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Vor mehr als 20 Jahren war er schon einmal geschäftlich aktiv auf Mallorca. Danach wurde die Insel nur zum privaten Rückzugsort. Jetzt aber macht Christof Blaesius hier wieder Business. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin und Geschäftspartnerin Babette Schulze hat der 60-Jährige am 1. April das Agroturismo-Hotel „Ses Cases de Fetget” samt Restaurant bei Son Servera übernommen. In Zeiten der Pandemie sicher nicht ohne Risiko ...

Viele auf Mallorca langjährig ansässige Rheinländer erinnern sich noch heute an einen Event, den der damalige Wahl-Kölner im Sommer des Jahres 2000 in der Stierkampfarena von Palma organisierte. „Kölle goes Palma” hieß das Konzert, bei dem neben den Kölner Bands Höhner, Bläck Fööss, Paveier und Räuber auch die mallorquinische Gruppe Els Valldemossa und Operndiva Montserrat Caballé sowie deren Tochter Montserrat Martí auftraten. Unter dem Namen „Kölle goes ...” präsentierte Blaesius auch in deutschen Städten wie Mainz, Koblenz oder Berlin die kölsche Musik. „Das Konzept war so ausgelegt, dass es dort funktionieren kann, wo viele Menschen aus dem Rheinland sind”, erinnert sich Blaesius. Eigentlich ist Mallorca diesbezüglich prädestiniert für einen solchen Event. Dennoch kamen nur rund 3500 zahlende Zuschauer in die Arena. „Ich hatte mit mehr gerechnet, aber es war keine Enttäuschung”, meint der Veranstalter in der Rückschau. „Ich glaube, das Konzert ist vielen noch heute in tiefer Erinnerung. Unter anderem wegen der wunderschönen Atmosphäre in der Arena.” Und nicht zuletzt aufgrund des Finales, in dem alle Künstler zusammen mit „Niemals geht man so ganz” von Trude Herr Gänsehautstimmung verbreiteten. Für Blaesius der „Brückenschlag” zwischen Deutschland und Spanien, den er angestrebt hatte.

Dass Blaesius gerade in der Corona-Krise ein Hotel auf Mallorca übernimmt, passt wohl zum bisherigen Lebensweg des Mannes, der 1960 in Daun in der Eifel das Licht der Welt erblickte. Er arbeitete nach dem Abitur beispielsweise als Reiseleiter, erlebte die Pionierzeiten von RTL in Luxemburg mit, lernte das TV-Handwerk in der Produktionsfirma von Frank Elstner, schloss ein BWL-Studium als Diplom-Kaufmann ab, nachdem er vorher schon mit Jura und Geografie begonnen hatte. Blaesius produzierte TV-Unterhaltung als selbstständiger Unternehmer oder im Angestelltenverhältnis immer wieder für RTL, aber auch für Sat 1 oder fünf Jahre als Produktionsleiter beim ZDF. Auch die Wetterbranche ist ihm nicht fremd, acht Jahre lang war er Manager von Wetterfrosch Jörg Kachelmann.

Dem Fernsehen hat er in den 90er Jahren abgeschworen. „Die Produktionsbedingungen für freie Produzenten wurden immer komplizierter. Da habe ich mir gesagt, was mit Kameras geht, funktioniert auch ohne.” Und aus Blaesius wurde der Veranstalter, unter anderem von „Kölle goes ...”.

Dass er mit dem kölschen Event nach Palma kam, lag daran, dass sein Herz wenige Jahre zuvor für die Insel entflammt war. Und dafür war ein aus heutiger Sicht ehemaliger „Tagesschau”-Chefsprecher verantwortlich. „Jan Hofer, der damals eine Wohnung in der Nähe von Palma hatte, lud mich ein. Durch ihn habe ich gesehen, wie viele Facetten Mallorca hat, wie schön es hier ist.”

2004 wurde aus dem Wahl-Kölner ein Wahl-Berliner. „Berlin ist seit dem Mauerfall die spannendste Stadt Deutschlands und so international”, gerät der kreative Kaufmann fast ins Schwärmen. In der Hauptstadt hat er unter anderem das Teehaus im Englischen Garten betrieben, seit 2014 gilt sein Augenmerk dem „Ballhaus Berlin”, zu dem auch noch ein Hostel, ein Biergarten und eine Alt-Berliner Kneipe gehören. „Wir sind das älteste Ballhaus Berlins, gegründet 1905”, so Blaesius, der die Veranstaltungslocation an der Chausseestraße zusammen mit seiner Babette betreibt.

Das Paar hat sich 2014 kennengelernt, ist seitdem auch liiert und schmeißt den Betrieb gemeinsam. Eine Liaison, die nicht nur privat passt. Babette Schulze, geboren 1966 in Halle an der Saale, kam 1972 mit ihren Eltern nach Berlin. Sie ist ausgebildete Restaurantfachfrau, zudem auch Versicherungsfachfrau und Schlosserin. „Aber mein Herz schlägt für die Gastronomie und die Hotellerie. Dorthin zog es mich immer wieder zurück.”

Dass Christof Blaesius 2004 Berlin zu seinem Lebensmittelpunkt machte, hing zusammen mit einem Vorhaben, dass er jahrelang verfolgte und das zu seinem „Herzensprojekt” wurde. Der Plan war, die Berliner Mauer wieder aufzubauen. Als „zeitlimitiertes Kunstwerk”. Während der Fußball-WM 2006 in Deutschland sollte die Mauer verbunden mit vielen Events an die Geschichte erinnern. Das Vorhaben kam zwar nie zustande, sorgte aber für ein weltweites Medienecho. Warum es nicht geklappt hat, das lag laut Blaesius daran, dass die Bundesregierung damals André Heller mit einem kulturellen Rahmenprogramm für die WM beauftragt hatte. Die Mauer passte dem Künstler nicht ins Konzept und ließ sich somit letztlich nicht finanzieren. Blaesius bedauert heute noch, dass sein Plan damals nicht aufgegangen ist.

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Im „Ballhaus Berlin” herrscht coronabedingt tote Hose. Im Saal passiert nichts, das Hostel und die Kneipe sind ebenfalls geschlossen. Auch auf Mallorca grassiert die Krise. Wieso hat das Paar gerade jetzt das Agroturismo-Hotel übernommen? „Ich glaube, das ist einfach zu erklären”, meint Christof Blaesius. „Die Idee für ein solches Hotel ist nicht erst in dieser Situation erwachsen. Zuvor hatte der Markt aber keine Möglichkeit eröffnet. Jetzt gab es für uns die Gelegenheit, dieses Haus zu übernehmen.”

Vor drei Jahren hatten sich die beiden entschlossen, zum Teil auf Mallorca heimisch zu werden. Ziel war, eine Woche im Monat auf der Insel zu verbringen. Man mietete eine Finca bei Son Carrió. Es wurde dann mehr als die eine Woche. „Es gibt wunderschöne Häuser hier, aber viele sind nicht wirklich wintertauglich.” Also suchte das Paar etwas Neues und wurde in unmittelbarer Nähe des Hotels fündig. Dort leben die beiden mit kurzer Unterbrechung seit September vergangenen Jahres. Und so lernten sie auch das Restaurant von „Ses Cases de Fetget” als Gäste kennen. Das Anwesen, eine Finca aus dem 17. Jahrhundert, war vor 15 Jahren zum Hotel und Restaurant umgestaltet worden.

Babette Schulze erinnert sich noch genau: „Ich habe damals gesagt, wenn wir aktiv werden, dann muss es genauso sein wie hier.” Von einem Freund erfuhr man einige Monate später, dass die mallorquinischen Betreiber das Haus abgeben wollten, und dann ging alles recht schnell. Seit dem 1. April läuft der Betrieb wieder, natürlich unter Einhaltung der Corona-Regeln. Die neuen Inhaber haben einen Mitarbeiter aus ihrem Ballhaus nach Mallorca geholt, die anderen Angestellten vor Ort wurden übernommen.

Trotzdem bleibt die Frage nach dem Risiko in unsicheren Zeiten. „Bis zur Pandemie haben wir ein sehr erfolgreiches Haus in der Mitte von Berlin geführt, das auch international Anerkennung findet. Ich glaube, das haben wir ganz gut hinbekommen. Das hat zu Rücklagen geführt, die natürlich mit der Zeit aufgebraucht wurden. Aber die Unterstützung der Regierung für Unternehmen, die vor der Pandemie nicht gekrankelt haben, hilft.”

„Wir glauben daran, dass die Pandemie hoffentlich bis Ende des Jahres in den Griff zu bekommen ist und arbeiten an diversen Dingen im Ballhaus und im Hostel, das 100 Betten hat, sind zum Beispiel dabei, es komplett zu digitalisieren. Auch im Ballhaus wird es ab Mai Umbauten geben. Vielleicht können ab Oktober wieder publikumsintensivere Veranstaltungen stattfinden.”

Für Mallorca erwartet Blaesius, dass sich der Tourismus auf der Insel verändern wird. „Langfristig wird es Mallorca gut tun, wenn die Insel nicht von Partytouristen überrannt wird, bei allem Respekt vor den Leuten, die Party suchen. Es wird wohl auch schwieriger, hier Familienurlaub zu verbringen.” Demgegenüber erwartet der Unternehmer eine Stärkung des Individualtourismus und glaubt, dass ein Haus wie „Ses Cases de Fetget”, das im oberen Preissegment angesiedelt ist, auch weiterhin gut laufen werde.

Für die Zukunft gibt es einige Ideen. So soll auf dem fünf Hektar großen Grundstück ein botanischer Rundweg angelegt werden, auf dem Spaziergänger viel über die Pflanzen erfahren. Auch die Reaktivierung eines Teiches ist geplant. Man sucht zudem Kontakt mit Künstlern, die ihre Werke im Hotel ausstellen wollen und kann sich Musikveranstaltungen vorstellen.

Aber bei den verschiedenen Vorhaben ganz konkret zu werden, ist nun mal schwierig in Corona-Zeiten. „Man muss sehen, was geht wann wieder”, meint Babette Schulze.

(aus MM 17/2021)