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Josep Urrea teilt sein Leben auf: Am Vormittag geht er seinem Brotberuf nach. Er beschriftet Schilder, entwirft Prospekte und Flyer. Am Nachmittag widmet er sich seiner Leidenschaft, der Malerei. Die Entscheidung, seinen Bildern so viel Zeit und Kraft wie möglich zu widmen, fiel in seinem 48. Lebensjahr.

"Malen ist für mich kein Hobby, Malen ist Lebensqualität, ist eine Daseinsform", sagt er. "Meine Arbeit hat mich immer so sehr absorbiert, dass ich eine Lösung finden musste, um beides unter einen Hut zu bringen. Dazu braucht es viel Disziplin."

In seinem Haus in Santa Maria hat er sich ein Atelier eingerichtet. Ein großer Raum mit nackten Bruchsteinen, angefüllt mit Staffeleien, Farben, Tuben, Eimern, Pinseln, mit Entwürfen und fertigen Bildern. Da die Produktion groß ist, musste er sich in einem Industriegebiet in Palma noch einen Lagerraum dazumieten.

Als Maler ist Josep Urrea Autodidakt, hat allerdings damit schon im Alter von 14 Jahren begonnen. Viele Jahre lang widmete er sich, meist im impressionistischen Stil, seiner Heimat. Motiv und Thema war Mallorca. Urrea malte Landschaften, Marinas, Stillleben, in kräftigen Farben, direkt nach der Wirklichkeit. "In der Landschaft draußen zu malen, umgeben von Vogelgezwitscher, hat eine ganz besondere Qualität. Gott sei Dank habe ich von meinen Studio aus auch Ausblick auf die Berge von Alaró, die Tramuntana, auf Wiesen und Felder. Am schönsten ist es, wenn im Frühjahr die Mandeln blühen." Seine Bilder sind voller Lebensfreude, könnten fast als Postkartenwerbung für Mallorca durchgehen.

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Vor fünf Jahren kam der Bruch. Urrea ließ die figurative Malerei sein, widmete sich nur noch der Abstraktion. "Nach außen war es ein abrupter Bruch, für mich war es ein langsamer Prozess, der sich irgendwann manifestierte", sagt der Maler. "Abstraktion gibt mir einfach mehr Freiheit, gibt mir mehr Ausdrucksmöglichkeiten. Du malst nicht mehr, was du siehst, sondern was du fühlst und denkst. Ich finde das für mich weitaus spannender."

Während die figurativen Bilder ausschließlich mit Ölfarbe gefertigt wurden, nutzt Urrea heute alles, was ihm in die Finger kommt: Wellpappe, Holz, Sand, Äste, Stroh, Quarz, Farbe für Autos. "Jede Materie ist gut", sagt er. "Jedes nur mögliche Objekt kann Teil meiner Arbeit werden. Das führt dazu, dass man ganz unscheinbare Dinge zu schätzen lernt. Mit all diesen Materialien erreiche ich auch eine ganz andere Textur. Das bekommt den Bildern." Auch die Farben haben sich geändert. Während Urrea zuvor kräftige Töne, viel sattes Grün, leuchtende Gelb, starkes Rot bevorzugte, sind die Farben heute zurückgenommen, sanft. Rosé, Grau, Blassblau, mattes Schwarz, manchmal kommt noch das Rot aus alten Zeiten zurück.

Für Urrea ist der Wechsel logisch: "Figuration wendet sich nach außen, Abstraktion ist wie nach innen gemalt. Da kommt nicht so sehr das Motiv, eher das eigene Ich zum tragen. Es geht nicht vordergründig um die Aussage. Denn es ist ja auch in der Kunst eine Tatsache, dass man nicht alles erklären kann. Malen ist schließlich keine mechanische Tätigkeit."

Das eigene Ich hält Urrea zurzeit für recht strapaziert. Die Wirtschaftskrise macht ihm zu schaffen. Nicht nur in seinem Beruf, sondern auch und vor allem in der Kunst. "Es wird immer schwieriger", sagt er. "Kunst wird ja im Allgemeinen als Luxus betrachtet. Und Luxus können und wollen sich Menschen immer weniger leisten." Das deprimiert ihn gelegentlich.

Dagegen gibt es für Josep Urrea ein absolut sicheres Mittel: den mallorquinischen Volkstanz. "Ich bin Mitglied in einem Club, habe viele Jahre lang regelmäßig Unterricht gegeben. An jedem Wochenende tanzen wir auf den Dörfern. Beim Ball de Bot vergesse ich alles. Manchmal sogar die Malerei."