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Wer einen Spaziergang durchs Santa-Catalina-Viertel unternimmt, der kann unschwer erkennen, dass Palmas Stadtplaner in dem ehemaligen Fischerviertel, das sich einst außerhalb der Stadtmauern bildete und einen ganz eigenen Charakter entwickelte, keine klare Linie vorgegeben haben. Da ragen achtstöckige Wohnhäuser aus den 1970er Jahren mit Allerwelts-Fassaden in die Höhe und zerstören so den Eindruck ganzer Häuserzeilen, die den einst dörflichen Charme des Viertels ausmachten. Immer wieder wurden aufgrund laxer Bauvorschriften in der Vergangenheit für Santa Catalina typische Häuser mit Sandsteinfassade, schmiedeeisernen Balkongittern, hölzernen Fensterläden, abgerundeter Hausecke und Dachüberstand abgerissen und durch moderne Bauten ersetzt, die den Charakter des Viertels nicht widerspiegeln.

Damit soll es nun vorbei sein. Der Stadtrat beschloss in seiner jüngsten Sitzung einen speziellen Bebauungsplan für das Viertel. „Wir legen damit die Basis dafür, dass das Viertel seine Identität bewahren kann”, sagte die zuständige Dezernentin Neus Truyol anlässlich der Präsentation des Plans. Die wohl folgenreichste Neuregelung betrifft just die Gebäudehöhe. In der Regel dürfen Häuser in Santa Catalina künftig maximal zwei Etagen außer dem Erdgeschoss haben. Nur in Ausnahmefällen und nach eingehender Prüfung kann davon abgewichen werden. Diese Regel dürfte vor allem einen Effekt haben: Das Verfallenlassen, Abreißen und Neubauen lohnt sich bei einer solch strengen Limitierung der Gebäudehöhe nicht mehr.

Des Weiteren wurde die Liste der besonders emblematischen Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, erweitert. Auch die Grundstückstiefe, die künftig bebaut werden darf, ist festgelegt. Dadurch sollen die charakteristischen Innenhöfe Santa Catalinas bewahrt werden. Auch zur Gestaltung der Fassaden von Neubauten sowie zu den zu verwendenen Materialien gibt es nun exakte Vorgaben.

„Durch den Plan ist die Bewahrung der traditionellen Bebauung und des Straßenbildes gesichert”, sagt Àngels Fermoselle, Vizepräsidentin des Denkmalschutzvereins Arca, der sich seit vielen Jahren für den Erhalt des Viertels einsetzt. Lange Zeit hatte Santa Catalina als Arme-Leute-Viertel gegolten und und war nach und nach heruntergekommen. Bis sich irgendwann gutbetuchte Ausländer für den Stadtteil zu interessieren begannen, dort Immobilien kauften und diese dann aufwendig renovierten. Heute ist Santa Catalina eine der internationalsten Wohngegenden der Stadt – und eine der wichtigsten Ausgehmeilen.

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Das ist für viele Anwohner schon lange zum existenziellen Problem geworden. In manchen Gegenden, allen voran im Carrer Sant Magí und im vor einigen Jahren zur Fußgängerzone umgebauten Carrer Fàbrica, ist Lärmbelästigung an der Tagesordnung. Der neue Bebauungsplan sieht nun zwar ein Limit von drei Bars und Restaurants im Umkreis von 50 Metern vor, rückwirkend aber gilt das nicht. „Für die Hauptausgehstraßen kommt der Plan zu spät”, sagt Fermoselle. Dort sei der traditionelle Einzelhandel längst verschwunden.

Ein Stück weit will die Stadtverwaltung diese Entwicklung nun rückgängig machen und das Viertel auch für die Anwohner wieder attraktiver machen. Mehrere Straßen des Viertels sollen verkehrsberuhigt werden. Bürgersteige sollen verschwinden, einheitliche Oberflächen zum Flanieren einladen. In einigen Straßen könnten gar nur noch Anwohner mit dem Auto unterwegs sein dürfen.

Das wiederum missfällt den Gastronomen des Viertels. Deren Verbandsvorsitzender, Tomeu Mas, forderte kürzlich, Einschränkungen des Verkehrs erst einzuführen, wenn das unter der Plaça del Progrés geplante Parkhaus fertiggestellt sei. Bis dahin können allerdings noch Jahre vergehen. Außerdem fordern etwa die Denkmalschützer von Arca, dass dort ausschließlich Anwohner parken sollen – um den Charakter Santa Catalinas als Ausgehmeile nicht noch zu untermauern. Der Bau ist Teil der kompletten Umgestaltung der zentralen Plaça del Progrés. Der Platz ist derzeit durch den vielbefahrenen Carrer Comte de Barcelona praktisch zweigeteilt. Künftig soll der Verkehr nicht mehr mitten hinüber, sondern in einer weiten Kurve über eine der Seiten führen. Dagegen richtet sich allerdings die Kritik der Anwohner, die Belästigungen befürchten. Man werde weitere Bäume als Lärmschutz pflanzen, so die Stadtverwaltung.

Eines scheint somit gewiss: Was von Santa Catalinas einzigartigem Charakter übrig ist, wird nun besser bewahrt. Bei allem anderen ist weiterer Streit vorprogrammiert.

Der Bericht ist Teil des Themas der Woche im neuen MM. Die vollständige Berichterstattung lesen Sie in der jüngsten Ausgabe (48/2021), erhältlich am Kiosk auf Mallorca, sowie an den Bahnhöfen und Flughäfen in Deutschland; oder auf E-Paper.)