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Wer am Flughafen von Palma eintrifft und dann mit dem Auto ins Zentrum fährt, wundert sich nicht schlecht über das kuriose Ensemble, das sich beim Blick landeinwärts bietet: Zwischen dem neuen Kongresspalast und der Altstadtmauer samt Kathedrale liegt ein ganzer Straßenblock, auf dem weit und breit einzig ein verlottertes Hochhaus, der ehemalige Firmensitz des Energieversorgers Gesa/Endesa, zu sehen ist. Daneben befindet sich verbarrikadiert ein Anbau, es folgt eine Brache, auf der spärlich Gras wächst. Hinzu kommen an den Extremen des gigantischen Grundstücks zwei Stadtparks mit mehr Beton als Bäumen. Die Grünzonen wirken wie das gesamte Areal irgendwie halbherzig unvollendet.

Das Gelände steht symbolträchtig auch für den juristischen Zustand der Grundstücksimmobilie, die von ihrer Lage her, direkt am Meer und unmittelbar vor der Altstadt, zum Filet des urbanen Palmas zählt.

Alles ist unklar, wie es mit dem Gelände samt Gesa-Glasturm weitergeht, und die Zeit drängt obendrein. Am 21. Dezember endet das einjährige Moratorium, das den einstigen Bebauungsplan für das Gelände außer Kraft setzt. Kommt das Rathaus bis dahin mit dem Eigentümer des Grundstücks, dem Endesa-Konzern, zu keiner Lösung, kann dieser dort auf sein Recht pochen, den Boden mit Wohngebäuden von insgesamt 37.740 Quadratmeter Nutzfläche zu überziehen.

Das ist genau das, was die links-grüne Rathausführung nie wollte. Sie hatte 2007 eine Kommunalwahl mit dem Versprechen gewonnen, die Fläche an Palmas Wasserfront für die Bürger in einen Stadtpark zu verwandeln. 2009 hatte dann Bürgermeisterin Aina Calvo die Bebauungspläne konsequent geändert. Endesa sollte für den Verzicht mit zwei Grundstücken der Stadt in zweiter Meereslinie abgefunden werden.

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Doch aus dem Vorhaben wurde nichts. Endesa zog vor Gericht, die Kompensation – zwei Quadratmeter in zweiter Linie als Ersatz für einen Quadratmeter in erster Meereslinie – wurde als zu gering erachtet und von den Richtern gekippt. Seitdem ist Endesa wieder Eigentümer auch des Gesa-Gebäudes, das die Politik 2007 unter Denkmalschutz gestellt hatte. Es darf darum weder abgerissen noch wesentlich umgebaut werden.

Die Frage, die sich stellt, ist, wie das alles weitergehen soll. Entweder besteht das Rathaus weiter auf ein Bebauungsverbot und muss dann zivilgerichtlich mit zigfachen Millionensummen an Entschädigungen rechnen. Oder es lässt eine reduzierte Bebauung der Fläche in erster Meereslinie und weitere Bauten in zweiter Meereslinie zu. Dort hatte das Rathaus dem Energiekonzern auf zwei Freiflächen zumindest die Errichtung von Immobilien mit 58.300 Quadratmeter Nutzfläche eingeräumt.

Endesa wiederum lässt verlauten, der Konzern sei gerne bereit, den Palmesanern eine Grünzone in erster Meereslinie zu gewähren, wenn dort ebenfalls ein architektonisch einzigartiges Wohngebäude errichtet werden dürfte. Es sollte ein emblematisches Objekt werden, gerne hervorgehend aus einem Architektenwettbewerb, ein intelligenter Entwurf mit modernstem Passivhaus-Standard. Für die Prüfung eines solchen Vorhabens macht sich auch die balearische Architektenkammer stark. Sie ist gleichzeitig für die Bewahrung des Gesa-Gebäudes ihres einstigen Kollegen Ferragut, drängt aber auf eine rasche Lösung, damit das Hochhaus bei weiteren Rechtsstreitigkeiten keine weitere zehn Jahre leersteht und verfällt.

Jetzt suchen die Fachleute im Rathaus eine Lösung, wie die unterschiedlichen Positionen in einen neuen Bebauungsplan integriert werden könnten. Dieser soll im Oktober vorgelegt werden.

Lesen und kommentieren Sie auch den Leitartikel "Welche Meeresfront ist Palma zu wünschen?" im MM-Blog.

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