Stefan Rachow fotografiert leidenschaftlich gern. | Ultima Hora

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Sein Ziel sei, in den Bildern, die er macht, Emotionen herauszuarbeiten, betont Stefan Rachow. Das versucht er mit Licht, mit der geeigneten Ansprache, der passenden Atmosphäre und viel Gefühl beim Fotografieren. Vor allem der Radsport hat es ihm angetan. Der 41-Jährige ist Fan, tritt auch selber gerne in die Pedale. Dass er seit seinem Sprung in die Selbstständigkeit viel auf Mallorca arbeitet, ist nachvollziehbar. Obwohl seine Basis vorerst das heimische Rheinland bleibt, ist Rachow auch auf der Lieblingsinsel der Radler ansässig. Zunächst hatte er eine Bleibe in Sant Joan, seit zwei Jahren fühlt er sich in Sineu zu Hause.

Rachow ist Sportfotograf und als solcher Autodidakt. Vor dreieinhalb Jahren hat er den Schritt gewagt, von dem viele träumen. Das bisherige Leben hinter sich lassen und ohne Netz und doppelten Boden alles auf eine Karte setzen. Er hat es nicht bereut. „Ich kann von der Fotografie leben“, meint Rachow im Gespräch mit MM. Und das trotz Corona.

Stefan Rachow stammt aus Grevenbroich zwischen Köln und Düsseldorf. Dort ist er aufgewachsen. Es folgten ein Studium der Theologie und Philosophie in Bonn sowie mehr als zehn Jahre als Angestellter in der Jugendarbeit der katholischen Gemeinde Bad Godesberg-Rheinviertel. In dieser Zeit hat er Jugendliche auf dem Weg zum Erwachsenwerden begleitet. „Kurz gesagt war meine Aufgabe, Werte zu vermitteln an junge Menschen.“ Und das sei ihm gelungen, berichteten seine einstigen Schützlinge noch heute im Rückblick.

Doch dann gab es eine Wende im Leben von Rachow. In der Gemeinde war er immer mehr auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, dokumentierte die Geschehnisse mit Fotos. Als begeisterter Hobby-Radler interessierte er sich für Profirennen, reiste mit der Kamera dorthin, zum Beispiel zur Tour de France. Verkauft hat er damals noch keine Bilder, wollte neben dem Angestelltenverhältnis keinen weiteren Job machen. So war sein Start als Sportfotograf ein „Kaltstart“, wie Rachow heute sagt.

In den vergangenen Jahren wurde die Jugendarbeit der katholischen Kirche immer stärker beäugt. Missbrauchs- und Vertuschungsvorwürfe gegenüber Würdenträgern des Klerus rückten den Bereich in ein schlechtes Licht. War das vielleicht ein Grund für Stefan Rachow, seinen bisher eingeschlagenen Weg zu ändern?

„Nein“, betont der Fotograf. Er habe gefühlt, dass er in einem Alter sei, in dem er noch einmal etwas Neues machen müsste. Mit der erwähnten Materie befasst er sich aber natürlich trotzdem und meint: „Man kann allen Betroffenen nur eine lückenlosen Aufklärung und psychologische Hilfe wünschen und dass die Täter zu Verantwortung gezogen werden. Dass die katholische Kirche an Glaubwürdigkeit verloren hat, steht wohl außer Frage und die jüngsten Entwicklungen schockieren, aber ich würde hier immer die Institution und Amtsträger von den Menschen trennen, die aufgrund ihres gemeinsamen Glaubens in ihr leben.“

Doch für den persönlichen Werdegang ist das Thema Vergangenheit, Rachow schaut in die Zukunft. Und die könnte sich immer stärker auf Mallorca abspielen. „Ich habe früher meinen Urlaub als Radguide auf Mallorca verbracht und mich ein bisschen in die Insel verschossen.“ Einst konnte er in Bad Godesberg nicht auf die Straße gehen, ohne von jedem erkannt zu werden. Das sei inzwischen in Sineu ähnlich. Während es aber früher eher belastend war, freut sich Rachow heute, in dem mallorquinischen Dorf angekommen zu sein. Und auch in der Radsportszene. Dort kennt man ihn inzwischen als „Mr. Pinko“. Die Farbe Pink ist so etwas wie das Markenzeichen des Fotografen. Irgendein Accessoire seiner Kleidung ist immer pink. Und wenn man das Zweirad des Rheinländers sieht, gibt es an dessen Eigentümer kaum einen Zweifel: Der Lenker und die Reifen – in Pink.

„Mr. Pinko“ arbeitet viel für Sponsoren, deren Produkte er, oft auf Mallorca, ins rechte Licht setzt. Dadurch fand er auch den Zugang zu anderen Bereichen des Profi-Radsports. „Man muss schon sein Netzwerk aufbauen und seine eigene Nische finden“, meint Rachow, der einräumt, dass Corona auch für ihn einen Einbruch bedeutete. „Inzwischen geht es aber wieder voran.“

Auch Freundschaften in der Szene hat Rachow in den vergangenen Jahren geschlossen. „Mit wem, das möchte ich für mich behalten. Aber es ist bei mir so: Wenn Harmonie herrscht, dann kann ich gute Fotos machen.“

Der Rheinländer hat sein Herz an Mallorca verloren. „Die Insel ist sehr motivlastig. Hier gibt es einfach alles und man kann fast das ganze Jahr gute Bilder machen.“ Wobei der Fotograf eigenem Bekunden zufolge sehr gerne mit dem Licht spielt. Warum die Insel so beliebt bei Radfahrern ist, bringt „Mr. Pinko“ auch auf den Punkt: „Das Wetter ist gut, die hohe Frequenz an Unterkunftsmöglichkeiten, sehr gut ausgebaute Straßen, das gibt es in keinem anderen Radfahrer-Hotspot. Und natürlich die Berge ...“

Doch Stefan Rachow beschränkt sich nicht auf den Sport. Immer wieder fotografiert er auch Hochzeiten, hat die Food-Fotografie für sich entdeckt und fängt gerade mit Hotels an. „Stets mit dem Ziel, Leben in das Bild zu bringen.“

In den vergangenen Jahren ist er den Mallorquinern immer näher gekommen. Und das soll auch weiterhin so sein. Motive gebe es zur Genüge. „Wenn ich zum Beispiel kartenspielende Omas sehe ...“

Einer der Foto-Wünsche abseits des Radsports: „Ich würde gerne einmal eine Serie von hiesigen Bauern älteren Semesters machen. Ein Opa, der die Mandeln in einer Garage kleinschlägt, so etwas finde ich spannend.“

Schöne Fotos und Emotionen sind eine Sache. Stefan Rachow scheint auch als Mensch auf der Insel angekommen zu sein. Oder er ist zumindest auf dem Weg.