ist er seit 1998 liiert und seit 2006 verheiratet. Das Paar lebt im eigenen Haus im Dörfchen Sant Jordi im Hinterland der Playa de Palma. Sie hat fast 40 Jahre als Zimmermädchen in einem Hotel an der Playa gearbeitet, ist 67 und bereits im Ruhestand. Er feierte vor wenigen Tagen den 65. Geburtstag und will in den kommenden Monaten alle Papiere für die Rente zusammenhaben. Dann ist Schluss mit einem erfüllten Arbeitsleben als Maurer auf Mallorca. Er hat meistens angestellt für mallorquinische Unternehmen gearbeitet, war zwischendurch auch mal selbstständig.

Jahnke, den früher alle nur Sandpeter nannten, stammt aus Marl in der Nähe von Dortmund. Dass es sich bei dem Mann um ein Ruhrpottgewächs handelt, weiß der Zuhörer nach den ersten Sätzen. In seiner Heimatstadt hat er Maurer und Stuckateur gelernt, war danach auf den verschiedensten Baustellen tätig. „Ich bin auch fünf Jahre in Frankreich gewesen, meine Mutter war Französin“, meint der Handwerker. Dort habe er gelernt, wie man alte Schlösser und Kirchen restauriert, wie man vor 200 Jahren gearbeitet hat.

Mit 25 hat er das erste Mal geheiratet, knapp zwölf Jahre später war die Ehe kaputt und für Peter begann ein neues Leben. Er wollte die Welt bereisen. Seine erste Station war Mexiko. Dort lernte er Sandburgenbauer kennen. Und er machte das dann auch. Die Leute seien begeistert gewesen. „Die haben mir Geldscheine zugeworfen, so etwas kannte ich gar nicht.“ Im niederländischen Scheveningen gewann er später einen Sandkünstler-Wettbewerb und reiste von der Prämie – 30.000 Gulden – nach Australien. Er war dann auch das erste Mal auf Mallorca, in China und den USA, bevor er 1994 wieder nach Mallorca kam und den Playa-Wirt Udo Kaley kennenlernte, dessen Lokal später so etwas wie eine Basis für Sandpeter wurde. Eigentlich wollte der Maurer den Winter 1994/95 wieder in Mexiko verbringen, doch Kaleys Frau Helga überzeugte ihn, auf Mallorca zu bleiben. „Es gab damals in Cancún eine riesige Flutwelle. Wenn ich da am Strand geschlafen hätte, dann wäre ich wohl tot“, meint Peter in der Rückschau.

Wer am Strand lebt, der gilt oft als asozial. Bei Sandpeter war das etwas anders, er wurde akzeptiert. „Alle haben mich immer freundlich gegrüßt. Als Penner hat mich niemals jemand bezeichnet.“

„Die Frauen am Strand, die sind mir sowas von hinterhergelaufen ... Klar, du warst anders als die anderen. Ich war damals gebaut wie Tarzan, die blonden Haare, braun wie ‘ne Sau und die blauen Augen.“ Wobei im Pass die Augenfarbe Graubraun steht. „Ein Augenarzt hat mir mal erklärt, dass sich die Farbe durch viel Sonne verändern kann.“

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Mit Pepa wurde alles anders. 1999 bezog das Paar eine Wohnung im Herzen von Can Pastilla, in etwa zeitgleich begann Jahnke bei einer deutschen Baufirma. Doch dort blieb er nur ein Jahr. „Die haben zu sehr gepfuscht.“ Fortan hatte er vor allem spanische Arbeitgeber. Seite an Seite mit einheimischen Kollegen auf der Baustelle. Obwohl Peter damals noch kaum Spanisch konnte. „Die Teamarbeit auf dem Bau ist fast überall gleich. Aber wir Deutschen haben eine andere Arbeitsweise. Wir arbeiten sauberer.“ Nach Jahnkes Meinung machen nur rund 30 Prozent der mallorquinischen Maurer ihren Job vernünftig. Mit Kritik ging er aber im Laufe der Jahre zurückhaltend um. „Sonst heißt es gleich deutscher Quadratkopp“. Es hapere hierzulande oft an der Ausbildung. „Der junge Maurer hat von seinem Vater gelernt mit der Kelle zu arbeiten und der hat es auch von seinem Vater beigebracht bekommen. Und sie machen alle die gleichen Fehler, auch der junge.“

Peter Jahnke ist Handwerker durch und durch. Auch im Privatleben ließ ihn die Arbeit nicht los in den vergangenen Jahren. Samstags und sonntags hat er ebenfalls gearbeitet. Dann aber für sich und nicht für andere. Peter und Pepa kauften 1999 ihr Grundstück in Sant Jordi, etwas außerhalb vom Ortskern gelegen. Dann wurde das Haus gebaut, 2003 konnte das Paar dort wohnen. „Ja, eingezogen sind wir damals. Fertig war es aber noch lange nicht.“ Und das wurde es eigentlich bis heute nicht. Wer baut, der kennt das. Zu tun ist immer etwas, zumal Peter betont, dass er alles selbst gemacht hat. „2012 habe ich zum Beispiel den Pool gebaut. Ein Jahr habe ich daran gearbeitet, auch den Beton selbst angemischt.“

Wie wäre sein Leben eigentlich verlaufen, wenn es 1998 nicht gleich Liebe auf den ersten Blick gewesen wäre, wenn er Pepa nicht kennengelernt hätte. Wäre der Sandpeter dann überhaupt wieder sesshaft geworden? „Doch, ja. Ich wollte schon irgendwann wieder ruhiger werden. So wie ich mir als starker Raucher vorgenommen hatte, mit 50 das Rauchen aufzuhören.“ Was ihm gelungen ist.

Man sollte eigentlich meinen, dass sich Peter und Pepa darauf freuen, den Herbst ihres Lebens in Ruhe im selbst gebauten Haus genießen zu können. Stattdessen steht aber eine Veränderung an. Die beiden wollen nach Valencia ziehen. Voraussichtlich Ende des Jahres soll das Haus in Sant Jordi verkauft werden. „Meine Frau kommt aus Valencia, dort lebt ihre Familie. Wir suchen ein Haus mit Garten oder vielleicht eine Wohnung mit großer Terrasse für unsere beiden Hunde. So ein Grundstück macht viel Arbeit und wir werden ja nicht jünger.“

Aber von der Welt will Peter in Zukunft nochmal einiges sehen. Diesmal zusammen mit seiner Pepa. „Ich würde ja gerne eine Harley kaufen. Und dann die Frau hinten drauf. Aber sie will das nicht.“ Gibt es eine Kompromisslösung? „Vielleicht schaffen wir uns ja ein Wohnmobil an.“

(aus MM 35/2020)