Für alle anderen gilt: Der Besuch des Schlosses ist in dieser Zeit nur eingeschränkt möglich – vom 23. bis 31. Mai bleibt es komplett geschlossen, und auch davor und danach wird der Zugang zu Museum, Hauptsaal und Paradeplatz deutlich eingeschränkt. Sogar der Parkplatz wird teilweise gesperrt sein. Wer das Bellver-Schloss besichtigen will, sollte seinen Besuch also besser verschieben – insbesondere Gruppen.
Die Insel bebt. Nicht wegen eines Erdbebens, sondern vor Aufregung. Vuitton ist da – und mit ihm angeblich bis zu 6000 Mitarbeiter, Models, Maskenbildner, Lichttechniker, Securitys, Eventplaner, Barkeeper, Caterer und wahrscheinlich auch ein paar französische Bulldoggen mit Goldkettchen. Es ist die größte modische Landnahme Mallorcas seit Einführung der weißen Leinenhose.
Haute Couture trifft Hotelburgen
Wo nächtigen solche Gäste, wenn es weder das Maritim noch die Finca von Tante Pilar sein soll? Richtig: Im Four Seasons in Formentor, in Deiàs legendärem La Residencia und im Castillo Hotel Son Vida – ein wahrhaft feudales Lager für Schmuckjunkies. Auch Boutique-Hotels in Pollença sind voll, der Mietwagenmarkt leergefegt. Wer aktuell auf Mallorca noch einen Lieferwagen sucht, um ein paar Tomaten vom Markt zu holen, muss vermutlich warten, bis die letzte Champagnerflasche am 30. Mai entkorkt wurde.
Aber Vuitton denkt nicht nur an sich selbst – nein, man hat auch die lokalen Wirtschaftskreisläufe im Blick. Holzkonstruktionen werden von Insel-Schreinern gebaut, Flamenco-Gruppen gebucht, sogar ein mallorquinischer Sternekoch darf die Häppchen reichen. Wenn das keine Globalisierung mit regionaler Note ist!
Geheime Gästeliste, öffentliche Wirkung
Wer genau kommt, bleibt unter Verschluss wie ein Safe bei Tiffany’s. Ana de Armas, das aktuelle Gesicht der Kollektion, wird gehandelt, Cynthia Erivo war bei früheren Events dabei. Und natürlich kursieren Gerüchte über alles, was auf zwei Beinen läuft und auf roten Teppichen zuhause ist. Der bekannte PR-Mann Tommy Ferragut jedenfalls wird derzeit belagert wie ein 90er-Jahre-Boyband-Mitglied: Jeder will wissen, wie man an ein Ticket kommt. Die Antwort: gar nicht. Denn eingeladen wird nur, wer das Wort „Vuitton“ nicht falsch ausspricht und im Schlaf fünf Sorten Champagner unterscheiden kann.
Währenddessen ächzen lokale Eventagenturen unter der Last des Glamours. Wer in diesen Tagen auf Mallorca eine Lichterkette mieten möchte, muss improvisieren – oder auf Kerzenlicht umsteigen. „Tischwäsche? Ausgebucht. Scheinwerfer? Fehlanzeige. Musikanlage? Nur noch für Triangel und Mundharmonika“, heißt es aus der Branche. Der Vuitton-Zug hat alles aufgekauft, was Glanz verspricht.
Mallorca, mon amour
Doch das alles ist kein Zufall. Mallorca ist längst nicht mehr nur Ballermann und Bauernbrot. „Wir sind das neue Monaco“, ruft Ferragut stolz. Die italienische Riviera zittert, Saint-Tropez zögert. Jeff Bezos parkt seine Yacht in der Bucht, Roger Federer bringt seine Sneaker, Kanye West dreht Musikvideos im Pueblo Español. Wenn das kein Gütesiegel ist, was dann?
Pablo Fuster von der „Relojería Alemana“ sieht’s pragmatisch: Wer Cartier verkauft, begrüßt Vuitton mit offenen Armen – und weiß, dass mit der Ankunft internationaler Hotelketten wie Four Seasons oder Mandarin Oriental die Kaufkraft gleich mitgeliefert wird. „Im Born oder an der Plaça Cort gibt’s keine freien Ladenflächen mehr. Vuitton & Co. suchen und finden nicht.“
Diskretion ist die neue Extravaganz
So bleibt Louis Vuitton trotz Blitzlichtgewitter überraschend diskret. Keine öffentlichen Ankündigungen, keine Presseführungen. Man zeigt, was man hat – aber nur den Auserwählten. Die restliche Insel? Darf von der Ferne träumen, vielleicht ein paar Glitzerschatten an den Burgmauern erkennen, während im Inneren Diamanten, Dessertlöffel und Deals die Runde machen.
Und wer Glück hat, ergattert wenigstens einen Blick auf den letzten flüchtigen Helikopter, der ein paar VIPs von Port de Pollença zum nächsten Geheim-Dinner bringt. Oder wenigstens einen Platz im Bistro neben einem namenlosen aber wahrscheinlich unfassbar reichen Gast – der sich fragt, ob die Austern hier wirklich frisch genug sind.
Und so flaniert die Weltelite dieser Tage durch das abendliche Palma, während Normalsterbliche hoffen, wenigstens ein Selfie mit einem Vuitton-Laster zu erhaschen. Doch eines ist klar: Wenn der Jetset ruft, verwandelt sich das stille Castell de Bellver in ein Kaleidoskop aus Glanz, Glitter und Globalisierung. Mit Flamenco, Foie Gras – und einer ordentlichen Portion Fomo.
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