Im Son-Espases-Krankenhaus schwankt die Geburtenzahl zwischen 100 und 190 Geburten je Monat. (Archivfoto) | Jaume Morey

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Bei seiner eigenen Geburt in der Clínica Rotger vor 59 Jahren sei bei weitem nicht alles glattgelaufen, erzählt der Gynäkologe Dr. Miguel Terrasa. Natürlich kenne er die Geschichte nur von Erzählungen seiner Mutter und Patentante, aber nach der Geburt stand es so schlecht um ihn, dass seine Tante wenige Tage danach mit ihm zur Taufe ging. In Spanien damals eine übliche Vorgehensweise, um einem Säugling im schlimmsten Fall den Weg zu Gott zu ebnen. Auf dem Weg zur Kirche begegnete den beiden eine deutsche Urlauberin, die so gerührt von dem kleinen, dünnen, zerbrechlichen Menschlein war, dass sie Miguel Terrasas Tante 300 Peseten, damals sehr viel Geld, zusteckte und ihr versicherte, mit dem jungen Mann werde am Ende alles gut.

„Meine Mutter und meine Tante waren damals so gerührt davon, dass sie immer gesagt haben, das war der Moment, als es mit mir bergauf ging.” Heute ist Terrasa ein angesehener Gynäkologe und Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe auf Mallorca. Heute hilft er selbst jungem Leben auf diese Welt. In seiner Praxis im internationalen Facharztzentrum „Centro Médico Porto Pi” begleitet er die Frauen bis zu dem großen Tag und darüber hinaus. Gab es früher große Unterschiede zwischen Krankenhäusern auf der Insel und in Deutschland, sind sie heute nur noch marginal, sagt der Experte.

Wer auf Mallorca in einem staatlichen Krankenhaus sein Kind bekommen möchte, kann das entweder im Son Espases, im Son Llàtzer oder in den Kliniken in Manacor oder Inca tun. „Jede dieser Kliniken arbeitet auf einem hohen europäischen Niveau. Dort ist man wirklich gut aufgehoben. Besonders die beiden Häuser in Palma genießen einen sehr guten internationalen Ruf.”

Die privaten Zentren auf Mallorca sind die „Clínica Rotger”, „Clinica Miramar” und das „Hospital Quirónsalud Palmaplanas”. Der wohl größte Unterschied zwischen staatlicher und privater Klinik liegt neben dem Preis (zwischen 6000 und 8000 Euro für eine Entbindung) vor allem in der Betreuung durch den Arzt, mit dem die Frau vorher bereits durch die Schwangerschaft gegangen ist. „Im Normalfall bin ich dabei, wenn meine Patientinnen ihre Babys bekommen. In einem staatlichen Krankenhaus betreuen Hebammen die werdenden Mütter, solange es keine Komplikationen gibt. Erst bei Schwierigkeiten wird ein Arzt hinzugezogen.” Abgesehen davon würden die Mitarbeiter auf privaten wie auch staatlichen Geburtsstationen stets mit demselben Einfühlungsvermögen auf ihre Patientinnen eingehen.

„Die Clínica Rotger hat seit kurzem neue Kreißsäle mit Badewanne. Dort gibt es jetzt auch die Möglichkeit der Wassergeburt.” Genau wie in Deutschland kommt die Frau nicht mehr wie früher erst in ein Zimmer, sondern direkt nach der Aufnahme unter der Aufsicht von Krankenschwestern und Hebammen in den Kreißsaal.

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Immer wieder erfragen Terrasas Patientinnen auch die Möglichkeit einer Hausgeburt bei ihm. „Ein Kind in der gewohnten Umgebung zu bekommen ist sicher die schönste und angenehmste Erfahrung für Mutter und Kind. Ich kann eine Hausgeburt trotzdem nicht empfehlen, da sie immer mit mehr Risiko als nötig behaftet ist.” Es gebe beispielsweise nicht die Möglichkeit, wie unter anderem in Holland, einen Rettungswagen am Ort der Geburt für eventuelle Komplikationen bereitzuhalten. Hier komme die Ambulanz nur im Notfall und das könne wertvolle Minuten kosten.

„Es gibt in den privaten Kliniken die Möglichkeit einer ‚Hausgeburt-Light’”, erklärt der Mallorquiner, der unter anderem in Mönchengladbach studiert hat. Demnach können die Kreißsäle speziell an die Bedürfnisse der Frau angepasst werden. „Etwas abgedunkeltes Licht, Musik oder so etwas ist kein Problem. Die Ärzte überlassen der Frau in dem Fall auch die Entscheidung, welche Untersuchungen vorgenommen oder eben auch weggelassen werden sollen. Ziel ist es, alles so natürlich wie möglich passieren zu lassen.”

Wenn das Kind ohne nennenswerte Probleme auf die Welt gekommen ist und auch die Nachuntersuchung dafür spricht, können Mutter und Kind das Krankenhaus auf eigenes Risiko wenige Stunden nach der Geburt wieder verlassen. „Es ist keine Hausgeburt im eigentlichen Sinne. Aber es kommt dem schon sehr nahe und vor allem beseitigt diese Methode alle Risiken, die eine echte Hausgeburt mit sich bringt.”

Ein wirklich großer Unterschied zwischen dem deutschen und dem spanischen System ist die Betreuung der Schwangeren durch eine Hebamme. Während sich die Frau in Deutschland selbst eine aussuchen kann, teilt das spanische System der Frau je nach ihrer Postleitzahl ein Gesundheitszentrum und somit eine Hebamme zu. Die Vorabtermine sind zudem dünn gesät und während eine junge Mutter in Deutschland noch bis zu sechs Wochen nach der Geburt von der Fachkraft betreut wird, gibt es in Spanien gerade einmal einen Nachsorgetermin, zu dem die Frau die Reise ins Gesundheitszentrum antreten muss.

Hausbesuche macht eine Hebamme im spanischen System generell nicht. Wer sich mehr Betreuung wünscht, der muss sich eine Hebamme suchen, die privat praktiziert. Deren Dienste werden dann aber in aller Regel nicht von der privaten Krankenversicherung übernommen.

„Ich denke, man kann sagen, das spanische und das deutsche Gesundheitswesen, wenn es um das Thema Geburt geht, sind gut, aber lange nicht perfekt”, fasst Dr. Terrasa zusammen. Am Ende komme es so oder so auf den Menschen in der Krankenhausuniform an. „Damals wie heute gibt es Ärzte, Hebammen, Pfleger und Krankenschwestern, die empathischer mit ihren Patienten sind als andere. Manche haben ein feineres Gespür als andere.”