Moasis ist ein neuer Co-Working-Space an der Plaça de España in Palma. | moasis.es / Cristóbal Martin

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In einem Abstand von ein bis zwei Metern sind die Stühle kreisförmig im Veranstaltungsraum angeordnet. Die Leute auf den Sitzmöbeln, allesamt Gäste der Soft-Opening-Veranstaltung von „Moasis”, des neuen Co-Working-Spaces in Palma, halten jeweils einen gefalteten Zettel in Händen. Julia Panessa ist hier die Managerin und läuft den Stuhlkreis mit einem Hut in der Hand ab, sammelt dabei sämtliche Zettel ein und sagt:„Ich hoffe, Ihr habt alle mindestens einen Wunsch für dieses Jahr auf den Zettel geschrieben.”

Mitten im Satz beginnt die 37-Jährige den Papier-Salat zu durchmischen. Anschließend greift jeder Teilnehmer in den Hut und nimmt eines der Zettelchen an sich. In einigen Gesichtern ist dabei Ablehnung erkennbar. Man sei schließlich nicht hier für komische Kennenlernspielchen. Doch als Panessa nun erklärt, was als Nächstes passieren wird, ändert sich die Stimmung. „Wir gehen jetzt einmal die Runde herum. Jeder liest vor, was auf dem Zettel steht. Der Verfasser bleibt dabei völlig anonym. Wer bei einem Wunsch helfen kann, der meldet sich einfach direkt zu Wort. Ich fang mal an.”

Die Brasilianerin greift in den Hut und liest laut vor: „Hier steht, ich möchte gern Spanisch lernen. Okay, da kann ich direkt helfen”, freut sie sich und ergänzt, „einer meiner besten Freunde ist Spanisch-Lehrer.” Ein anderer Teilnehmer ergänzt: „Ich kenne auch jemanden, der helfen könnte.”

Nachdem alle Wünsche vorgetragen und sich jeder potenzielle Helfer in die Runde eingebracht hat, löst sich der Stuhlkreis auf und es gibt an den Stehtischen im Nebenraum ein wenig Fingerfood. Was jetzt passiert, ist erstaunlich, denn obwohl jeder mit seinem Wunsch oder Problem weiterhin völlig anonym ist, weiß derjenige dennoch plötzlich, wer ihm im Raum bei einer Lösung behilflich sein kann und will. Ob man sich damit jetzt nach vorne traut oder nicht, bleibt weiterhin jedem selbst überlassen.

Julia Panessa steht mitten im Getümmel der in kürzester Zeit entstandenen Gespräche und erklärt: „Das ist es, was wir bei Moasis wollen. Es geht nicht nur darum einen Ort zu haben, an dem man gut arbeiten kann. Wir wollen den Menschen helfen zu netzwerken. Unser Ziel ist es, hier eine Community entstehen zu lassen.”

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Panessa lebt seit 2017 auf Mallorca und hat bis vor kurzem für den weltweit größten Anbieter für Co-Working-Spaces gearbeitet. „International ist die Firma mittlerweile in mehr als 3000 Städten vertreten. Co-Working ist auf dem Vormarsch, und ich glaube nicht, dass es einen Weg zurück zu den alten, klassischen Bürostrukturen gibt.”

Auf Mallorca sei der Trend mittlerweile auch angekommen, wobei sich hier das Angebot der mehr als 20 verschiedenen Anbieter eher an die Ausländer richten würde, erzählt die Frau, die in São Paulo geboren wurde. „Die Spanier und vor allem die Mallorquiner sind da eher traditionell.” Wenn es ein geteilter Arbeitsplatz sei, dann sei es eben nicht der eigene Arbeitsplatz. „Man kann natürlich nicht generalisieren, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass einigen veraltete Besitzansprüche im Weg stehen.”

Dabei habe ein Co-Working-Space enorm viele Vorteile. Man zahle nur für den Raum, den man auch nutze. Zusätzlich gehe man wesentlich weniger Verpflichtungen ein als bei einem eigenen Büro. Funktioniere etwas nicht richtig, kümmere sich jemand anderes um das Problem. Konzentriertes Arbeiten sei besonders in den Einzelbüros problemlos möglich. Zusätzlich bekomme man aber stets die Möglichkeit, miteinander zu netzwerken.

Die Krise der vergangenen zwei Jahre hat dazu geführt, dass alte Arbeitsstrukturen immer mehr aufgeweicht wurden. Deshalb erfährt die Co-Working-Branche auch auf der Insel einen regelrechten Boom. „Ich denke, Mallorca mit seiner hervorragenden Anbindung an die Welt und seiner atemberaubenden Schönheit wird in Zukunft eine der Top-Locations weltweit für diese Arbeitsmodelle sein. Wenn ich schon überall arbeiten kann, dann tu ich es doch da, wo ich auch Urlaub machen würde.”

Panessa ist sich sicher, dass bereits die kommende Generation gar nicht mehr wissen wird, was ein „Nine to five”-Büro-Job eigentlich ist. Für die Konkurrenten in dieser sich rasch entwickelnden Branche wird es indes darum gehen, wer das beste Angebot hat. „Alle haben tolle Arbeitsplätze mit Highspeed Internetverbindung.”

Die Frage sei daher: Was bietet mir der Co-Working-Space außerdem? „Wir versuchen möglichst flexibel zu sein und passen unser Angebot immer an die Bedürfnisse der Kunden an.” Künftig werde es neben Netzwerk-Events auch Vorträge, Workshops und vieles mehr geben. „Wir werden kein Co-Working-Space, sondern eher ein Co-Working-Club sein.”