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"Wenn er malt", hat sein Freund Jean Cocteau einmal gesagt, "dann ist es so, als baue ein Vogel sein Nest." Und wie in einem Nest lebte und arbeitete Joan Miró (1893 bis 1983) auf Mallorca. Mehr als 40 Jahre lang. Auf der Insel fühlte er sich zu Hause: "Yo me siento como un vegetal. Por esto vivo en Palma. Aqui tengo raices. - Ich fühle mich wie eine Pflanze. Deshalb wohne ich in Palma. Hier habe ich Wurzeln."

Wie er gelebt und wie er gearbeitet hat, darüber gibt das Museum, das sich in dem ehemaligen Wohnhaus und Atelier des Künstlers in Calamajor befindet, einen äußerst lebendigen Eindruck. Dort ist nicht nur ein Teil des ungeheuren Oeuvres ausgestellt, das Miró hinterlassen hat, dort sind manche Räume noch exakt so belassen, wie sie im Moment seines Todes ausgesehen haben: als würde Joan Miró jeden Augenblick eintreten, eine der halb ausgedrückten Farbtuben und einen Pinsel in die Hand nehmen ...

Miró war ein zurückhaltender Mensch, er mochte nicht in Medien und auf Empfängen erscheinen, fühlte sich in seinem Atelier am wohlsten. Was ihn nicht hinderte, ein Leben lang Freundschaften zu pflegen. Zunächst in Paris, später auch auf Mallorca, etwa mit dem Verleger Pere A. Serra, der 1984 ein bemerkenswertes Buch über ihn schrieb: "Miró y Mallorca". Serra weiß: "Die wichtigste und erfolgreichste Schaffensperiode hatte Miró auf der Insel."

Er war ein Zauberer, der eine Welt märchenhafter Symbole erschuf: Sterne, Vögel, Sonnen, Fabeltiere und Frauen, immer wieder Frauen. Sein malerisches Werk hat klare Farben: Gelb, Rot, Blau, Farben, die keinen Widerspruch dulden. Seine Zeichnungen, Grafiken und Graffiti sind von ungeheurem Reichtum, seine Skulpturen sind wie Poesie im Raum, oft nur Objekte und Fundstücke, zu dreidimensionalen Collagen zusammengefügt, in Bronze gegossen.

Joan Miró liebte Mallorca und er liebte Siurells, die heute noch auf der Insel verkauften Tonfiguren, 3000 Jahre alte Formen aus der phönizisch-karthagischen Antike, denen er Eingang in die Kunst der Gegenwart verschaffte.

Andererseits war Miró erdgebunden und von dieser Welt. Das politische Geschehen verfolgte er immer aufmerksam, auch wenn es nur indirekt Einfluss auf sein Werk hatte. Er empfing gerne Freunde in seinem Haus in Son Abrines, liebte stundenlange Gespräche am Abend.

Sein Atelier, entworfen von dem katalanischen Architekten Josep Sert (1902 bis 1983), war sein großer Traum. Es wurde genau so, wie Miró es gewünscht hatte: ein großer, hoher, lichter Raum, mit Fenstern nach Norden, mit einer Galerie, die fast den ganzen Raum umrundet. Miró hatte genaue Anweisungen gegeben.

Hier konnte der Maler viele Staffeleien, viele Bilder aufstellen. Er arbeitete gerne an mehreren Werken gleichzeitig. Und er konnte all die kleinen Fundstücke unterbringen, die er auf Spaziergängen sammelte: Steine, Treibholz, Seepferdchen, Muscheln, Strohhüte und was ihm in die Finger kam. Alles war Inspiration, alles konnte Verwendung finden.

Miró hatte sich damit seinen Traum erfüllt: "Je rêve d'un gran atelier" (Originaltext in Französisch - "Ich träume von einem großen Atelier") steht zurzeit in großen Lettern über Werken der augenblicklichen Ausstellung. Und nach der Fertigstellung schrieb Miró an Sert: "Das Atelier ist vollkommen fertig und außerordentlich schön..."

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"Bei seiner Arbeit wollte Miró stets allein sein, ungestört, nichts im Atelier durfte verändert werden. Er war fleißig, hatte einen fest strukturierten Alltagsablauf, arbeitete Tag für Tag unbeirrt", erinnert sich Pere Serra.

Erfolg und Faszination des Werkes von Joan Miró sind ungebrochen. Zurzeit gibt es in Europa drei Ausstellungen mit Arbeiten des Künstlers. Im Yorkshire Sculpture Park im englischen Wakefield sind bis zum Ende dieses Jahres seine Skulpturen zu sehen. Die Exponate kommen aus Privatsammlungen in der ganzen Welt.

In Rom werden in der Ausstellung "Miró! Poesie und Licht" Bilder, Zeichnungen und Skulpturen gezeigt, die mit des Künstlers Verbundenheit mit dem Mittelmeerraum zu tun haben. In Saragossa werden die politisch-gesellschaftskritischen Arbeiten von ihm gezeigt. Eine Ausstellung zum Gesamtwerk Mirós in der Tate London im vergangenen Jahr hatte mehr als 300.000 Besucher.

"Dieser Künstler", sagt Pere Serra, "hat ungeheuer viele Facetten, man sollte seine Arbeiten in unterschiedlicher Ausrichtung immer wieder zeigen."

Auf Mallorca ist das von ihm ins Leben gerufene Museum längst nicht so gut besucht, wie man es wünschen und erwarten könnte. Die Mallorquiner haben den in Barcelona geborenen Künstler als einen der ihren vereinnahmt. Und sie schmücken sich mit ihm. Das war's.

Elvira Cámara, die neue Direktorin der Stiftung Pilar i Joan Miró, möchte das ändern. Die Schulklassen, die die Miró-Stiftung regelmäßig besuchen, empfängt sie liebevoll. Sie sind für sie "die künftigen Besucher".

INFO

Fundació Pilar i Joan Miró, Palma, Carrer Saridakis 29. DI bis SA 10 bis 18 Uhr, SO 10 bis 15 Uhr.